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Ratgeber für den Alltag > Teams-Update: Standorterfassung

Wenn Microsoft Teams zu viel weiß – Microsofts neue Ortungsfunktion

| Redaktion Markt und Mittelstand / bk | Lesezeit: 2 Min.

Microsoft Teams will ab Dezember Arbeitsorte automatisch erfassen – ein Fortschritt? Oder der Beginn der Totalüberwachung? 285.000 deutsche Firmen nutzen Teams.

Microsoft Teams Logo
Microsoft Teams soll ab Dezember 2025 den Arbeitsort automatisch erkennen – Datenschützer schlagen Alarm. (Foto: shutterstock)

 Markt und Mittelstand : Ab Dezember 2025 könnte Microsoft Teams mehr wissen, als manchem Mitarbeiter lieb ist. Sobald sich ein Laptop mit dem Firmen-WLAN verbindet, kann die Plattform automatisch den Arbeitsort erkennen. Die IT ordnet jedem Netzwerk ein Gebäude zu – und Teams aktualisiert daraufhin den Status des Mitarbeiters. Laut Microsoft geschieht das nur während der Outlook-Arbeitszeiten, danach werden die Daten gelöscht.
Was wie eine clevere Funktion klingt, um hybrides Arbeiten effizienter zu machen, berührt ein heikles Thema: digitale Überwachung.

Im digitalen Büro ist Microsoft Teams längst das, was früher die Kaffeeküche war: Ort für Austausch, spontane Ideen – und Klatsch. Doch nun wächst mancherorts die Sorge, dass der virtuelle Raum damit weniger privat wird. Denn Microsoft arbeitet an neuen KI-Funktionen, die Chats, Stimmen und sogar Emotionen aus Meetings analysieren können. Offiziell soll das die Produktivität steigern. Inoffiziell wittern Datenschützer ein Werkzeug zur Kontrolle.

Die neuen Funktionen lesen sich wie ein Traum für Strategen und Führungskräfte. Denn Teams soll künftig automatisch erkennen, wer wie oft spricht, welche Themen dominieren und ob jemand „negativ“ reagiert. Kombiniert mit Daten aus Outlook, Kalender und Copilot, entsteht ein präzises Leistungsprofil. Man könnte sogar daraus ableiten, wer besonders engagiert ist – oder wer eher passiv bleibt.

Der Nutzen liegt auf der Hand: effizientere Teamstrukturen, datenbasierte Feedbacks. Doch wenn jede Nachricht, jedes Emoji und jede Sprechpause Teil der Mitarbeiterbewertung werden, verschwindet die Spontaneität. Aus dem Gespräch wird ein Datensatz. Und das könnte Motivation und Produktivität lähmen. 

Der europäische Datenschutz im Gegenwind

In Brüssel beobachtet man die Entwicklung mit Skepsis. Microsoft betont, die Funktion sei freiwillig und DSGVO-konform – sofern Firmen klare Regeln schaffen und die Zustimmung der Beschäftigten einholen.

Juristisch ist das Terrain vermint. In Deutschland greifen DSGVO und Betriebsverfassungsgesetz. Unternehmen brauchen eine Betriebsvereinbarung, um das Feature einzusetzen – andernfalls droht ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht.

Expertinnen und Experten warnen, ein dauerhaftes Tracking ohne berechtigtes Interesse verstoße gegen geltendes Recht. Eine kontinuierliche Standorterfassung sei lediglich in sicherheitsrelevanten Bereichen oder der Logistik vertretbar. Zudem wird infrage gestellt, ob Beschäftigte ihre Zustimmung wirklich freiwillig geben können – insbesondere dann, wenn sie befürchten müssten, bei einer Ablehnung Nachteile zu erleiden.

Die Standortfunktion ist Teil einer größeren Strategie von Microsoft. Mit dem neuen KI-Dienst Microsoft Places will der Konzern hybride Teams intelligent steuern – von der Bürotag-Planung bis zur Auslastung von Besprechungsräumen.

So könnte Teams künftig selbst vorschlagen, wann es sich „lohnt“, ins Büro zu kommen. Was nach Komfort klingt, birgt das Risiko algorithmischer Verhaltenslenkung. Unternehmen müssten dann entscheiden, ob sie Technologie als Werkzeug oder Kontrollsystem begreifen.

Kleine Geschichte der Arbeitszeiterfassung

Die Erfassung von Arbeitszeiten und -orten hat eine lange Geschichte in der Wirtschaft.

  • Bereits im 19. Jahrhundert führten Fabriken Stechuhren ein, um die Anwesenheit von Arbeitern zu dokumentieren. Mit der Digitalisierung entwickelten sich elektronische Zeiterfassungssysteme, die präzisere Aufzeichnungen ermöglichten.
  • Ein historischer Wendepunkt war die Einführung von Heimarbeit in den 1970er Jahren, die neue Herausforderungen für die Arbeitszeiterfassung mit sich brachte.
  • In den 1990er Jahren ermöglichten erste Collaboration-Tools wie Lotus Notes ortsunabhängiges Arbeiten.
  • Die COVID-19-Pandemie beschleunigte den Trend zum Homeoffice massiv und zwang Unternehmen, neue Wege der Arbeitszeiterfassung zu finden.

Die geplante Teams-Funktion zur automatischen Standorterkennung steht in dieser Entwicklungslinie. Sie spiegelt den Versuch wider, Flexibilität und Kontrolle in Einklang zu bringen – eine Herausforderung, die Unternehmen seit Jahrzehnten beschäftigt.

Historische Erfahrungen zeigen, dass der Erfolg solcher Systeme stark von der Unternehmenskultur und dem Vertrauen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern abhängt.

Für Unternehmen und Wirtschaftspolitik lässt sich aus der Geschichte lernen, dass technologische Lösungen allein nicht ausreichen. Es bedarf klarer Regelungen, transparenter Kommunikation und einer Kultur des Vertrauens, um neue Arbeitszeiterfassungsmethoden erfolgreich zu implementieren.

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