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Recht und Steuern > Urlaubsmythen im Check

Die drei größten Urlaubs-Irrtümer im Job

Die Stimmung im Unternehmen kann noch so gut sein, doch wenn es um den Urlaubsanspruch geht, kann sie sich rasch verändern. Mitarbeiter haben oft eigenwillige Vorstellungen und jeder glaubt sich im Recht. Markt und Mittelstand hat die größten Urlaubs-Irrtümer zusammen gestellt.

Immer wieder und jedes Jahr aufs Neue passiert es, dass Urlaubsanträge kollidieren. Die betroffenen Kollegen wollen exakt zur gleichen Zeit gehen, die einen haben Kinder und können nur während deren Ferienzeit verreisen, die anderen waren aber vorher da. Wer ist nun im Recht? Wir räumen auf mit den Mythen rund um den Urlaub und erklären, was rechtens ist.

1. Urlaubs-Irrtum: Wer zuerst anmeldet, hat Vorrang

Die Situation hat jeder schon einmal erlebt: Mehrere Kollegen wollen exakt zur gleichen Zeit in den Urlaub gehen, doch wer hat Vorrang? Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt nicht die Reihenfolge der Anmeldungen.

Nach den gesetzlichen Regeln muss der Arbeitgeber nach Abwägung entscheiden, wer unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdient. Was also bedeutet die Vorgabe für den Arbeitgeber? Es liegt nahe, Orientierung bei der Sozialauswahl im Kündigungsschutz zu suchen, doch hat der Gesetzgeber hier bewusst eine etwas offenere Formulierung verwendet. Sicherlich ist die familiäre Situation zu berücksichtigen, etwa ob Kinder schulpflichtig sind, so dass der Mitarbeiter während der Ferien gehen möchte.

Der Arbeitgeber wird prüfen, wer letztes Jahr vorrangig Urlaub erhalten hat, zum Beispiel in den Sommerferien. Richtig ist sicher auch, Alter und eventuelle Schwerbehinderung miteinzubeziehen. Darüber hinaus ist nicht nur an Kinder, sondern auch an pflegebedürftige Angehörige des Mitarbeiters zu denken. Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber diese Aspekte abwägen kann, ist, dass ihm die Situation des Arbeitnehmers auch bekannt ist. Derartige soziale Hintergründe muss der Arbeitnehmer von sich aus mitteilen, wenn er sie berücksichtigt wissen will.

2. Urlaubs-Irrtum: Wer schon gebucht hat, bekommt Urlaub

Nehmen wir einen einfachen Fall, der aber häufig in deutschen Betrieben vorkommt: Während der von Herrn X beantragten Urlaubszeit wäre zwar noch ein anderer Kollege da, der Vorgesetzte möchte aber lieber Herrn X bei einem Projekt dabei haben. Also lehnt er dessen Urlaubsantrag ab.  Das aber gefällt Herrn X nicht, er hat schließlich schon eine Reise gebucht, die er antritt, obwohl er keinen Urlaub bekommen hat. Und nun?

Nach den Fakten wäre unser Herr X tatsächlich derjenige, der unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdient hätte. Darf er sich aber einfach selbst beurlauben? Irrtum, das darf er nicht. Das ordnen die Gerichte als Vertragsverletzung ein. Damit riskiert er eine außerordentliche Kündigung. Was kann er statt dessen tun?

Der Mitarbeiter kann eine Leistungsklage erheben oder wegen der Dringlichkeit eine einstweilige Verfügung vor dem Arbeitsgericht beantragen. Bei einer einstweiligen Verfügung entscheidet das Gericht aufgrund eines summarischen Verfahrens kurzfristig – eben vor dem anstehenden Urlaub.

Problematisch ist aber, dass  eben die Entscheidung nur „einstweilen“ gilt. Im anschließenden Hauptverfahren mit detaillierter Prüfung durch das Gericht kann das Verfahren anders ausgehen. Dann kann es passieren, dass dem Antragsteller Schadenersatzansprüche drohen. Das also heißt, dass ein finanzielles Risiko – auch bei Rechtsschutzversicherung - besteht. Trotzdem ist ein solches Verfahren in Streitfällen sicher eher zu raten als eine außerordentliche Kündigung zu kassieren.

Der Arbeitgeber darf nicht nur Urlaub verweigern, er darf ihn übrigens auch auf einen anderen Zeitraum festlegen. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie bei der Ablehnung des Urlaubsantrags: wenn die Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter vorrangig sind, oder betriebliche Gründe vorliegen.

Solche berechtigen Gründe sind zum Beispiel Abschluss- oder Inventurarbeiten, Gefahr des Verderbens großer Mengen oder besonders wertvoller Produkte. Natürlich fällt auch die Rolle des betroffenen Mitarbeiters ins Gewicht. Betriebsferien werden übrigens auch als dringende betriebliche Gründe eingeordnet.

3. Urlaubs-Irrtum: Gewährter Urlaub darf gestrichen werden

Darf der Arbeitgeber den Urlaub wieder streichen? Auch das ist ein Irrtum. Die Genehmigung eines Urlaubs kann nicht einfach rückgängig gemacht oder gekürzt werden, hier müssen die Parteien miteinander reden und eine Lösung finden. Denn mit der Genehmigung des Urlaubs hat sich der Arbeitgeber gebunden und kann diese Bindung nicht wieder einseitig widerrufen.

Wenn sich der Arbeitnehmer also weigert, zurückzukehren, hat der Arbeitgeber keinen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch, ihn zur Rückkehr aufzufordern. Kann er trotzdem sein Recht durchsetzen? Ja – auch er kann mittels Klage oder einstweiliger Verfügung vor dem Arbeitsgericht vorgehen. Auch wenn er keinen konkreten Anspruch hat, so sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber letztlich doch noch durch den Arbeitsvertrag gebunden, so dass sich eine Pflicht, dem Arbeitgeber nicht zu schaden und ihn in einer brenzligen Situation zu unterstützen aus dem allgemeinen Grundsatz aus Treu und Glauben ergeben kann.

Ein solcher Gerichtsprozess aber will überlegt sein, denn das Ergebnis einer Abwägung der gegenseitigen Interessen ist nicht immer eindeutig vorauszusagen. Deshalb kommt dieser Fall in der Praxis nur ausnahmsweise und bei Notfällen vor. Zielführender – und ökonomischer - ist es natürlich auch hier, den Arbeitnehmer zur Rückkehr zu motivieren und ihm vielleicht einen etwas längeren Ersatzurlaub anzubieten.

Dieser Artikel vom 4. Februar 2016 wurde am 9. Februar 2017 zuletzt überprüft und aktualisiert.

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