Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Technologie > Unischtbar und unentbehrlich

Die schwierige Zusammenarbeit von OEM und Zulieferer

Der große Anteil kleiner Zulieferer ist in komplexen Endprodukten wie Autos kaum erkennbar. Dabei sind gerade die Innovationen aus dem Mittelstand ein Garant für den Erfolg. Doch manch ein Unternehmen unterschätzt die eigene Macht.

„Die gesamte Innovation kommt von uns, aber die Anerkennung dafür heimst der Kunde ein.“

Sensible Beziehung

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, wenn kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Großkunden im Verbund agieren. Wer mit Zulieferern spricht, bekommt einen Eindruck von der sich verschärfenden Situation. O-Töne belegen das: „Unsere Großkunden verlangen Jahr für Jahr nach höheren Rabatten, und die einzelnen Fachabteilungen stellen oft noch zusätzliche Forderungen.“ – „Die gesamte Innovation kommt von uns, aber die Anerkennung dafür heimst der Kunde ein. Ich muss mir jedes Mal auf die Zunge beißen, wenn ich mit denen spreche.“ – „Ein Kunde hat sich bei mir über eine zu hohe Fehlerquote beschwert – dabei betrug diese gerade einmal 0,00014 Prozent.“ – „Von Seiten der Konzerne herrscht eine brutale Arroganz. Manchmal fühle ich mich wie zwischen Hammer und Amboss.“

In der Schule ist die Hierarchie klar geregelt: Vorne steht der Lehrer und gibt sein Fachwissen an die Schüler weiter. Weil der Pauker im Idealfall mehr weiß als die Pennäler, verläuft der Wissenstransfer von oben nach unten. Kaum jemand käme auf die Idee, dass die Schüler dem Lehrer überlegen seien und ihm sagen, wo es lang geht. Doch genau so funktionieren Teile der Industrie.

Die Innovationskraft liegt hier oft nicht „oben“ bei den Konzernen, sondern „unten“ bei ihren Zulieferern. Egal, ob es um Einzelteile, Komponenten oder ganze, schlüsselfertige Anlagen geht – mittelständische Unternehmen forschen, entwickeln und optimieren. Der Konsument bekommt von dem schöpferischen Anteil der Lieferanten an den Endprodukten allerdings nur selten etwas mit. In der industriellen Wertschöpfungskette mag das logisch erscheinen. Auf Seiten der quasi „unsichtbaren“ Zulieferer sorgt das aber auch für immer mehr Unbill. Beispiel Automobilindustrie: „Bei technischen Innovationen erwarten die OEMs mittlerweile von uns, dass wir Ergebnisse erzielen, die weit über das hinausgehen, was ihre eigenen Ingenieure liefern können“, zürnt der Forschungsleiter eines mittelständischen Messtechnikzulieferers.

ERROR: Content Element with uid "6628" and type "gridelements_pi1" has no rendering definition!

„Markt und Mittelstand“ hat mit mehreren Unternehmern und Entwicklungsleitern aus der Zulieferindustrie gesprochen – namentlich zitieren lassen wollte sich kaum einer. Allzu groß ist die Angst, in Ungnade zu fallen und dann Aufträge zu verlieren oder auch nur die mühevoll aufgebaute Kooperation zu gefährden.

Auch die Verbände wissen um das angespannte Verhältnis. Hinter hervorgehaltener Hand ist die Rede von „megasensiblen Beziehungen“. In einem Positionspapier sah sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor drei Jahren sogar dazu veranlasst, einen Punktekatalog für faire und nachhaltige Zulieferbeziehungen aufzustellen. Es handelt sich gewissermaßen um Verhaltensregeln. Unter anderem heißt es in dem Papier: „Voraussetzung für belastbare Zulieferbeziehungen ist die unternehmerische Planungssicherheit auch hinsichtlich vertraglicher Zulieferbeziehungen.“ Schließlich mahnt die Handreichung des BDI „niedrige Markteintritts- und Austrittschranken unter Beachtung der gesetzlichen Regeln (Compliance) für das effiziente Zusammenspiel entlang der industriellen Wertschöpfungsstrukturen“ an.

