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Technologie > Notfallplan Apokalypse

Die große Flucht der Tech-Elite unter die Erde: Bereiten Zuckerberg & Co. eine Zukunft ohne uns vor?

| Markt und Mittelstand / red. | Lesezeit: 3 Min.

Zuckerberg baut in Hawaii einen autarken Bunker. Auch andere Tech-Milliardäre bereiten sich auf den Kollaps vor – und auf eine Zukunft ohne uns.

Bunker in verlassener Gegend Alaskas
Die große Flucht: Tech-Milliardäre planen ihre Parallelgesellschaft (Foto: MuM/Ki)

AGI und Apokalypse: Warum jene, die die Zukunft erschaffen, sich schon jetzt vor ihr verstecken

Markt und Mittelstand:  

Mark Zuckerberg lässt in Hawaii einen unterirdischen Komplex bauen, mit eigener Energie, eigener Wasserversorgung, eigenen Nahrungsressourcen. Andere Tech-Milliardäre tun es ihm gleich: Sie kaufen riesige Flächen in entlegenen Regionen, legen geheime Fluchtrouten an und errichten Schutzräume, die weniger nach Katastrophenschutz und mehr nach privater Zukunfts-Utopie klingen. Offiziell sind es Immobilienprojekte. Offiziell handelt es sich um „Keller“. Inoffiziell um Rückzugsorte für eine Welt nach dem Kollaps.

Ältere Leser erinnern sich an den Jodie-Foster-Film „Panic Room“: Ein Bunker im Herzen Manhattans – versteckt in einem Luxusgebäude, ausgestattet wie ein Hochsicherheitstrakt. Was damals als Thriller-Fantasie über urbane Schutzräume begann, wird heute zur realen Blaupause einer Elite, die sich nicht mehr auf Staaten oder Gesellschaften verlässt.

Doch im 21. Jahrhundert bekommt das Phänomen eine neue Dimension: Der Auslöser ist kein Einbrecher oder Naturdesaster – sondern eine Technologie, die ihre Schöpfer selbst erschreckt. Künstliche Intelligenz, die den Menschen nicht nur ersetzt, sondern übertrifft. Und diejenigen, die sie bauen, sind auch diejenigen, die sich bereits vor ihren Folgen verstecken.

Zwischen Vorbereitung und Panik: Was die Eliten sehen – und wir nicht

In Kalifornien wird längst nicht mehr nur an Produkten gearbeitet, sondern an Exit-Strategien. LinkedIn-Gründer Reid Hoffman spricht offen von „Apokalypse-Versicherung“. OpenAI-Mitbegründer Ilya Sutskever soll gefordert haben, unterirdische Räume für führende KI-Wissenschaftler anzulegen – bevor die Technologie entfesselt wird. Sam Altman hält künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) für näher als die meisten glauben. Andere wie DeepMind-Chef Demis Hassabis sprechen von fünf bis zehn Jahren.

Im Zentrum dieser Entwicklung stehen Personen und Firmen, die sich traditionell mit Technologie, Innovation und Wachstum beschäftigen. Doch gerade diese technik-und wachstumsaffinen Akteure des Silicon Valley zeigen eine wachsende Sorge vor der Zukunft ihrer eigenen Kreationen. So berichtet etwa Douglas Rushkoff (Autor des 2022 erschienenen Buchs „Survival of the Richest: Escape Fantasies of the Tech Billionaires“) von einem Gespräch mit sechs Super-Reichen im Wüstenresort: statt über Start-ups diskutierten sie über Fluchtrouten, sichere Regionen wie Neuseeland oder Alaska – und darüber, wieviele Monate sie autark überleben müssten.

Die Visionen der Tech-Elite stehen zwischen Heilsversprechen und Endzeitfantasie. AGI, so die Hoffnung, werde Krebs heilen, das Klima stabilisieren und unbegrenzte Energie liefern. Elon Musk sprach von einer Zukunft, in der niemand mehr arbeiten müsse – weil KI alles übernimmt.

Aber genau das ist der Punkt: Was passiert mit einer Gesellschaft, in der Kontrolle, Arbeit und Sinn verschwinden? Wer entscheidet dann? Und warum investieren ausgerechnet jene, die an dieser Zukunft bauen, Milliarden in Rückzugsorte?

