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Pay-per-use-Modelle – was steckt kaufmännisch und rechtlich dahinter?

Wer heute einen Kopierer nutzt, kauft sich meist nicht das Gerät, sondern bezahlt einen Cent-Betrag pro Kopie an den Hersteller. Der Grundgedanke dahinter: Nur wer eine Sache nutzt, soll sie auch zahlen. Unter dem Oberbegriff „pay-per-use“ fasst dieser Gedanke immer mehr auch in der Industrie Fuß.

Im Rahmen des "pay-per-use" stellt der Hersteller dem Kunden Maschinen und Anlagen zur Verfügung und der Kunde bezahlt nur für die tatsächliche Nutzung, gegebenenfalls kombiniert mit einer Grundgebühr. Im Bereich der Um- und Weiterverarbeitung wird üblicherweise die Nutzungsdauer nach Zeit bezahlt ("pay-per-hour"). In der produzierenden Industrie bezahlen Kunden in der Regel eine Pauschale pro ausgeworfenem Werkstück ("pay-per-part"). Beide Gestaltungsvarianten haben eines gemeinsam: Der Kunde braucht keine hohen Anfangsinvestitionen in den Erwerb der Anlage zu tätigen.

In kaufmännischer Hinsicht ist das Modell für Kunden insbesondere dann attraktiv, wenn sie die Auslastung einer Maschine nicht von vornherein abschätzen können und daher unsicher ist, ob und wann sich Anfangsinvestition amortisiert. Hersteller wiederum nutzen das Pay-per-use-Modell, um auch kostensensible Kundenkreise anzusprechen, die vor allem kein Interesse an der Abschreibung eines mit hohen Einmalkosten verbundenen Maschinenkaufs haben. Im Idealfall kann der Hersteller ein und dieselbe Maschine hintereinander für mehrere Kunden einsetzen ("Second Life Strategy") und auf diese Weise deutlich mehr verdienen als mit einem einmaligen Maschinenverkauf.

In der Praxis übernimmt üblicherweise nicht allein der Hersteller das wirtschaftliche Risiko, sondern er arbeitet mit einem Finanzierungspartner zusammen. Dies sind häufig Banken oder Versicherungen, die einen Teil des Investitionsrisikos tragen und im Gegenzug an den von den Kunden gezahlten Entgelten beteiligt werden. Der Hersteller bleibt dabei häufig Eigentümer und erhebt über einen "Machine-to-machine-gateway" die Nutzungsdaten der Maschine vor Ort, um auf dieser Grundlage die Nutzungsentgelte zu berechnen. Teilweise kauft auch der Finanzierungspartner die Maschine, stellt sie dem Nutzer zur Verfügung – und schöpft somit das volle Volumen der Nutzungsentgelte aus. Auf diese Weise kann der Hersteller vom Kaufpreis profitieren, ohne das Nutzungsrisiko zu tragen.

In Mischformen dieser beiden Gestaltungsvarianten wird der Maschinenankauf des Finanzierungspartners teilweise mit Abschlagszahlungen, Rückkaufverpflichtungen und einer Bonifizierung des Herstellers bei besonders häufiger Nutzung der Maschine gekoppelt.

Die Höhe der Nutzungsgebühren bemisst sich üblicherweise anhand einer vertraglich vereinbarten Mindestnutzungsdauer, einer Prognose der Nutzungsintensität sowie weiterer Parameter wie etwa der Bonität des Kunden und einem Vergleich mit dem Kaufpreis der Maschine. Pay-per-use-Modelle haben sich so etwa in der Industrie im Bereich von Stanzmaschinen, CNC-Fräsmaschinen, Laserschneidmaschinen, Druckmaschinen und Pressen etabliert. Im Consumer-Bereich finden sie sich bei Wasserspendern, Getränkeautomaten, E-Bikes und Druckern.

Bei der Einschätzung, ob sich ein Pay-per-use-Modell für einen Hersteller rentiert, sind die wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken einzupreisen. Das heißt konkret: Wenn absehbar ist, dass die Nutzungsintensität des Kunden bei gleichzeitigem Wertverlust der Maschine so gering ist, dass die zu erzielenden Entgelte voraussichtlich unter dem Verkaufspreis der Maschine liegen werden, dann rechnet sich das Modell für den Hersteller nicht. Allenfalls als Akquiseinstrument wäre es hier denkbar, um dem Kunden überhaupt die Vorzüge einer bestimmten Maschine vermitteln zu können. Allerdings wird ein Kunde von einer Kaufentscheidung absehen, wenn ihm bei geringer Maschinennutzung das günstigere Pay-per-use-Modell zur Verfügung steht. Allein als "Teaser" ist das Pay-per-use-Modell daher oftmals nicht tragfähig.

In rechtlicher Hinsicht sollten etwaige Schadensersatzrisiken bei Nutzungsausfällen vertraglich so begrenzt werden, dass sich die Risiken je nach Verschulden des Herstellers oder des Nutzers zuordnen lassen. Zugleich müssen die Eigentumsverhältnisse an der Maschine klar geregelt werden, um im Falle einer Insolvenz des Nutzers weiterhin vollen Zugriff auf die in seiner Sphäre stehende Maschine zu haben. Bei der Vertragsgestaltung ist auch zu klären, wer die Kosten für die regelmäßige Wartung und gegebenenfalls Reparatur einer Maschine trägt. Zudem empfiehlt sich die Vereinbarung einer Grundgebühr, die auch dann zu leisten ist, wenn der Nutzer eine bestimmte Mindestnutzungsdauer oder Mindestanzahl an Werkstücken nicht erreicht.

Soweit der Hersteller einen Finanzierungspartner hinzuzieht, sind in der Regel zwei Verträge nötig: Im Vertrag zwischen Hersteller und Finanzierungspartner werden typischerweise die gegenseitigen Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung des Geschäftsmodells, das wirtschaftliche Risiko, der technische Support sowie die Zuständigkeiten für die Kundenakquise geregelt. Denkbar sind etwa Regelungen, wonach ausschließlich der Hersteller die After-Sales-Leistungen gegenüber dem Kunden erbringt.

Wenn sowohl der Finanzierungspartner als auch der Hersteller Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Pay-per-use-Modells haben und ähnlich wie in einem Joint Venture handeln, muss die vertragliche Zusammenarbeit bei Überschreiten bestimmter Umsatzschwellen vorab zu den Kartellbehörden angemeldet werden.

In einem gesonderten Vertrag mit dem Nutzer sind insbesondere die Mindestnutzungsdauer, die Entgelthöhe und Datenübermittlung zur Entgeltbemessung, die Risikotragung im Schadensfall, die Restwertbemessung im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung sowie die Rückgabemodalitäten zu regeln.

Ob Pay-per-use-Modelle langfristig eine Alternative zum Kauf von Investitionsgütern werden, wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren zeigen. So lange ist die typische Mindestnutzungsdauer, bis absehbar ist, ob ein Geschäftsmodell rentabel ist. Die Pioniere von Pay-per-use-Modellen waren Mittelständler wie die Gebr. Heller Maschinenfabrik. Namhafte Konzerne wie Siemens, Trumpf, Philips oder Liebherr haben sich inzwischen ebenfalls in den Markt vorgewagt.

Der Autor Dr. Jochen Bernhard ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Menold Bezler am Standort Stuttgart. Er hat die TRUMPF GmbH + Co. KG bei der Umsetzung eines Pay-per-part-Modells mit dem Versicherungskonzern Munich Re beraten.

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