VIX über 60: Was der Angstindex über die aktuelle Marktpanik verrät
US-Zölle lassen die Finanzmärkte beben – der VIX explodiert, die Angst regiert. Handelskrieg, Volatilität & Panik pur – was jetzt auf Anleger zukommt.
Wie ein Tier im Fluchtreflex: Märkte in Aufruhr
Die Kapitalmärkte verhalten sich derzeit wie ein aufgeschrecktes Tier im Unwetter – scheu, nervös, jederzeit zur Flucht bereit. Ausdruck dieser kollektiven Verunsicherung ist der sprunghafte Anstieg des Volatilitätsindex VIX, der am Montag zeitweise über 60 Punkte stieg – ein Niveau, das zuletzt im August 2024 erreicht wurde. Solche Ausschläge gelten als Symptom massiver Marktskepsis und spiegeln ein Umfeld wider, in dem rationale Einschätzungen von einer Welle der Angst überlagert werden.
Zollschock aus Washington
Im Zentrum der jüngsten Turbulenzen steht die Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten. Die Ankündigung der „höchsten Importzölle seit über einem Jahrhundert“ durch die US-Regierung hat nicht nur ökonomische Schockwellen ausgelöst, sondern auch politische Unwägbarkeiten verschärft. Die Märkte sehen sich mit einer doppelten Unbekannten konfrontiert: Wie werden sich die protektionistischen Maßnahmen auf den Welthandel auswirken – und wie werden andere Volkswirtschaften darauf reagieren?
China hat bereits mit einem Gegenschlag geantwortet: Ein Strafzoll in Höhe von 34 Prozent auf ausgewählte US-Güter befeuert die Sorge vor einer Spirale aus Vergeltungsmaßnahmen – mit potenziell gravierenden Folgen für das globale Wachstum. „Die entscheidende Frage ist nun, ob und in welchem Ausmaß eine Eskalation verhindert werden kann“, kommentiert Henry Allen von der Deutschen Bank.
Volatilität als Gradmesser kollektiver Nervosität
Parallel zu den fallenden Aktienkursen weltweit kletterten die gängigen Angstindikatoren weiter in die Höhe. Der VIX sowie sein europäisches Pendant VDAX-NEW verzeichneten deutliche Zuwächse. Auch der CNN Fear & Greed Index rutschte tief in den Bereich „extremer Angst“. Solche Indikatoren zeigen unmissverständlich: Die Märkte werden gegenwärtig weniger von ökonomischer Vernunft als von emotionaler Unsicherheit gesteuert.
Die protektionistische Rhetorik und das realpolitische Handeln der US-Regierung haben das Potenzial, weit über die Börsen hinauszuwirken. Höhere Zölle verteuern den internationalen Handel, dämpfen Investitionsbereitschaft und drücken auf die Margen der exportorientierten Industrie. Für viele Beobachter verdichten sich die Anzeichen, dass ein weiter eskalierender Handelskonflikt die globale Konjunktur erheblich ausbremsen könnte – mit entsprechenden Konsequenzen für die Notenbanken, die sich womöglich erneut zu expansiveren geldpolitischen Maßnahmen gezwungen sehen.
Der VIX als seismografisches Frühwarnsystem
Der VIX, der auf der impliziten Volatilität von Optionen auf den S&P 500 basiert, dient als ein Gradmesser für die erwarteten Schwankungen an den US-Aktienmärkten in den kommenden 30 Tagen. Steigt der Index rasant – wie derzeit –, ist das ein unmissverständliches Signal dafür, dass Investoren mit erheblichen Kursausschlägen rechnen und Risikovermeidung oberste Priorität hat. Werte oberhalb von 60 Punkten gelten als Ausdruck eines nahezu panikartigen Marktumfelds – vergleichbar mit historischen Ausnahmesituationen wie der Finanzkrise 2008 oder dem Beginn der Corona-Pandemie.
Zum Vergleich: In Phasen relativer Marktstabilität bewegt sich der VIX in einem Bereich zwischen 12 und 20 Punkten. Schon ein Überschreiten der 30er-Marke gilt als Indikator für eine erhöhte Nervosität – Werte jenseits der 50 deuten hingegen auf eine ernsthafte Vertrauenskrise hin. Dass der VIX aktuell diese Schwelle deutlich überschreitet, zeigt: Die Märkte befinden sich in einem Zustand außergewöhnlicher Anspannung.
Krisenhöhepunkt als möglicher Wendepunkt
Gleichzeitig zeigen historische Erfahrungen, dass solche extremen Ausschläge nicht selten den Wendepunkt einer Krise markieren. Wenn die Angst ihren Höhepunkt erreicht, ist ein Großteil der Anleger bereits aus dem Markt geflohen – ein psychologischer Zustand, der paradoxerweise oft die Grundlage für Stabilisierung bildet. Die künftige Entwicklung wird maßgeblich davon abhängen, ob es den politischen Entscheidungsträgern gelingt, die handelspolitische Eskalation zu entschärfen – und damit auch den Finanzmärkten wieder Orientierung zu geben.