Die Zitrone, die immer weiter ausgepresst wird

Der Streit zwischen Volkswagen und zwei deutschen Unternehmen der bosnischen Prevent-Gruppe hatte im Sommer 2016 ein Schlaglicht auf das schwierige und komplexe Verhältnis zwischen einem Konzern und seinen Zulieferern geworfen. Damals hatten die beiden Unternehmen ES Automobilguss und Car Trim die Lieferung von Teilen an VW eingestellt. Offenbar wollte der Wolfsburger Autoriese niedrigere Preise durchsetzen. „Solange man den Wünschen seines Großkunden entgegenkommt, ist man als Zulieferer hochangesehen“, hört man oft von mittelständischen Zulieferern. Doch wehe, wenn man widerspricht. Das unternehmerische Grunddilemma vieler mittelständischer Lieferanten sieht so aus: Einerseits lastet ein enormer Kosten-, Preis- und Innovationsdruck auf ihnen. Andererseits sind die Kunden mit den großen Namen auch Garanten für die Auslastung und das Wachstum des eigenen Geschäfts. Die Autokonzerne wissen ganz genau, was Sie von ihren Zulieferern erwarten: „Grundlage für die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten sind Innovation, Spitzenqualität, Partnerschaft und Nachhaltigkeit“, sagt Heike Rombach Managerin der globalen Wirtschaftskommunikation im Bereich Procurement & Supplier Quality bei Mercedes-Benz Cars. Eine andere Stimme aus der Riege der Autobauer antwortet auf die Frage nach einem permanenten Preisdruck etwas weniger diplomatisch: „Wir mögen den Wettbewerb unter den Lieferanten.“

Wie kommen Mittelständler mit dieser Situation klar? Sind die Zulieferer die Zitrone, die von den Großabnehmern immer weiter ausgepresst wird? Wo befinden sich die Supplier innerhalb der Wertschöpfung? Wie können sich KMU behaupten? Und wie könnte eine gut funktionierende Partnerschaft zwischen Zulieferer und Großkunde aussehen?

In der Automobil- und Automobilzulieferindustrie sind die Folge des Strukturwandels besonders deutlich zu erkennen, der in den vergangenen 30 Jahren in der gesamten Industrie stattgefunden hat. Eine Initialzündung war die Öffnung Osteuropas. Viele Autobauer erkannten damals den Vorteil geringerer Lohnkosten und errichteten Werke in Ungarn, Polen, Tschechien oder Rümanien. „Diese Produktionskosten von Osteuropa wurden von den Autohersteller in Verhandlungen seither zugrunde gelegt“, sagt Stefan Kraus, Head of Automotive bei der IKB Deutsche Industriebank.

Im Hamsterrad der Innovation

Etliche Zulieferer sahen sich damals regelrecht dazu gezwungen, die Expansion ihrer Kunden vor Ort zu begleiten. Von dieser Friss-oder-stirb-Mentalität profitierten in erster Linie große und finanzstarke Zulieferer wie Bosch, Continental, ZF oder Mahle. Denn damit ging eine Verlagerung der Vorproduktion vom Autobauer zu den Zulieferern einher. In den achtziger Jahre erbrachten die Autobauer noch rund die Hälfte der Wertschöpfung selbst, heute sind es teils weniger als 20 Prozent“, sagt Henning Rennert, Automotive-Experte bei PwC Strategy. „Mit der Wertschöpfung haben die Autobauer auch einen großen Teil der Forschung und Entwicklung ausgelagert und konzentrieren sich auf die Entwicklung markendifferenzierender Technologien, die Montage und den Vertrieb“, so der Autoexperte.

Die mittelständischen Zulieferer konnten indirekt von der Verschiebung innerhalb der Wertschöpfungskette profitieren. Sie sind es, die die großen Tier-1-Supplier wie Bosch & Co. ihrerseits als Lieferanten mit Einzelteilen und Komponenten versorgen. „Viele kleine und mittlere Unternehmen haben in einer Nische ihren Platz gefunden und entwickeln dort sehr innovative Lösungen, etwa für elektrische Komponenten oder in der Sensorik“, sagt Stefan Kraus von der IKB. Der Nachteil der Pyramidenstruktur: Den Druck, den der Markt durch neue Trends erzeugt – derzeit alternative Antriebe oder autonomes Fahren – geben die OEMs in der Lieferkette über Preise und Innovationen weiter. Mittelständler bekommen den Preisdruck besonders zu spüren, weil sie oft die Ersten in der Wertschöpfungskette sind.

