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Technologie > Trend zur Cloud

„Die Corona-Krise wirkt bei der Digitalisierung wie ein Katalysator“

Wie sich der IT-Markt entwickelt und wie die Corona-Krise die Digitalisierung bei mittelständischen Unternehmen verändert, erklärt Jörg Frey, Geschäftsführer der Haufe Group im Bereich Lexware, im Interview.

 

Herr Frey, wie geht es Ihrem Unternehmen in der Corona-Krise?

Das kommt darauf an, welchen Bereich Sie sich anschauen. Seit März sind Akquise- oder Vertriebsbesuche bei Kunden vor Ort nicht mehr möglich. Auch das Präsenzakademiegeschäft ist auf nahezu null eingebrochen. Die Unternehmen geben kein Geld für Weiterbildung aus. Allerdings erholen wir uns in diesem Feld gerade wieder, veranstalten verstärkt Onlineseminare und Webinare und verzeichnen eine deutliche Nachfrage bei unserer Unternehmenssoftware, etwa für Buchhaltung oder Lohn und Gehalt.

Wie verändert die Krise Ihre kleinen und mittleren Unternehmenskunden?

Bei unseren B2B-Kunden ist Kurzarbeit ein großes Thema. Etwa jeder zehnte unserer 500.000 Unternehmenskunden hat seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Und wir merken, dass die Betriebe zunehmend um ihre Liquidität bemüht sind. Manche Kunden bitten um Zahlungsaufschub. Wenn irgend möglich, zeigen wir uns kulant. Meist geht es ohnehin nur um kleinere Beträge, zwischen 200 und 400 Euro.


Gab es auch schon komplette Zahlungsausfälle?

Insolvenzen haben wir bisher noch nicht in auffälligem Maße feststellen müssen. Allerdings rechnen wir mit einer Umwälzung auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin sicher, dass die Krise zu Entlassungen führen wird. Und mancher wird sich dann selbständig machen. Dadurch wird sich unsere Zielgruppe der Gründer und Selbständigen vergrößern – und darauf werden wir mit einer entsprechenden Ausweitung unserer Angebote reagieren.

Wie läuft das Geschäft mit Neukunden?

Das entwickelt sich überaus erfreulich. Im Bereich Buchhaltung und Lohn haben wir 30 Prozent mehr Abschlüsse bei Kunden von „On Premise“-Programmen. Noch mehr Wachstum verzeichnen wir bei unseren Cloudlösungen: Bei der Unternehmensplattform „lexoffice“ sind fast zwei Drittel neue Kunden mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hinzugekommen.

Ist das der vielbeschworene Digitalisierungsboom durch die Corona-Krise?

In der Vergangenheit haben wir oft festgestellt, welch geringe Relevanz die Digitalisierung bei unseren Kunden teilweise noch hatte. Das hat uns immer überrascht. Jetzt wendet sich das Blatt. Die Krise wirkt in der Tat offensichtlich wie ein Katalysator. Nun werden kleine und mittlere Unternehmen plötzlich mit der Digitalisierung konfrontiert – ob sie wollen oder nicht. Denken Sie nur an die Notwendigkeit, Home-Office IT-technisch abzubilden. Die digitale Transformation gerade der kleinen und mittleren Betriebe vollzieht sich seit Corona deutlich schneller. Binnen Wochen haben viele Unternehmen neue Internetshops hochgezogen. Ohne Krise hätte dieser Prozess schätzungsweise fünf Jahre oder länger gedauert.

Was glauben Sie: Wird die Digitalisierung in diesem Tempo weitergehen?

Schwer zu sagen. Im B2B-Segment arbeiten 75 Prozent der Kunden immer noch mit dem Server im eigenen Haus. Grundsätzlich glaube ich schon, dass die Digitalisierung auch nach der Krise schneller verlaufen wird als vorher. Vor allem der Trend zur Cloud scheint sich mir zu verstärken. In den skandinavischen Ländern nutzen bereits 90 aller Unternehmen die Cloud. In Deutschland herrscht aber noch eine „German Angst“ vor der Datenwolke.

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