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Recht und Steuern > Aufträge von Bundesbehörden

Öffentliche Vergabe: Elektronische Rechnung wird Pflicht

Das Ziel ist weniger Bürokratie: Bundesbehörden akzeptieren demnächst keine Papierrechnungen mehr. Um die neuen Regelungen bei der öffentlichen Vergabe umsetzen zu können, müssen viele Mittelständler ihre ERP-Systeme anpassen.

Im öffentlichen Auftragswesen hält die Digitalisierung Einzug – allerdings nicht als Wahlmöglichkeit, sondern als Zwang. Ingo Dietrich, Vertriebsexperte von Datev, erklärt die Auswirkungen bei der Vergabe für Mittelständler.

Ab November 2020 müssen Unternehmen ihre Rechnungen für Aufträge von Bundesbehörden elektronisch einreichen. Warum?
Hintergrund ist eine Richtlinie der EU, die die Behörden verpflichtet, Rechnungen in elektronischer Form anzunehmen. Auch der deutsche Bund muss daher seine EDV nachrüsten und hat sich entschieden, in die Offensive zu gehen, damit sich die Investition auch lohnt: Ab November 2020 müssen Lieferanten ihre Rechnungen bei Bundesbehörden deshalb elektronisch einreichen. Das Bundesland Bremen ist dem gefolgt, andere öffentliche Auftraggeber auf Kommunal- oder Landesebene lassen aber bis auf weiteres auch Papierrechnungen zu. 

Wieso sorgt die EU nicht dafür, dass Unternehmen eine Wahl haben?
Die Zielsetzung der EU-Richtlinie ist, die Digitalisierung zu fördern und für weniger Bürokratie zu sorgen. In diesem Bemühen verpflichtet die EU die Verwaltung zur Annahme elektronischer Rechnungen. Einen Bestandsschutz für die Anwender festzuschreiben würde das Anliegen konterkarieren. Die EU setzt lediglich einen Mindestrahmen. Wenn die Mitgliedsstaaten in ihrer nationalen Gesetzgebung über die Vorgaben hinausgehen, so wie es die Bundesrepublik nun tut, ist das legitim.

Gibt es eine Übergangsphase?
Nein, jedenfalls keine gesetzlich geregelte. Es bleibt der öffentlichen Verwaltung überlassen, in Sonderfällen Ausnahmen zu erlauben. Unternehmen sollten sich aber nicht darauf verlassen, dass sie eine Kulanzregelung bekommen.

Was geschieht mit Rechnungen, die doch mit der Post kommen: Können die Behörden sie einfach ignorieren?
Rechtlich ist ihnen das möglich, ja. Der Umgang mit Papierrechnungen liegt im Ermessen der Behörden.

Können Unternehmen das neue Erfordernis mit ihren normalen ERP-Systemen umsetzen?
Das hängt vom verwendeten System ab. Fakt ist, dass an öffentliche Verwaltungen adressierte elektronische Rechnungen zukünftig der Europäischen Norm EN 16931 entsprechen müssen. Es gibt also spezielle Anforderungen an den inhaltlichen Aufbau beziehungsweise die Informationen in der Rechnungsdatei. Diese Informationen müssen in den ERP-Systemen teilweise neu implementiert werden. In der Regel bedeutet das, dass die Systemhersteller das gesamte Rechnungslayout ändern müssen. Der Verband elektronische Rechnung hat vor kurzem zusammen mit dem Innenministerium und der Koordinierungsstelle für IT-Standards das Szenario mit unterschiedlichen Systemen durchgespielt. Ergebnis: Ohne Anpassung der ERP-Systeme entspricht keine der untersuchten Rechnungen der EU-Norm. 

Bislang gibt es zwei Datenaustauschstandards für elektronische Rechnungen. Wo liegt der Unterschied?
Bislang gibt es zwei Rechnungsformate: XRechnung und Zugferd 2.0. XRechnung ist rein XML-basiert und beinhaltet keinen Sichtbeleg. Zugferd 2.0 setzt auf einen hybriden Ansatz – also auf die Kombination von Sichtbeleg als PDF und XML-Datensatz. Derzeit sind die Verwaltungen aber nicht verpflichtet, beide Formate anzunehmen. Unternehmen sollten daher mit ihrem öffentlichen Auftraggeber abstimmen, welches Format er akzeptiert.

Klingt alles reichlich aufwendig für Unternehmen.
Da es bislang keine einheitliche Regelung gibt, ist die Situation tatsächlich unübersichtlich. Wer eigene Systemanpassungen vermeiden und dennoch rechtskonforme Rechnungen verschicken will, kann dies auch über eines der Portale aus dem Traffiqx-Verbund umsetzen. In diesem Netzwerk, an dem auch die Datev beteiligt ist, können Dokumente und Rechnungen in mehr als 350 Formaten verarbeitet werden. 

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