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Recht und Steuern > Urteil der Woche

Minijob heißt nicht auch Minilohn – BAG bestätigt Lohngleichheit für Teilzeitkräfte

Gleiche Arbeit, gleicher Lohn. Ein Rettungsdienst ließ das für seine festangestellten und aushilfsweise eingesetzten Rettungskräfte so nicht gelten. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht entschied: Auch wer in geringfügiger Teilzeit die gleiche Arbeit leistet wie eine Vollzeitkraft, hat Anspruch auf den gleichen Stundenlohn.

Aktuelles Urteil schützt Minijobber vor Minilohn. Quelle: picture alliance / Zoonar | Channel Partners

Der Fall

Geklagt hatte ein Rettungsassistent, der bei einem Rettungsdienst als geringfügig Beschäftigter durchschnittlich 16 Stunden pro Monat in der Notfallrettung und bei Krankentransporten zum Einsatz kam. Der Rettungsdienst bezahlte ihn als – in seiner Diktion – „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten mit einem Stundenlohn von 12 Euro brutto. „Hauptamtlichen“ Rettungsassistenten in Voll- und Teilzeit zahlte der Dienst 17 Euro brutto die Stunde. Die Differenzierung begründete der Arbeitgeber damit, dass die nebenamtlichen Rettungsassistenten nicht einseitig zu Diensten eingeteilt würden. Vielmehr könnten sie Wunschtermine für Einsätze benennen, denen man jeweils versuche zu entsprechen; einen Anspruch darauf haben die Assistenzen nicht.

 

Mit seiner Klage verlangte der Rettungsassistent eine zusätzliche Vergütung in Höhe von fast 3.300 Euro. Er sah sich durch die unterschiedlichen Stundensätze für hauptamtliche Mitarbeiter und solche in Teilzeit benachteiligt. Der beklagte Rettungsdienst hielt entgegen, er habe mit den hauptamtlichen Rettungsassistenten unter anderem größere Planungssicherheit und weniger Planungsaufwand. Zudem müssten die hauptamtlichen Assistenten sich auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden, was einen höheren Lohn rechtfertige.

Das Urteil

Während das Arbeitsgericht München die Klage abwies, gab das Landesarbeitsgericht ihr in der Berufung statt und verurteilte den Rettungsdienst, die höhere Vergütung zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte dies: Die im Vergleich zu den hauptamtlichen Rettungsassistenten geringere Stundenvergütung benachteilige den Kläger ohne sachlichen Grund. Haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten seien gleich qualifiziert und übten die gleiche Tätigkeit aus, so das BAG. Dass die nebenamtlichen Rettungsassistenten als „Einsatzreserve“ frei in der Gestaltung der Arbeitszeit sind, sei für die Entlohnung unerheblich.

Was folgt daraus für die Praxis?

„Die Entscheidung ist absolut konsequent und richtig“, meint Lisa-Marie Niklas, Partnerin im Arbeitsrecht bei der Kanzlei ARQIS. „Denn geringfügig Beschäftigte sind keine Beschäftigten zweiter Klasse, sondern dürfen – wie alle Teilzeitbeschäftigten – nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes schlechter gestellt werden als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte.“ Ein niedrigerer Stundenlohn für geringfügig Beschäftigte sei damit zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, erläutert die Arbeitsrechtsexpertin. „Der Spielraum dürfte aber noch einmal kleiner geworden sein“. Ein größeres Maß an Weisungsfreiheit der geringfügig Beschäftigten und pauschal behaupteter erhöhter Planungsaufwand bei der Einsatzplanung sind, soweit sich aus der Pressemitteilung des BAG ergibt, jedenfalls keine sachlichen Gründe, die einen geringeren Lohn rechtfertigen würden.

 

Nach Ansicht von Lisa-Marie Niklas sind Arbeitgeber gut beraten, stets kritisch zu prüfen, aus welchem Grund sie Minijobbern einen geringeren Stundenlohn zahlen als ihren Vollzeitbeschäftigten. Der Fall zeige, dass der Grund für die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gar nicht zwingend unmittelbar in der geringeren Arbeitszeit liegen müsse. Vielmehr könne sich dieser auch aus unterschiedlichen Arbeitsmodellen ergeben, die eben nur für Minijobber angeboten werden – und die damit mittelbar eben doch an die Arbeitszeit anknüpfen.
 
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2023, 5 AZR 108/22
 

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