Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Technologie > Neue Mobilitätskonzepte

Alternative Fortbewegungsmittel können Dienstwagen ersetzen

Mobilitätsbudgets sollen Anreize für Mitarbeiter setzen, auf Dienstwagen zu verzichten. Arbeitgeber werden den neuen Konzepten gegenüber immer aufgeschlossener, doch bislang haben nur wenige Unternehmen diese auch im Angebot.

Dienstwagen sind ein beliebter Gehaltsbestandteil. Auf den Firmenwagen verzichten wollen nur wenige Mitarbeiter, denen er arbeitsvertraglich zusteht. Doch nicht nur die Umwelt würde aufatmen, wenn weniger Autos auf den Straßen unterwegs wären. Auch für die Arbeitgeber zahlt es sich durchaus aus, wenn sie ihren Mitarbeitern die Nutzung anderer Verkehrsmittel subventionieren.

In der Münchner Beratungsfirma M3 Management Consulting setzt die Geschäftsleitung auf Carsharing. Mitarbeiter können beim Autovermieter Sixt einen Mietwagen aus verschiedenen Kategorien auswählen und buchen oder sich von einem Transferservice zum Flughafen fahren lassen. Die Kosten dafür rechnen sie über ein individuell mit dem Arbeitgeber vereinbartes Budget ab. „Mobility as a Service“ (MaaS) nennt Sixt das Konzept, das der Vermieter speziell für Unternehmenskunden entwickelt hat. „Das ist eine gute Alternative, um den sich wandelnden Mobilitätsanforderungen unserer Mitarbeiter gerecht zu werden“, sagt M3-Geschäftsführer Michael Dusch.

Rund die Hälfte der 65 Mitarbeiter bei M3 hat Anspruch auf einen Dienstwagen. Doch etliche ziehen das Mobilitätsbudget vor – Tendenz steigend. Der Grund: Sie sind flexibler mobil und müssen sich nicht allein auf die Nutzung eines Dienstwagens festlegen. Jeder Mitarbeiter hat monatlich 100 Euro zur Verfügung, die er für seine Mobilität ausgeben kann. Dass das Budget – zumal für die traditionell vielreisende Consultingbranche – so verhältnismäßig niedrig ist, begründet Firmenchef Dusch damit, dass man sich mit diesem Konzept noch in der Experimentierphase befinde. Doch schon heute gilt: Schöpft ein Mitarbeiter sein monatliches Budget nicht komplett aus, wandelt der Arbeitgeber den verbleibenden Betrag zum Ende des Jahres in Gehalt.

Neue Angebote auf dem Markt

Nicht immer ersetzt ein Mobilitätskonzept den Dienstwagen. Einige Unternehmen bieten beides komplementär an. Dann wählt der Mitarbeiter ein kleineres, preiswerteres Automodell, als ihm eigentlich zustehen würde, und nutzt den verbleibenden Betrag als flexibles Budget. Möglich wird das dank einer Art Kreditkarte, wie sie die auf alternative Fuhrparkkonzepte spezialisierte Mobilitätsberatung Ecolibro aus Troisdorf nahe Bonn entwickelt hat.

Die „Mobileety Card“ kann der Mitarbeiter für Bahnfahrten, Flugreisen oder mobilitätsfremde Konsumausgaben einsetzen. „Für Mitarbeiter kann es sich auch steuerlich lohnen, auf Dienstwagen zu verzichten oder ein kleineres Auto zu wählen“, sagt Volker Gillessen, Ecolibro-Mitgeschäftsführer. Denn die Ausgaben über die Karte gelten als Sachbezug und unterliegen damit der Pauschalversteuerung in Höhe von 30 Prozent – die gerade für Mitarbeiter in gehobenen Gehaltsklassen deutlich günstiger ist als der individuelle Einkommenssteuersatz. Der Hamburger Fuhrparkdienstleister Belmoto bietet ein ähnliches Konzept an, betont aber weniger die steuerlichen Anreize, sondern blickt aufs große Ganze. „Die Karte gibt einen Anreiz, mit Mobilität effizient umzugehen, das ist die Botschaft“, sagt Geschäftsführer Philip Kneissler.

Flexibel zusammenstellbar

Gründe, Alternativen zum Dienstwagen zu suchen, gibt es genug: Neben dem Imageverlust schwebt das Damoklesschwert der Fahrverbote über dem vielgeliebten Dienst-Diesel. Die meisten Firmenwagen sind zwar jünger als zwei Jahre und fallen noch nicht unter die Fahrverbote. Das könnte sich allerdings schnell ändern, denn die Diskussion da-rüber hat gerade erst begonnen.

Zudem eröffnet die Einführung von Mobilitätsbudgets gerade mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, Mitarbeiter gleichberechtigter zu behandeln. „Ein Dienstwagen ist für die meisten Beschäftigten, gemessen an ihrem Gehalt, zu teuer“, sagt Gillessen. „Unternehmen geben deshalb viel Geld aus für ein Incentive, von dem nur wenige profitieren.“ Das Mobilitätsbudget lässt sich hingegen mit entsprechend kleinerem Volumen auch bei niedrigen Gehaltsgruppen einsetzen. Damit kommen prinzipiell mehr Angestellte in den Genuss einer solchen Gratifikation. Eine Egalität, die sich positiv auf das Betriebsklima auswirken dürfte.