Was steckt dahinter? Zwei mögliche Deutungen

1. Vorsorge für den Katastrophenfall

  • Die Welt steht vor bekannten Krisen: Klimawandel, Pandemien, geopolitische Instabilitäten, Cyber-Angriffe – all das bedroht global vernetzte Systeme. Wenn man das Risiko ernst nimmt, dann erscheint es rational, dass jemand mit den Mitteln zur Absicherung diese auch nutzt. In diesem Sinne könnte das Bunker-Bauen einfach eine umfassende Form von Risiko-Management sein.

2. Rückzug in eine Elite-Privat-Utopie

  • Eine andere Perspektive ist kritischer: Tech-Milliardäre, die bislang von Vernetzung, Skalierung und globaler Digitalisierung leben, bereiten sich nicht etwa auf eine bessere Welt vor, sondern auf eine Welt ohne uns. Ein wenig elitär, ein wenig dystopisch. Wenn sie sagen, „wir sind vorbereitet“, heißt das im Umkehrschluss: „Ihr nicht“. Douglas Rushkoff erklärt: „Die Debatte drehte sich darum, wie ich mein Sicherheitspersonal kontrolliere, nachdem mein Geld wertlos ist.“

 

 

 

Die Gefahr ist nicht eine hypothetische Superintelligenz

Experten warnen davor, dass die Debatte selbst zur Ablenkung wird: Während sich die Fantasie auf Superintelligenz fokussiert, greift KI bereits im Hier und Jetzt tief in Arbeitsmärkte, politische Systeme und Informationsräume ein – ohne demokratische Kontrolle.

Forscher wie Neil Lawrence halten AGI für ein irreführendes Konzept – und glaubt nicht an einen Zeitpunkt X, an dem KI plötzlich 'bewusst' wird. Aber es gibt eine Vielzahl gesellschaftlicher Kipppunkte: Machtkonzentration, Kontrollverlust über komplexe Systeme, Abhängigkeit von maschineller Entscheidungslogik.

Die eigentliche Gefahr sei nicht eine hypothetische Superintelligenz – sondern die reale Verschiebung von Macht und Verantwortung - und das bereits heute. 

  • Ungleichheit wird räumlich sichtbar: Wenn Wohlhabende sich unter die Erde oder in abgelegene Luxus-Bunker zurückziehen, ist das eine Ausdifferenzierung der Gesellschaft im räumlichen Sinne: Wer bleibt zurück?

  • Vertrauensverlust in Gesellschaft und Behörden: Der „Exit“-Gedanke zeigt: Manche wohlhabenden Akteure haben wenig Vertrauen darin, daß Institutionen, Gemeinschaften und Staaten Krisen bewältigen können.

  • Paradigmenwechsel im Tech-Diskurs: Statt allein das „Mehr“ (mehr Daten, mehr KI, mehr Leistung) geht es plötzlich ums „Weniger“ – weniger Außenkontakt, weniger Gesellschaft, Rückzug.

  • Was bleibt von der Gemeinschaft?: Selbst wenn ein Bunker viele Wochen überdauern könnte – langfristig ist jede Infrastruktur auf Gesellschaft angewiesen: Ressourcen, Nachschub, Technik, Wartung. Kritiker sagen zurecht: Ohne eine funktionierende Gemeinschaft ist auch der Luxus-Bunker nutzlos.

 

Was bedeutet das für uns?

Europa und Deutschland stehen vor der strategischen Frage: Wird KI gestaltet – oder zugelassen? Werden Regeln gesetzt – oder Szenarien eingeplant, in denen Selbstschutz der Eliten wichtiger wird als Schutz der Gesellschaft?

Während Milliardäre an Notausgänge denken, ist die eigentliche Debatte eine andere: Wie sichern wir demokratische Souveränität in einer Welt, in der Technologie schneller wächst als politische Systeme reagieren können?

Die Bunker sind Symbole. Nicht für Sicherheit – sondern für den Glauben einer Elite, dass die Zukunft nicht mehr für alle gilt. Die Frage ist nicht, ob sie etwas wissen, was wir nicht wissen. Sondern ob wir bereit sind, die Zukunft nicht denjenigen zu überlassen, die sich im Notfall aus dem Staub machen.

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