Wenige große Autobauer, hunderte Zulieferbetriebe

Verstärkt wird dieser Effekt durch eine Konsolidierungswelle. Heute stehen in Deutschland wenige große Autobauer Hunderten von Zulieferbetrieben gegenüber. Mercedes-Benz Cars & Vans wird von etwa 1.500 Zulieferern versorgt. Bei Ford Deutschland sind es rund 800, wobei diese Zahl bis vor sechs Jahren noch doppelt so hoch war. „Ein solches Polypol verleiht der Einkaufsseite eine große Marktmacht, das heißt, die Preise geraten stark unter Druck“, sagt Thomas Schlick, Autoexperte bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Kaum eine Industrie gilt als hemdsärmeliger und hemmungsloser, wenn es darum geht, den Druck weiter zu erhöhen. „Die drücken, hakeln und pushen“, sagt ein Insider. Ihre Marktmacht demonstrieren die Konzerne dabei nicht nur auf der Preis- und Kostenebene, sondern auch beim Schutz des geistigen Eigentums. Der Druck dürfte auch ein Grund dafür sein, warum bei KMU ernsthafte Bemühungen, Schutzrecht für geistiges Eigentum durchzusetzen oft versanden. „Beide Seiten sind aufeinander angewiesen“, sagt Patentanwalt Markus Gampp von der Kanzlei DLA Piper.

So machen Sie Ihre Innovationen zu Geld

Geistiges Eigentum schützen, durchsetzen, verwerten und gegen Missbrauch vorgehen

Mittelständische Zulieferer sind oft innovativ, vernachlässigen aber häufig, ihre Erfindungen zum Patent anzumelden. Eine Übersicht der rechtlichen Möglichkeiten:

  • Vom Patent bis zum Know-how: Neben dem Patent, das sich zumeist auf Erfindungen im technischen Bereich bezieht, können auch Gebrauchsmuster und einzelne Designs geschützt werden. Wichtig dabei ist, dass diese Schutzrechte immer vor der Markteinführung angemeldet werden. „Die Voraussetzung für eine Patentanmeldung beispielsweise ist, dass etwas neu und erfinderisch sein muss – und in dieser Form noch nie dagewesen ist“, erklärt der auf Patentrecht spezialisierte Rechtsanwalt Markus Gampp von der Kanzlei DLA Piper. Kommt das Produkt vor der Anmeldung auf den Markt, würde es die Erfindung damit vorwegnehmen und „wertlos“ machen.
  • Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse: Etwas Immaterielles gilt als Know-how. Dieses kann allerdings nicht in gleicher Weise wie die eingetragenen Schutzrechte geschützt werden. Know-how-Verletzungen treten beispielsweise dann auf, wenn Mitarbeiter mit Spezialwissen den Arbeitsplatz wechseln oder ihre Kenntnisse unerlaubt weitergeben. In diesem Fall kann das Unternehmen gegen den Ex-Mitarbeiter zivil- und strafrechtlich vorgehen.
  • Geistiges Eigentum besitzen und schützen: Ob ein Zulieferer das geistige Eigentum an seiner Erfindung besitzt, ist nicht davon abhängig, wie viele gute und neue Ideen darin stecken. „Wenn es sich um eine Auftragsentwicklung etwa für einen OEM handelt, gehören dem Kunden später auch alle Rechte daran“, sagt Gampp weiter. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Zulieferer das Produkt komplett erdacht, entwickelt und serientauglich gemacht hat.
  • Geistiges Eigentum durchsetzen und verwerten: Handelt es sich um eine Innovation, die der Zulieferer ohne das Zutun eines Kunden entwickelt hat, liegen die Nutzungsrechte hingegen bei ihm selbst. Dann bestehen gute Chancen für eine Monetarisierung. Verkauft der Tier-3-Zulieferer seine Entwicklung an einen Tier-2-Supplier, muss dieser eine Lizenz erstehen, um die Erfindung wiederum in seinen eigenen Produkten nutzen zu können. Die Spezifikationen des Liefer- und Lizenzvertrages gelten nach dem deutschen Patentrecht für die gesamte Zulieferkette: „Das heißt, der Tier-2-Zulieferer ist angehalten, darauf zu achten, dass auch sein (Tier-1-)Kunde Lizenzgebühren an den Tier-3-Zulieferer bezahlt oder diese bereits im Ausgangsvertrag mit abgedeckt sind“, sagt der Rechtsexperte. Dasselbe gilt für den OEM, der die Technologie schließlich im Endprodukt verbaut.
  • Gegen Missbrauch vorgehen: Ignoriert der OEM die Schutzrechte, kann es für ihn teuer werden. Denn das Patentrecht spricht dem Erfinder ein sogenanntes Verbietungsrecht zu. „Der Zulieferer kann dem OEM theoretisch verbieten, ein Modell mit seiner Technologie weiter zu verkaufen. Das gilt auch dann, wenn es sich nur um eine kleine Komponente handelt“, erklärt Gampp. In der Praxis kommt es allerdings nur selten bis zum Äußersten, weil beide Seiten aufeinander angewiesen sind. Missbraucht ein OEM eingetragene Schutzrechte, findet in der Regel eine außergerichtliche Einigung statt. Dann fließen finanzielle Mittel, die den Schaden kompensieren.

