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Geld & Vorsorge > UniCredit vs. Commerzbank

UniCredit's Übernahmeversuch: Commerzbank kämpft um Eigenständigkeit

Italiens Großbank UniCredit drängt auf Übernahme der Commerzbank. Das Frankfurter Institut wehrt sich und setzt auf eigene Strategie. Der Bund bleibt Schlüsselaktionär.

Die Commerzbank, Deutschlands zweitgrößte Privatbank, steht im Zentrum einer möglichen grenzüberschreitenden Bankenfusion. Die italienische Großbank UniCredit hat ihre Anteile an der Commerzbank auf über 9 Prozent erhöht und signalisiert deutliches Interesse an einer Übernahme. Doch das Frankfurter Geldhaus stemmt sich gegen diese Avancen und setzt auf eine eigenständige Zukunft.

UniCredit's strategischer Vorstoß

Im September 2024 nutzte die UniCredit den Teilausstieg des Bundes bei der Commerzbank, um sich als zweitgrößter Aktionär zu positionieren. Über Finanzinstrumente hat sich das Mailänder Institut Zugriff auf insgesamt gut 28 Prozent der Anteile gesichert. UniCredit-Chef Andrea Orcel wirbt seit Monaten offensiv dafür, die Commerzbank zu einem Teil des italienischen Finanzkonzerns zu machen.

Die Strategie der Italiener ist klar: Nach der Übernahme der deutschen HypoVereinsbank soll nun auch die Commerzbank einverleibt werden, um die Position im wichtigen deutschen Markt weiter zu stärken. Orcel argumentiert, Europa brauche leistungsfähigere Banken, um Wachstum zu finanzieren. "Wenn Banken nicht groß und stark genug sind, können wir alle Pläne dieser Welt haben – aber wir werden sie nicht finanzieren können", so der UniCredit-Chef.

Commerzbank's Abwehrstrategie

Die Commerzbank-Führung um Vorstandschefin Bettina Orlopp setzt dem entschieden ihre eigene Strategie entgegen. Das Institut verweist auf die erfolgreiche Restrukturierung der vergangenen Jahre und plant, die Profitabilität weiter zu steigern. Konkret soll der Nettogewinn bis 2028 auf über 4 Milliarden Euro jährlich wachsen.

Auf der jüngsten Hauptversammlung präsentierte Orlopp selbstbewusst die Erfolge: Der Aktienkurs stieg von unter 6 Euro vor fünf Jahren auf fast 26 Euro. Die Dividende soll von 35 auf 65 Cent je Aktie erhöht werden. Im ersten Quartal 2025 erzielte die Bank mit 834 Millionen Euro das beste Ergebnis seit 2011.

Allerdings plant die Commerzbank auch harte Einschnitte: Bis Ende 2027 sollen 3.900 Vollzeitstellen gestrichen werden, davon 3.300 in Deutschland. Gleichzeitig wird in Ländern mit niedrigeren Lohnkosten wie Polen und Asien Personal aufgebaut.

Die Rolle des Bundes als Schlüsselaktionär

Eine entscheidende Rolle in diesem Übernahmedrama spielt der Bund. In der Finanzkrise 2008 war der Staat mit 18 Milliarden Euro bei der Commerzbank eingestiegen und hält noch immer rund 12 Prozent der Anteile. Obwohl langfristig ein Rückzug geplant ist, zögert die Politik angesichts der UniCredit-Pläne.

Die neue Bundesregierung unter Kanzler Merz setzt klar auf die Eigenständigkeit der Commerzbank. Finanzminister Lars Klingbeil bezeichnete das Vorgehen der UniCredit als "inakzeptabel". Hessens Ministerpräsident Boris Rhein warnt vor einem Verlust von Stabilität und Souveränität am Finanzplatz Frankfurt.

Auswirkungen auf Mitarbeiter und Standorte

Die mögliche Übernahme sorgt für große Unruhe in der Belegschaft. Gewerkschaften und Betriebsräte protestierten bei der Hauptversammlung lautstark gegen die UniCredit-Pläne. Sie befürchten einen noch massiveren Stellenabbau und die Schließung der Frankfurter Zentrale im Falle einer Fusion.

Ver.di-Gewerkschaftssekretär Kevin Voß warnt vor einem Szenario wie bei der HypoVereinsbank, wo es nach der UniCredit-Übernahme zu einem drastischen Filialabbau kam. "Das wäre nicht im Sinne von Mitarbeitenden, Kunden oder Volkswirtschaft", so Voß.

Bedeutung für den deutschen Bankenmarkt

Eine Übernahme der Commerzbank durch die UniCredit hätte weitreichende Folgen für die deutsche Bankenlandschaft. Es bliebe faktisch nur noch eine große unabhängige Privatbank: die Deutsche Bank. Experten sehen dies kritisch für den Wettbewerb, insbesondere bei der Finanzierung des Mittelstands.

Bankenprofessor Hans-Peter Burghof warnt: "Wir haben in Deutschland ein Wirtschaftssystem, das von technologisch starken mittelständischen Unternehmen getragen wird. Diese brauchen Banken, mit denen sie in enger Beziehung stehen." Eine Fusion würde den Wettbewerb in diesem wichtigen Segment deutlich reduzieren.

Andere Experten wie Finanzprofessorin Christina Bannier sehen die Risiken weniger dramatisch. Sie verweisen auf das Drei-Säulen-Modell mit Sparkassen, Genossenschafts- und Privatbanken, das weiterhin für Vielfalt sorge. Auch das Bundeskartellamt sieht bisher keine Gefahr für den Wettbewerb.

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