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Recht und Steuern > Rechtstipp der Woche

Adieu, „gelber Schein“ – die elektronische AU kommt

Vom 1. Januar 2023 an müssen Arbeitnehmer, wenn sie erkranken, ihrem Arbeitgeber keinen „gelben Schein“ mehr vorlegen. Stattdessen ist der Arbeitgeber in der Pflicht, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) elektronisch bei der Krankenkasse abzurufen. Thomas Gennert, Partner im Arbeitsrecht bei McDermott Will & Emery, beantwortet einige wesentliche Fragen zu den neuen Regeln.

Vom 1. Januar 2023 an müssen Arbeitnehmer, wenn sie erkranken, ihrem Arbeitgeber keinen „gelben Schein“ mehr vorlegen. © Shutterstock

Was gilt bisher bei der AU und was ändert sich mit dem neuen Jahr?

Wird ein Arbeitnehmer krank, muss er bislang den Arbeitgeber unverzüglich darüber informieren, wie lange er voraussichtlich ausfällt. Bis spätestens am vierten Krankheitstag muss er die vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegen.

 

Mit einer Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes zum 1. Januar 2023 gilt nun: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Daten zur Arbeitsunfähigkeit elektronisch bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers abrufen. Dazu muss er selbst aktiv werden – von sich aus übermittelt die Krankenkasse keine Daten.

 

Der Arbeitnehmer muss nur noch spätestens am dritten Tag seine Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen. Die Arztpraxis übermittelt dann die Daten zum Abruf durch den Arbeitgeber an die gesetzliche Krankenkasse. Die Kasse erstellt eine Meldung über Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit, das Datum, an dem die Diagnose gestellt wurde, sowie ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt. Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf einem Unfall, wird auch das vermerkt.

 

Gibt es keine AU mehr in Papierform?

Doch, gibt es. Allerdings erhält die AU in Papierform nur noch der Arbeitnehmer für sich selbst. Gut aufheben sollte er sie trotzdem. Denn geht bei der elektronischen Übermittlung etwas schief, fehlt ansonsten der Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit, was zu Folge hätte, dass ihm für die fragliche Zeit kein Gehalt zustünde.

 

Wen betrifft die eAU?

Die elektronische AU gilt für alle gesetzlich versicherten Arbeitnehmer. Für Privatversicherte und Patienten von Ärzten, die nicht Mitglied der kassenärztlichen Vereinigung sind, ändert sich nichts. Sie müssen weiterhin selbst dem Arbeitgeber die Krankschreibung vorlegen.

 

Hat der Betriebsrat bei der eAU ein Mitbestimmungsrecht?

Grundsätzlich bei Anzeige-, Nachweis- und Feststellungspflichten nicht. Eine Ausnahme kann aber gelten für die Möglichkeit des Arbeitgebers, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit generell, das heißt für alle Mitarbeiter, bereits ab dem ersten oder zweiten Tag zu verlangen. Verlangt der Arbeitgeber dies nur in einem einzelnen Fall, muss er sich nicht mit dem Betriebsrat abstimmen.

 

Ist mit Blick auf Arbeitsverträge etwas zu beachten?

Hier könnte es zukünftig etwas komplizierter werden. Vor allem dann, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag nicht auf die gesetzlichen Regelungen verweisen möchte, sondern von seinem Recht Gebrauch machen, die AU früher zu fordern. Dann muss er nun zwischen gesetzlich und privat Versicherten unterscheiden und auch den Fall berücksichtigen, dass gesetzlich Versicherte Ärzte aufsuchen, die nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen.

 

Müssen ältere Verträge angepasst werden?

Stand heute ist eine Anpassung sämtlicher Altverträge nicht erforderlich. Soweit bestehende Regelungen in den Verträgen nun eine für die Arbeitnehmer nachteilige Abweichung von den gesetzlichen Regelungen darstellen, sind sie unwirksam. Es gilt dann schlicht die neue gesetzlichen Regelung. Arbeitgeber, die eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am ersten Tag verlangen möchten, sollten dies erneut anordnen.

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