
Geschäftsführer, welche nicht zugleich Allein-Gesellschafter sind, stehen vor der Frage, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie Weisungen von der Gesellschafterversammlung erhalten. Müssen diese ungeprüft sofort umgesetzt werden? Hat der Geschäftsführer ein eigenes Ermessen, was er für sinnvoll hält und was nicht? Was passiert, wenn eine für die Gesellschaft wirtschaftlich nachteilige Weisung der Gesellschafter von ihm befolgt wird? Ist der Geschäftsführer dann der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig?
Zustimmungsvorbehalte und ausdrückliche Weisungen
Wichtige Entscheidungen der Gesellschafter hat er mittels umfassender Informationsbereitstellung mit entsprechenden Beschlussvorlagen im Rahmen von Gesellschafterversammlungen herbeizuführen. In Eilfällen ist bei zustimmungspflichtigen Geschäften notfalls nachträglich die Genehmigung der Gesellschafterversammlung einzuholen – und zwar so schnell wie möglich.
Muss die Gesellschafterversammlung Weisungen erteilen?
Den Geschäftsführer, welcher eine Weisung erhalten hat, trifft sofort eine umfassende Prüfungspflicht. Er muss prüfen, ob die Weisung auf der Grundlage der Satzung und/oder eines formalrechtlich und materiellrechtlich korrekt ergangenen Gesellschafterbeschlusses beruht. Findet er dabei beispielsweise Hinweise, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung einen Fehler hat und unwirksam sein könnte, weil zum Beispiel nicht alle Gesellschafter korrekt zur Gesellschafterversammlung eingeladen waren und das Abstimmungsergebnis an einem Mangel leidet, oder erklärt einer der Gesellschafter, dass er den Gesellschafterbeschluss anfechten wird, ist höchste Vorsicht geboten.
Gleiches gilt, wenn die Befolgung der Weisung im Gesellschafterbeschluss einen Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften zur Folge hätte, wenn beispielsweise Kapitalerhaltungsvorschriften zum Stammkapital verletzt werden würden, wenn die Befolgung eine Insolvenzverschleppung bewirken würde oder eine Strafbarkeit droht. Korrekte Weisungen hat der Geschäftsführer vollständig zu befolgen, man spricht hier von der sogenannten „Folgepflicht des Geschäftsführers“.
Checkliste: Diese Fragen sind bei Weisungen zu stellen
- Gibt es einen formell wirksamen Gesellschafterbeschluss?
- Plant kein Gesellschafter eine Anfechtung des Beschlusses?
- Ist die Weisung mit dem Gesellschaftervertrag vereinbar?
- Handelt es sich um einen wirksamen Gesellschafterbeschluss, der nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht, insbesondere Kapitalerhaltungsrecht, Strafrecht, Kartellrecht, Insolvenzrecht, Steuerrecht verstößt?
- Passt die Weisung zur Verpflichtung des Geschäftsführers zur ordnungsgemäßgen Geschäftsführung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes?
Was tun bei unwirksamen, anfechtbaren oder rechtswidrigen Weisungen?
Ist unklar, ob ein Gesellschafterbeschluss, der von einem einzelnen Gesellschafter oder einem Teil der Gesellschafter angefochten werden könnte oder bereits angefochten ist, vom Gericht aufgehoben wird, ist der Geschäftsführer zwar zunächst nicht an die Weisung gebunden. Er muss aber nach eigenem Ermessen und unter Berücksichtigung der Frage, ob die sofortige Umsetzung im Interesse der Gesellschaft notwendig ist, auf sein eigenes Risiko eine Entscheidung treffen.
Verstößt eine Gesellschafter-Direktive gegen das Gesetz – denkbar sind zum Beispiel Weisungen zur Leistung von Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit – oder wenn eine existenzvernichtende Schädigung der Gesellschaft bewirkt würde, ist die Weisung nichtig und darf auf keinen Fall ausgeführt werden.
Abberufungs- und Haftungsrisiken des Geschäftsführers
Beachten muss der Geschäftsführer allerdings auch, dass er sich nicht Dritten gegenüber schadensersatzpflichtig macht. In solchen Fällen kann er die Ausführung der Weisung verweigern. Ist es dem Geschäftsführer aus objektiven und/oder subjektiven Gründen unmöglich, Weisungen auszuführen, zum Beispiel, wenn er gegen seine eigene Überzeugung zur Ausführung von aus seiner Sicht unvertretbaren Geschäftshandlungen der GmbH angewiesen wird, kann er sein Amt niederlegen und seinen Anstellungsvertrag außerordentlich kündigen. Ist er der einzige Geschäftsführer, muss er dabei allerdings beachten, dass dies nicht zur Unzeit geschieht und dass der Gesellschaft dadurch kein Schaden entsteht.
Weisungen – was muss der Geschäftsführer beachten?
- Wenn die Weisung wirtschaftlich nachteilig für die Gesellschaft sein könnte: Die Gesellschafter ausdrücklich auf alle Bedenken hinweisen und dies aus Beweissicherungsgründen schriftlich im Protokoll der Gesellschafterversammlung und/oder in Aktennotizen an die Gesellschafter vermerken lassen. Bleibt es beim Beschluss, ist die Weisung auszuführen.
- Wenn die Ausführung der Weisung zu einer Strafbarkeit des Geschäftsführers führen würde, muss die Ausführung verweigert werden.
- Wenn die Ausführung der Weisung zu einer persönlichen Schadensersatzhaftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten führen könnte, kann die Ausführung verweigert werden.
- Amtsniederlegung zur Vermeidung der Ausführung einer Weisung: Achtung, nicht zur Unzeit und die Gesellschaft darf nicht führungslos werden.
- Generell gilt: Im Zweifel immer zuerst die Rechtsberatung einer Anwaltskanzlei einholen, denn dadurch wird die Rechtslage sorgfältig geprüft und dem Geschäftsführer kann dann bei Befolgung der anwaltlichen Empfehlungen regelmäßig kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.
Wann GmbH-Geschäftsführer mit ihrem Privatvermögen haften, finden Sie nächsten Artikel unserer Reihe "GmbH-Handbuch für Mittelstand".