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Datenbrillen im Betrieb - was ist erlaubt?

Datenbrillen – "smart glasses" – machen es möglich, Fehler an technischen Geräten wie Maschinen einfach aus der Ferne zu beheben. Doch auch wenn viele Argumente für den Einsatz von Datenbrillen sprechen: Entscheider im Unternehmen sollten sich vorher ein paar Gedanken zu den rechtlichen Aspekten machen.

Unternehmen, die keinen Betriebsrat haben, können Datenbrillen recht schnell im Betrieb einführen. Da Datenbrillen in arbeitsrechtlicher Hinsicht als Arbeitsmittel gelten, können Arbeitgeber von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen und Arbeitnehmer schlicht zur Nutzung der Datenbrillen anweisen.

Sie sollten es aber nicht bei der schlichten Aufforderung zur Nutzung belassen, sondern genaue Vorgaben machen, wie die Brillen korrekt zu verwenden sind und die Mitarbeiter auf die Geräte schulen. Wird nämlich eine in der Anschaffung regelmäßig teure Datenbrille bei der Arbeit beschädigt, so greifen die Haftungsprivilegierungen bei Beschädigung von Firmeneigentum. Diese bedeuten, dass Reparaturkosten im Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht "1:1" an den Arbeitnehmer weitergegeben werden können. Vielmehr können Schäden an Betriebsmitteln nur dann an den Arbeitnehmer weiterbelastet werden, wenn die Beschädigung vorsätzlich, das heißt mit Wissen und Wollen, verursacht worden ist. Dies ist in der Praxis die Ausnahme. In der Regel werden Schäden fahrlässig verursacht, was zur Folge hat, dass der Arbeitnehmer nur mit dem Selbstbehalt einer verkehrsüblichen Versicherung haftet.

Gleiches gilt, wenn eine Datenbrille "verschwindet" – nur bei nachweisbarem Diebstahl können Mitarbeiter haftbar gemacht werden, so dass es für Unternehmen ratsam ist, Schutzmechanismen einzuführen wie zum Beispiel Taschen- oder Torkontrollen, unter Beachtung der allgemeinen Regeln auch Videoüberwachung. Kann der Arbeitgeber solche Maßnahmen sachlich begründen, sind sie rechtlich nicht zu beanstanden.

Betriebsrat entscheidend

In Betrieben mit Betriebsrat gestaltet sich die Einführung von Datenbrillen komplexer. Stimmt der Betriebsrat der Nutzung von Datenbrillen nicht zu, dürfen sie nicht genutzt werden. Um den Betriebsrat von den Vorteilen der Technik zu überzeugen, sollte er so früh wie möglich in den Einführungsprozess einbezogen werden.

Mitzubestimmen hat der Betriebsrat insbesondere, wenn Reparaturarbeiten mittels Datenbrillen beispielsweise zu Schulungszwecken aufgezeichnet werden. Auch Schutzmechanismen wie Tor- und Spindkontrollen oder eine Videoüberwachung müssen zwingend mit dem Betriebsrat abgestimmt werden. Dabei muss nicht für jede Einzelmaßnahme eine eigene Betriebsvereinbarung geschlossen werden, sondern in der Praxis trägt meist eine gute Projektplanung Früchte; diese kann dann Bestandteil einer allumfassenden Betriebsvereinbarung zur Nutzung von Datenbrillen werden. 

Die Betriebsvereinbarung bildet auch die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung, die die Grundsätze des Datenschutzrechts beachten muss. Wesentliche Aspekte sind hier die Datenminimierung und die Zweckbindung: Es dürfen nur die Daten verarbeitet werden, die für den in der Betriebsvereinbarung bestimmten Zweck notwendig sind. Bei der Zweckbestimmung müssen zudem die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Blick behalten und gegeneinander abgewogen werden. Je nach Gestaltung der Betriebsvereinbarung ist es beispielsweise in der Regel erlaubt, mit der Datenbrille erfasste Daten zu sichern, damit die beauftragte Fehlerbehebung gegenüber dem Kunden oder gegenüber dem betriebsinternen Quality Management nachgewiesen werden kann; nicht zulässig ist es in der Regel, die Datenbrille zur umfänglichen Kontrolle der Arbeitnehmer einzusetzen.

In einzelnen Fällen kann der Abschluss einer Betriebsvereinbarung nicht in Betracht kommen, beispielsweise, wenn sich der Betriebsrat aus unsachlichen Gründen schlicht gegen den Abschluss sperrt. Ganz ausgeschlossen ist die Nutzung von Datenbrillen trotzdem nicht. Denn stützen können sich Arbeitgeber dann noch auf ihr berechtigtes Interesse, Tätigkeiten möglichst effizient und vereinfacht ausführen zu lassen, zum Beispiel indem lange Reisezeiten vermieden und Fachkräfte besser eingesetzt werden; gleichwohl muss parallel ein besonderes arbeitsrechtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden, um die unverändert bestehenden Rechte des Betriebsrats zu wahren.

Daten schützen

Sofern nicht unbedingt nötig, sollten die mit der Datenbrille erfassten Bilder nicht aufgenommen und gespeichert werden, denn dann muss sich der Arbeitgeber keine Gedanken über eventuell mit der Brille aufgenommene Bilder Dritter machen und auch kein Löschkonzept für die Aufnahmen entwickeln. Ist hingegen eine Speicherung für eine anschließende Qualitätskontrolle oder zwecks Haftungsausschluss erforderlich, sollte – ähnlich wie bei sonstigen Videoaufnahmen – im Betrieb eine Information für Dritte angebracht werden, und es ist zwingend ein Löschkonzept vorzulegen.

Unternehmen, die die Einführung von Datenbrillen im Betrieb gut planen und dabei etwaige rechtliche Fallstricke ebenso wie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Auge behalten, können dank der Technik Wartungs- und Schulungsaufwand deutlich reduzieren. Teil der Projektplanung sollte unbedingt auch eine gute Kommunikationsstrategie sein, um die Arbeitnehmer von Anfang an mitzunehmen und die Vorteile der Nutzung von Datenbrillen aufzeigen.

Die Autoren Alexander Möller und Franziska Ladiges sind Rechtsanwälte und Counsel bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Frankfurt.

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