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Recht und Steuern > Sanierungsrecht

Das müssen Geschäftsleiter in der Krise beachten

Seit dem 1. Januar 2021 gilt ein neues Sanierungsrecht. Danach können sich Unternehmen erstmals auf Basis eines Restrukturierungsplans ohne Insolvenzverfahren sanieren, wenn mindestens 75 Prozent ihrer Gläubiger zustimmen.

Das neue Gesetz wurden regelrecht durch den Bundestag gepeitscht, um auch den von der COVID-19-Pandemie betroffenen Unternehmen zu helfen. Wichtig für Geschäftsleiter: Sie müssen künftig einige neue Haftungsregeln beachten. 

In Kürze

Geschäftsführer müssen zusammengefasst folgende Neuregelungen im Blick halten:

• Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement: Überwachung der Liquiditätsentwicklung für einen Planungszeitraum von mindestens 24 Monaten.

• Durchführung eines Restrukturierungsvorhabens mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers unter Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Gläubiger.

• Höchstfrist bei Vorliegen von Insolvenzantragsgründen beachten: bei Zahlungsunfähigkeit höchstens 3 Wochen und bei Überschuldung höchstens 6 Wochen und nur wenn aussichtsreiche Sanierungsverhandlungen geführt werden, sonst unverzüglich.

• Im Krisenfall keine Maßnahmen mehr treffen, die die Gläubiger benachteiligen könnten: Zahlungsverbot nach Eintritt Insolvenzantragspflicht ist nun einheitlich geregelt (§ 15b InsO).

• Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt noch bis Ende April und nur für Unternehmen, die einen Anspruch auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (sogenannte November- und Dezemberhilfen) haben und damit die Insolvenzreife vermeiden.

Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement

Zugang zu den Instrumenten des Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetzes, kurz StaRUG, vor allem dem Restrukturierungsplan, haben Unternehmen, die lediglich drohend zahlungsunfähig sind. Das sind sie, wenn sie voraussichtlich innerhalb der kommenden 24 Monate zahlungsunfähig werden. Liegt Zahlungsunfähigkeit bereits vor, bedeutet dies das Aus für das Sanierungsverfahren nach StaRUG. Geht dem Unternehmen absehbar bereits innerhalb der nächsten 12 Monate das Geld aus, entfällt die für das Sanierungsverfahren nötige positive Fortbestehensprognose - dann liegt in der Regel eine Überschuldung vor; auch dann bleibt nur der Insolvenzantrag.

Damit Geschäftsleiter die Chancen der Sanierung rechtzeitig nutzen, verpflichtet sie das StaRUG, laufend zu überwachen, ob der Fortbestand des Unternehmens gefährdet sein könnte. Werden entsprechende Entwicklungen erkannt, muss der Geschäftsleiter aktiv werden und etwa dem Vorstand oder Beirat unverzüglich Bericht erstatten. Im Sinne einer Krisenfrüherkennung muss die Geschäftsleitung daher die Liquiditätsentwicklung des Unternehmens für mindestens 24 Monate planen und genau im Auge behalten, um notwendigenfalls eine Restrukturierung nach dem StaRUG einzuleiten. Tut sie es nicht, verstößt sie gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Geschäftsleiters und muss schlimmstenfalls mit Schadensersatzansprüchen rechnen.

Durchführung eines Restrukturierungsverfahrens

Leitet sie ein Restrukturierungsvorhaben ein, muss die Geschäftsleitung dabei - auch das ist neu im StaRUG festgehalten – die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahren. Wichtig ist, dass sie ab jetzt alle Maßnahmen unterlässt, die sich mit dem Ziel des angezeigten Restrukturierungskonzepts nicht vereinbaren lassen oder die die Erfolgsaussichten der Restrukturierung gefährden. Dazu gehört zum Beispiel, dass der Geschäftsführer keine großen Investitionen mehr tätig, die nicht zwingend für den Betriebsablauf nötig sind.

Das StaRUG-Verfahren soll nicht zur Verzögerung und Verschleppung der im Interesse der Gläubiger gebotenen Krisenbewältigung missbraucht werden oder gar dazu, schnell noch Tatsachen zu schaffen, die die Gläubiger benachteiligen könnten. Hält sich der Geschäftsführer nicht daran, haftet er insoweit für die Pflichtverletzung in Höhe des den Gläubigern entstandenen Schadens. Ausnahme: Er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.

Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbot

Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) wurden auch die Regelungen der Insolvenzordnung überarbeitet. Wichtig hierbei: Ist das Unternehmen zahlungsunfähig, bleibt es dabei, dass die Geschäftsleitung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen muss. Liegt Überschuldung vor, gilt nunmehr eine Frist von längstens sechs Wochen. Die genannten Fristen sind hierbei absolute Höchstfristen. Ausgereizt werden dürfen sie nur dann, wenn aussichtsreiche Sanierungsverhandlungen geführt werden. Wird der Antrag nicht fristgerecht gestellt, machen sich die Geschäftsleiter tatsächlich strafbar.

Keine Pflicht zum Insolvenzantrag trotz einer rechnerischen Überschuldung der Gesellschaft besteht nach neuem Recht, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten fortgeführt werden kann (positive Fortbestehensprognose). Wenn die Überschuldung des Schuldners auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, wird im Jahr 2021 sogar nur ein Zeitraum von 4 Monaten zugrunde gelegt.

Auch nach der geänderten Insolvenzordnung darf die Geschäftsleitung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung grundsätzlich keine Zahlungen mehr veranlassen. Ansonsten droht den Geschäftsleitern die persönliche Inanspruchnahme auf Erstattung. Diese Neuregelung fasst die Vorgängerregelungen im GmbH-Gesetz, Aktiengesetz, Handelsgesetzbuch und Genossenschaftsgesetz zusammen, die schon bisher dem Schutz der Gläubiger dienten.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach COVInsAG

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und damit auch die Einschränkung des genannten Zahlungsverbots ist zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen. Für den Monat Januar wurde die Insolvenzantragspflicht für Geschäftsleiter von Unternehmen ausgesetzt, die einen Anspruch auf die Gewährung finanzieller Unterstützung im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie - sogenannte November- und Dezemberhilfen - haben. Diese Ausnahme wird noch bis Ende April 2021 verlängert werden.

Voraussetzung für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist, dass ein entsprechender Unterstützungsantrag im Zeitraum vom 1. November bis zum 28. Februar 2021 gestellt wurde. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb dieses Zeitraums nicht möglich, wird die Insolvenzantragspflicht ebenfalls ausgesetzt, wenn eine Antragsberechtigung vorliegt.

Aber Achtung: Besteht offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfen oder reichen diese erkennbar nicht aus, um die Insolvenzreife des Unternehmens zu vermeiden, muss die Geschäftsleitung einen Insolvenzantrag stellen. Die Hilfen zu beantragen, um gegebenenfalls Zeit zu gewinnen, dürfte in den meisten Fällen keine gute Idee sein.

Dr. Jasmin Urlaub ist Partnerin der Sozietät Menold Bezler in Stuttgart.

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