Hinzu kommt eine unerbittliche Marktlogik, die weit über Deutschland hinaus reicht: Höhere Preise für ihre neuen Technologieentwicklungen, das sogenannte Preispremium, können die Unternehmen nur in den ersten Jahren nach der Markteinführung abrufen. Dann ziehen die Wettbewerber nach – und die Alleinstellung geht verloren. „Diese Unternehmen sind ständig unter Druck, Innovationen hervorzubringen“, sagt Autoexperte Henning Rennert von PwC Strategy. Mit anderen Worten: Innovative Mittelständler befinden sich in einem permanenten Innovationshamsterrad.

Wie sich dieser allgegenwärtige Druck auf die betriebswirtschaftliche Gesundheit der Unternehmen auswirkt, haben die IKB-Autoexperten untersucht. Dass die Zulieferer dramatisch darben müssten – dafür haben sie allerdings keine Belege gefunden. Im Gegenteil: Bei den wichtigsten Kennzahlen entwickelten sich die mittelständischen Zulieferer mit einem Umsatz bis 250 Millionen Euro in den Jahren zwischen 2014 und 2016 sehr positiv. So stieg der Rohertrag von 44,4 auf 47,5 Prozent an der Gesamtleistung, und auch die Investitionsquote erhöhte sich von 5,9 auf 8,4 Prozent. Die Investitionsquote ist der Anteil am Umsatz, den die Unternehmen für F&E und Kapazitätsausbau ausgeben. Damit lagen die Mittelständler nicht nur über dem Durchschnitt der Branche, sondern auch über dem der großen Tier-1-Supplier.

Support für Kunden bieten

Selbst PwC-Experte Henning Rennert, der vor allem die XXL-Zulieferer im Blick hat, stellt dem deutschen Mittelstand ein gutes Zeugnis aus: „Die Investitionsquoten im Mittelstand sind teilweise so hoch wie bei den weltweit führenden Autozulieferern.“ Dafür hat der Branchenkenner eine ungewöhnliche Begründung: Neben Innovationspotential und Spezialisierung spielt auch der Abstand zum Autobauer eine Rolle. „Je weiter der Zulieferer vom OEM und damit vom Endprodukt entfernt ist, desto höhere Preise kann er durchsetzen“, erklärt Rennert. Im Gegenzug muss ein solcher Zulieferer unter anderem aber auch die bittere Pille schlucken, dass es häufig praktisch keine Visibilität im Endprodukt gibt.

Mit der Kombination aus hohem Innovationsgrad und geringen Kosten stehen viele kleine Zulieferer gut da: „Ich kenne etliche mittelständische Unternehmen, die in ihrer Nische sehr gut leben können“, sagt Autoexperte Thomas Schlick. Nach Ansicht des Unternehmensberaters würden KMU sogar doppelt profitieren. „Erstens geraten die Mittelständler dank der vergleichsweise kleinen Auftragsvolumina nicht sofort ins Fadenkreuz der Konzerncontroller, wenn es um Sparmaßnahmen geht. Und zweitens kennen die Einkäufer oft nicht die genauen Herstellkosten von sehr speziellen beziehungsweise weniger wertigen Komponenten. Das können kleine Zulieferer bei den Preisverhandlungen ausnutzen“, erklärt Schlick. Wie gut es einem Unternehmen geht, hängt nicht zuletzt auch von seinem unternehmerischen Geschick und seiner betriebswirtschaftlichen Eigenverantwortung ab. Es muss seine Position in der Wertschöpfungskette regelmäßig überprüfen und so wirtschaften, dass es seine Investitionen stemmen kann. „Wer nur Commodity-Produkte herstellt und nicht innovativ ist, kann schneller ausgetauscht werden. Zulieferer sollten deshalb vermeiden, zu sehr von einem Kunden abhängig zu sein“, warnt Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA), vor Klumpenrisiko.

