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Technologie > Gas

„Die Nachbesserungen kommen“

Die Regierung will die Industrie mit 25 Milliarden Euro bei den Gaspreisen unterstützen. Doch die Vorschläge sind noch unausgegoren. Einer von ihnen lautet: Jedes Unternehmen, das verbilligtes Gas bezieht, darf es am Markt teurer verkaufen.

Die Regierung will die Industrie mit 25 Milliarden Euro bei den Gaspreisen unterstützenBild: Shutterstock

Rund 25.000 Industriebetriebe, die einen speziellen Gastarif haben, sollen ab Januar 2023 entlastet werden. So sieht es der Zwischenbericht der von der Bundesregierung eingesetzten „ExpertInnen-Kommission Erdgas und Wärme“ vor. Der reine Beschaffungspreis würde dann bis zu 70 Prozent subventioniert. Das entspricht einem Kilowattpreis pro Stunde für Gas von sieben Cent, plus Kosten für Netznutzung und Lastspitzen.

Kommissionsmitglied Michael Vassiliadis, Chef der Gewerkschaft IG BCE, gab zu, dass die Vorschläge einen „Gießkannen"-Charakter hätten. Für detailliertere Ansätze sei jedoch keine Zeit gewesen. „Uns war die Geschwindigkeit wichtiger", sagte er.

 

Vor allem den Handwerksbetrieben geht die Unterstützung aber nicht weit genug. Holger Schwannecke, Geschäftsführer des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, beklagt: „Das große Manko der Vorschläge ist, dass die Entlastungen viel zu spät greifen und sich – sollte an der angedachten Zeitachse festgehalten werden – für energieintensive Handwerksbetriebe und Mittelständler eine deutliche Entlastungslücke auftut.“  Die Einmalzahlung im Dezember, die die Experten-Kommission ebenfalls vorgeschlagen hat, sei für viele energieintensive Handwerksbetriebe nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Sie wird keinesfalls ausreichen, um die Existenz und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern“, so Schwannecke. Die Zuschussprogramme müssten schnellstmöglich auch für Betriebe außerhalb der Industrie geöffnet werden, die als energieintensiv gelten. Das bedeutet, sie zahlen mindestes drei Prozent ihres Umsatzes an Energiekosten und die haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.

Auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, ebenfalls Mitglied der Kommission, sieht Nachbesserungsbedarf. „In so kurzer Zeit ist es nicht möglich, zwischen existenzbedrohten Unternehmen und denen, die das nicht sind, zu unterscheiden“, erklärt sie das Vorgehen der Experten. Zudem habe das Problem gelöst werden müssen, dass Unternehmen die finanzielle Förderung anders als geplant nutzten. Das wäre möglich, wenn sie den Teil ihrer subventionierten Gasmenge, die sie nicht selbst verbrauchen, am Markt gewinnbringend weiterverkaufen. Grundsätzlich wäre das Vorgehen nach den Vorschlägen der Kommission möglich - aber gedacht als Anreiz zum Energiesparen im eigenen Betrieb.

„Deshalb soll die Förderung an den Standorterhalt und an eine Transformationsperspektive gebunden werden“, so Grimm. Zudem müssten Unternehmen im Rahmen eines Opt-in-Verfahrens bei ihrem Versorger anmelden, wenn sie von dem günstigen Tarif Gebrauch machen wollten. Die Teilnahme solle zudem veröffentlicht werden. „Wer ohne Unterstützung klarkommt und einen Imageschaden befürchten muss, wenn er die Förderung mitnimmt und am Ende hohe Gewinne ausweist, der kann und sollte sich das also vorher überlegen“, appelliert Grimm an Unternehmen auf Abwegen.

 

Kommissionsmitglied Siegfried Russwurm, Präsident des BDI, kündigte Nachbesserungen bei der Subventionsvergabe an. Er sehe weiteren Bedarf – zum Beispiel eine Härtefallregelung für spezifisch gelagerte Problemfälle. Daran und an einer Reihe weiterer technischer Fragen wolle die Kommission bis zur Vorlage ihres Abschlussberichtes weiterarbeiten. Der wird in drei Wochen erwartet.

Russwurm wies aber auch darauf hin, dass die Industrie ihren Gasverbrauch in den vergangenen Monaten zwischen 20 und 25 Prozent reduziert habe. Das sei durch Effizienz und Prozessoptimierung, durch einen Wechsel des Energieträgers zum Beispiel von Gas auf Öl sowie eine deutliche Reduzierung von Produktion erreicht worden.

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