Wie hoch das individuelle Mobilitätsbudget ausfällt, hängt vom Einzelfall ab. Der Autovermieter Sixt beispielsweise kalkuliert auf seiner Website mit Budgets zwischen 250 und 750 Euro. Für 250 Euro können Mitarbeiter zum Beispiel 392 Minuten lang ein Carsharing-Fahrzeug nutzen, drei Tage lang einen Mietwagen fahren und eine Fahrt mit dem Transferservice buchen. Das genaue Zeitkontingent sowie die möglichen Verkehrsmittel und das exakte Budget lassen sich je nach dem Bedarf und den Möglichkeiten eines Unternehmens konfigurieren.

Auch bei der Nutzung der Mobilitätskarten von Belmoto oder Ecolibro können Unternehmen individuell festlegen, welche Verkehrsträger die Mitarbeiter im Rahmen des Mobilitätsbudgets nutzen können. „Viele Fahrer sind dankbar, wenn sie nicht alle Strecken mit dem Auto zurücklegen müssen“, hat Kneissler beobachtet.

Ob sich die Abkehr vom Firmenwagen für die Unternehmen auch wirtschaftlich rechnet, hängt unter anderem von der Tätigkeit der Mitarbeiter ab: Außendienstler oder Vertriebler, die auf dem Weg zum Kunden täglich weite Strecken zurücklegen müssen, kommen mit einem eigenen Dienstwagen in der Regel günstiger weg. Und auch die Praktikabilität ist wichtig: Wer nur mit Laptop oder kleinem Musterkoffer unterwegs ist, kann viele Strecken auch mit der Bahn zurücklegen – „und während der Fahrzeit auch noch arbeiten“, erklärt Kneissler. Wer allerdings mit Werkzeug oder Musterteilen zum Kunden fährt, braucht ein Auto – ob nun als Mietwagen oder im Rahmen von Carsharing.

Angebot im Mittelstand gering

Bislang gewähren nur wenige Arbeitgeber Mobilitätsbudgets für Mitarbeiter. Vor allem im Mittelstand sieht das Angebot bis dato mau aus. Gerade einmal 2 Prozent der Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten bieten ihren Mitarbeitern ein solches Budget an, wie das aktuelle Fuhrparkbarometer des Flottendienstleisters Arval zeigt. Bei Firmen mit bis zu 100 Mitarbeitern sind es immerhin 5 Prozent. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern hinken deutsche Unternehmen damit deutlich hinterher. Europaweit bietet im Durchschnitt fast jedes siebte kleine mittelständische Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern solche Mobilitätsbudgets an.

Experten überrascht die geringe Verbreitung des Konzepts hierzulande allerdings nicht: „Der Dienstwagen ist in Deutschland eine heilige Kuh. Für viele Mitarbeiter ist der Diesel mit der größtmöglichen Motorisierung immer noch das Maß der Dinge“, sagt Ecolibro-Chef Gillessen. Entsprechend schwer tun sich Arbeitgeber, an den automobilen Besitzständen zu rütteln – zumal sie damit auch den Clinch mit ihren Führungskräften heraufbeschwören.

Doch im privaten Bereich ist bereits eine Abkehr von der Fahrzeug-Fixierung zu beobachten: Während das Auto in ländlichen Gegenden nach wie vor kaum wegzudenken ist und als Garant für Lebensqualität und Flexibilität gilt, büßt es bei Städtern zunehmend an Beliebtheit ein. Lediglich 29 Prozent der in einem urbanen Umfeld lebenden Menschen nehmen Autos überhaupt noch als Statussymbol wahr, zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Bain – Tendenz sinkend. Das könnte in den kommenden Jahren das Umdenken in der Firmenwagen-Policy von Unternehmen beschleunigen.

Neue Incentives einführen

Arbeitgeber zeigen sich gegenüber alternativen Mobilitätskonzepten zunehmend aufgeschlossen: Laut dem Arval-Fuhrparkbarometer können sich immerhin 10 Prozent der Mittelständler mit bis zu 100 Mitarbeitern vorstellen, in den kommenden Jahren ein für jeden Mitarbeiter individuelles Mobilitätsbudget einzuführen. „Wir bemerken seit ein bis zwei Jahren auf Unternehmensseite ein zunehmendes Interesse an Alternativen zum klassischen, dieselgetriebenen Dienstwagen und bauen das Angebot an Mobilitätsvarianten für unsere Kunden entsprechend aus“, sagt Arval-Manager Christian Schüßler.

Als Incentive eigne sich der Dienstwagen künftig immer weniger, meint auch Mobilitätsberater Gillessen – zumal der vielumworbenen Generation Y ihr Smartphone wichtiger sei als das eigene Auto. „Der Fachkräftemangel bringt Unternehmen dazu, sich nach anderen Incentives umzuschauen“, sagt Gillessen. Gerade für mittelständische Unternehmen sieht er darin Chancen, bei potentiellen neuen Mitarbeitern zu punkten: „Sie können sich gegenüber Konzernen als innovative Arbeitgeber profilieren, wenn sie neue Mobilitätskonzepte dank kurzer Entscheidungswege deutlich schneller realisieren.“

Wichtig ist, Carsharing, Dienstfahrrad & Co. als Angebot zu kommunizieren, rät Fuhrparkdienstleister Kneissler: „Man muss als Arbeitgeber klarmachen, dass der Verzicht auf einen Dienst-wagen oder der Umstieg auf ein kleineres Modell freiwillig ist.“ Sonst würden die Widerstände der Mitarbeiter gegen ein solches Konzept zu groß.


Der Artikel gehört zu einem Thema aus der „Markt und Mittelstand“-Ausgabe September 2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

Ähnliche Artikel