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Recht und Steuern > Legal Techs

Günstiger wohnen dank App

Neue Internetfirmen versprechen schnelle Mietminderungen dank standardisierter Verfahren. Doch wie hilfreich sind die Portale wirklich?

In Deutschland gibt es eine zunehmend umkämpfte Zone: die eigenen vier Wände. Der angespannte Wohnungsmarkt führt zu Bürgerinitiativen, die Enteignungen von Vermietern im großen Stil fordern. Die Parteien nehmen das Thema auf und bauen es in ihre Wahlprogramme ein. Die Wohnbauunternehmen spüren den Druck und schließen sich zusammen, frei nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Und eine neue Branche rückt ins Rampenlicht: Online-Portale wie conny.legal, die gegen Provision für Betroffene saftige Rückzahlungen eintreiben. Eigentlich ist die Sache klar: Wer eine neue Wohnung in einer deutschen Großstadt bezogen hat, darf nicht wesentlich mehr zahlen, als der örtliche Mietspiegel vorsieht. Dafür sorgt seit dem 1. Juni 2015 die sogenannte Mietpreisbremse. Sie gilt allerdings derzeit nur in elf Bundesländern und auch, wo sie Gesetz ist, lässt sie sich oft wegen mangelnder Übersicht zu Vergleichsmieten nicht durchsetzen. Das machte Daniel Halmer stutzig.

Nach Ansicht des Rechtsanwalts aus Berlin ist das Gesetz ein scharfes Schwert: "Wenn die Miete überhöht ist, ist sie unwirksam und kann beim Vermieter zurückgefordert werden", sagt Halmer. Das Problem sei nicht das Gesetz, sondern bestehe in den praktischen Hürden für Mieter, "beispielsweise bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete." Zudem hätten viele Mieter auch Scheu vor den Mühen und Kosten der Durchsetzung ihrer Rechte. Bei Halmer war die Idee zu wenigermiete.de geboren, das Portal hat sich inzwischen in "Conny.legal" umbenannt, weil unter dem Dach unterschiedliche Rechtsberatungs-Dienstleistungen angeboten werden.

Damit gehört das Start-up zur wachsenden Gruppe der sogenannten Legal Techs. Diese Unternehmen treten mit ihren Online-Diensten für die Rechte von Verbrauchern ein und erleichtern beispielsweise durch vorgefertigte Formulare und Leistungsrechner den Zugang zu Entschädigungen bei verspäteten Flügen, umstrittenen Bußgeldern für Verkehrsdelikte oder ungültigen Verträgen. Notfalls erstreiten die Unternehmen die Ansprüche ihrer Kunden sogar vor Gericht. Von den so eingetriebenen Forderungen behalten die Legel Techs dann einen Teil als Provision ein. Der Bereich, der sich um die Rechte der Mieter kümmert, boomt derzeit bei Conny, bestätigt ein Sprecher – besonders in Berlin, wo das Start-up seinen Sitz hat. Das hat mit dem vom Verfassungsgericht gekippten Mietpreisdeckel zu tun, viele Mieter versuchen nun über die existierende Mietpreisbremse ihre Miete in den Griff zu bekommen.

Für 2020 hat das Portal die sieben teuersten Städte ermittelt, in denen die Erfolgsaussichten für Mietpreissenkungen hoch sind: In Berlin konnten die Mieten durchschnittlich um 287 Euro mit der Mietpreisbremse gesenkt werden. Münchner können sogar monatlich im Schnitt 309 Euro einsparen. Den dritten Platz belegt Hamburg mit einem Einsparpotenzial von 276 Euro. Das Risiko von Firmen wie Conny hält sich in Grenzen. Legal Techs arbeiten in allen Branchen nach gleichem Muster gleichartige Fälle ab. Rightnow.de und Rightmart.de sind Allroundportale. Das Portal Geblitzt.de prüft angebliche Bußgeldverstöße im Straßenverkehr. Um Entschädigungsansprüche wegen Zugverspätung kümmern sich Portale wie Zugerstattung.de.

Sicher ist: Das Angebot an Rechtsdienstleistern im Internet wächst. Die Stiftung Warentest hat einige Legal Techs unter die Lupe genommen. Ihre Einschätzung: Online-Rechtshilfe eignet sich für eine erste Einschätzung des Falles und für Standardprobleme. Die Antwort kann allerdings nur so gut sein, wie die Frage formuliert ist. Wer, auch unabsichtlich, Details des Sachverhalts auslässt, erhält möglicherweise falschen Rechtsrat. Mieter, die Mitglied in einem Mieterverein sind oder eine Rechtsschutzversicherung mit Mietrechtsschutz und ohne Selbstbeteiligung haben, sind möglicherweise besser beraten. Auch Start-ups wie mieterengel.de bieten Anwaltsberatung an.

Und was sagen die Nutzer? Einige klagen inzwischen darüber, dass Start-ups wie Conny wegen Überlastung schwer zu erreichen sind und nicht alles so reibungslos funktioniert, wenn es Stress mit dem Vermieter gibt. "Bei mir", so schreibt ein Nutzer, "gab es Streitigkeiten wegen der Schönheitsreparaturen. Conny hat den Vertrag schnell angenommen mit dem Versprechen, ihr Bestes zu tun." Aber danach, so schreibt er, habe "Funkstille" geherrscht. Conny berichtete nicht über den Verlauf des Auftrags, antwortete nicht auf E-Mails. "Am Ende steckst du bei Conny fest, verlierst Zeit und musst doch noch nach einem Jahr einen richtigen Anwalt suchen."

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