„Unser Umsatz verteilt sich auf mehrere Hauptkunden und Projekte. Ebenso sind kleinere, innovative Kunden mit Wachstumspotential für die Zukunft wichtig“, sagt Thomas Meffle, Geschäftsführer der Bernd Meffle Kunststoffverarbeitung aus Westerheim zwischen Ulm und Stuttgart. Der Unternehmer hat sich auf die Herstellung und Entwicklung von Sichtteilen spezialisiert, mit denen er die Haushaltsgeräteindustrie beliefert, aber auch die Automobilindustrie kennt er seit Jahrzehnten gut. Der Mittelständler mit knapp 200 Mitarbeitern wurde im vergangenen Jahr als bester Zulieferer mit dem „Bosch Global Supplier Award“ ausgezeichnet. „Die Vorgaben des Kunden eins zu eins umzusetzen ist das eine“, sagt der 47-Jährige. „Wer hingegen mitdenkt, Optimierungspotentiale erkennt und diese Erkenntnis mit seinem Kunden teilt, kann sich aus der Masse der Lieferanten abheben.“ Thomas Meffle sieht in einem solchen „Support“ den wichtigsten Baustein, um eine gute Partnerschaft mit einem Kunden auf- und auszubauen. Je mehr Funktionen man in ein neu entwickeltes Teil packen könne, desto mehr könne man auch die Anzahl anderer Teile reduzieren. „Eine nachhaltige Lösung, die Gewicht, Material und damit Ressourcen spart, ist eine Win-win-Situation für beide Seiten“, erklärt der Betriebswirt.

„Kontruktive Zusammenarbeit“

Seinen Beitrag zum Zustandekommen eines komplexen Endprodukts sieht Meffle dabei vollkommen nüchtern: „Man darf Zulieferer und Konzern nicht getrennt voneinander betrachten. Wir Zulieferer sind wie Satelliten, die um den Konzern kreisen. Wir müssen dem Kunden dabei helfen, dass er und seine Produkte wettbewerbsfähig bleiben“, sagt der Unternehmer. In diesem Mechanismus sieht Autoexperte Henning Rennert gleichzeitig die Daseinsberechtigung für kleine Supplier: „Kontinuierliche Innovationen sind das Lebenselixier der Branche, denn man ist aufeinander angewiesen.“

Die Achillesferse der Zulieferer ist die Auslastung. Aus diesem Grund gehen auch viele Supplier Deals ein, die sie erst einmal im Geschäft halten, aber mit denen sie sich betriebswirtschaftlich eher einen Bärendienst erweisen. Das muss aber nicht sein. Gerade innovative Zulieferer sitzen durch ihr Know-how an einem langen Hebel. „Der Wettbewerb ist knallhart, und die Einkaufsabteilungen testen systematisch aus, wie weit sie gehen können“, sagt ein langjähriger Branchenkenner. Eine beliebte Drohung lautet dabei: „Wenn wir uns nicht einigen, verlierst du deinen Status bei uns.“ Lehnt der Zulieferer dennoch ab, kann es sein, dass der Hersteller ein Problem bekommt. Diese Lose-lose-Situation renkt sich aber nicht selten von selbst wieder ein: „Wir erleben immer wieder, dass der Autobauer ein halbes Jahr nach der Trennung doch wieder anklopft“, so der Insider. Die Chancen auf eine Einigung stehen dann deutlich besser, weil jeder den Einsatz des anderen kennt.

Druck bleibt groß

Auch in Zukunft wird der Druck auf die Zulieferer groß bleiben oder sogar noch wachsen. Der Dieselskandal, die Aufholjagd bei E-Autos und die Investitionen in neue Zukunftstechnologien wie das autonome Fahren kosten die Autobauer Milliarden. „Das kommt alles noch add-on zum normalen Geschäft und das vor dem Hintergrund, dass zur Zeit kaum Autos zugelassen werden“, sagt Roland Berger-Experte Thomas Schlick.

Die Partnerschaft von Großkunden und Zulieferern ist und bleibt von vielen Herausforderungen geprägt. Doch selbst in der beinharten Autoindustrie sind faire und wertschätzende Partnerschaften möglich und vielleicht sogar gewollt. So geschehen in der Kooperation zwischen einem süddeutschen Autobauer und einem kleinen Messtechnikhersteller, der anonym bleiben möchte: „Unser Kunde hat anerkannt, dass wir die neue Technologie allein entwickelt haben und viel dafür investieren mussten. Die Manager haben gesagt: ‚Rechnet das auf den Preis drauf – wir bekommen das bei uns schon genehmigt‘“, erzählt der Forschungsleiter. „Das hat funktioniert. Unsere Zusammenarbeit ist daher extrem konstruktiv. Dass das möglich ist, hat mich wirklich verblüfft.“


Der Artikel gehört zu einem Thema aus der „Markt und Mittelstand“-Ausgabe Oktober 2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

 

Ähnliche Artikel