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Elektrisch fahren: Wie ein Kartell der Saboteure die E-Mobilität verhindert

E-Autos in Deutschland kämpfen mit rückläufigen Zulassungszahlen. Politik und Hersteller begehen sechs entscheidende Fehler, die den Niedergang der Elektromobilität vorantreiben.

Auch so kämpfen chinesische Autohersteller um Marktanteile: BYD bewirbt als Hauptsponsor der Fußball-EM beim Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland am Freitag seine Modelle. Bildnachweis:picture alliance / M.i.S. | Bernd Feil

Es läuft nicht mit den E-Autos. Zumindest nicht in Deutschland. Zwischen Januar und Mai 2024 wurden hierzulande etwa 140.700 E-Autos neu zugelassen. Damit lag die Zahl im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2023, als rund 167.300 reine Stromer neu zugelassen wurden, um fast 16 Prozent niedriger. Von Mercedes über VW bis Audi – ein Hersteller nach dem anderen verschiebt seine E-Autoziele auf den Sankt Nimmerleinstag. Derweil werden die deutschen Premiumhersteller auf ihrem wichtigsten Markt, in China, von der Konkurrenz überholt. Tesla und BYD liegen dort deutlich vor VW. Verantwortlich für die Misere, die die deutsche Kernindustrie ins Mark trifft, sind unternehmerische und politische Fehlentscheidungen. Es ist, als sei ein Kartell der Saboteure am Werk. Diese sechs Todsünden sorgen für den Niedergang der Automobilindustrie in Deutschland: 

1. Todesstoß durch Prämienaus  

Den entscheidenden Hieb gegen die E-Mobilität führte das Trio aus Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner aus. Sie strichen Ende vergangen Jahres über Nacht die E-Auto-Kaufprämie, nachdem ihnen das Bundesverfassungsgericht bescheinigt hatte, einen illegalen Haushalt verabschiedet zu haben. 2,4 Milliarden Euro hatten sie im Jahr 2023 für dieses wichtigste Projekt der Energiewende ausgegeben. Zum Vergleich: Das neue Bürgergeld kostete den Staat im gleichen Jahr 25,8 Milliarden Euro.

Es stimmt: Es kann keine Dauerförderung für die Autohersteller geben. Die finanzielle Unterstützung einer neuen Technologie ist jedoch entscheidend, um ihr zum Durchbruch auf dem Markt zu verhelfen und das Investitionsrisiko für Kunden zu mildern. Fällt die Förderung zu früh weg, wenden sich Kunden wieder ab. Genau das passiert gerade – wodurch dann auch die bereits geflossenen Milliarden für die Kaufprämie schlecht investiertes Steuergeld waren. Die Hersteller folgen dem Trend und verschieben ihre Produktionsziele für Elektroautos. 

2. Aus für das Verbrenneraus? Die CDU führt eine Phantomdebatte 

Die Union bestritt ihren Europawahlkampf mit der Forderung nach dem Aus vom Aus für den Verbrennermotor. Sie kämpft damit gegen ein Phantom, denn die EU hat das Verbrenneraus niemals beschlossen. Sie hat lediglich die Zulassung von Autos in Europa ab 2035 auf klimaneutrale Antriebe beschränkt. Die Gesetzgebung schreibt aber gar nicht vor, ob die nach 2035 zugelassenen PKW batterieelektrisch sein müssen, sondern dort steht ausdrücklich, dass der Weg zu Nullemissionen technologieoffen bleibt. Die Geisterdiskussion der Union verunsichert die Menschen. Im Moment müssen wir uns bereits mit so vielen neuen Technologien, wie Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur und Solaranlagen auseinandersetzen, da überfordert eine erneute und nicht zielführende Diskussion über den Antrieb des nächsten Autos die Menschen hierzulande zusätzlich. 

3. Das Märchen von den E-Fuels für alle 

Aus Sicht der deutschen Automobilwirtschaft wäre ein Festhalten am Verbrenner natürlich wünschenswert, denn die Automobilindustrie macht noch immer 80 bis 90 Prozent ihrer Umsätze mit der herkömmlichen Technologie. Sie gaukelt uns deswegen vor, dass es mit E-Fuels bald eine brauchbare Alternative geben wird. Was da kommt, ist jedoch allenfalls eine Technologie für besonders Wohlhabende und kein Mobilitätsversprechen für alle. E-Fuels sind in der Herstellung so teuer, dass auch bei einer Massenproduktion die Preise deutlich über denen liegen werden, die derzeit an der Tankstelle gelten. Für Normalverdiener wird in absehbarer Zeit nur das batteriegetriebene Auto eine Möglichkeit sein, wenn sie auf emissionsfreie individuelle Mobilität setzen wollen.  

4. Das Ladedesaster hemmt die Entwicklung 

Jede zweite Gemeinde in Deutschland besitzt noch keine öffentliche Ladestelle für E-Autos. Der Ausbau schleppt sich dahin, weil Marken übergreifende Initiativen der Hersteller nicht zu Rande kommen, Tankstellenbetreiber nicht investieren, und die Politik keine Regeln aufstellt: Sie schreibt das Heizungssystem im Keller vor, überlässt aber die für die E-Mobilität entscheidende Ladeinfrastruktur dem Markt, der nicht funktioniert. Die Langstrecke mit dem E-Auto bleibt dadurch eine Herausforderung. Zeigt die Batterie weniger als 100 Kilometer Reichweite an, wird es dringend Zeit, sich eine freie Schnellladestation zu suchen. Entspanntes Fahren geht anders.  

5. Deutsche Hersteller entwickeln am Kunden vorbei  

Die deutschen Autobauer haben sich überwiegend entschlossen, zunächst nicht in den unteren Modelreihen die E-Technologie einzusetzen, sondern in den Premiumprodukten. Ein echter „E-Volkswagen“ fehlt bislang. Diese Strategie hat zur Folge, dass es sehr wenige konkurrenzfähige Klein- und Kompaktmodelle deutscher Hersteller zu günstigen Preisen gibt. So verlieren die Deutschen Marktanteile gegenüber den Chinesen, die es umgekehrt machen. Aus wirtschaftlicher Sicht war die Entscheidung der hiesiger Hersteller anfangs richtig, weil sie an Top-Modellen mehr verdienen. Inzwischen rächt sie sich, weil die Hersteller am Kunden vorbei entwickelt haben. 

6. Die Zulieferer schliefen lange und tief 

Wer bei Continental seine Karriere beginnt, kann nicht sicher sein, ob er nicht irgendwann Wärmepumpen baut. Oder Panzer. Der Autozulieferer schickt inzwischen Arbeitskräfte, von denen er wegen des Strukturwandels zur E-Mobilität zu viele hat, in ganz andere Bereiche und zu anderen Dienstherren. Wie konnte das passieren? Die Zulieferer haben den Strukturwandel lange nicht ernst genug genommen. Wir diskutieren nicht erst seit gestern über die Transformation in Richtung E-Mobilität. Kein Zulieferer kann behaupten, davon kalt erwischt worden zu sein.  

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