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Energie & Rohstoffe > E-Auto-Marktanalyse

Elektroauto-Boom ohne Privatkunden: Deutsche Hersteller kämpfen mit schwacher Nachfrage

Während die E-Auto-Zulassungen in Europa um 27 Prozent steigen, entfallen nur 30 Prozent auf Privatkäufer - deutsche Marken schneiden besonders schlecht ab.

Neuwagen ohne Abnehmer? In Deutschland nichts Ungewhnliches. Unverkaufte E-Autos stapeln sich auf Halden, während Privatkunden weiter zögern. Preis, Vertrauen und Alltagstauglichkeit bleiben die großen Hürden der Elektromobilität. (Foto: ki-generiert, MuM)

Die Erfolgsmeldungen zur Elektromobilität klingen vielversprechend: Immer mehr neue E-Autos rollten auf Europas Straßen – ein satter Zuwachs, der oberflächlich betrachtet nach Fortschritt riecht. Doch unter dieser glänzenden Oberfläche verbirgt sich eine Schieflage, die der Branche aktuell zu denken gibt. 

Denn wer genauer hinsieht, erkennt: Die private Nachfrage bleibt auffallend schwach. Weniger als jeder dritte dieser vollelektrischen Neuzugänge wurde von einem Privatkunden zugelassen. Der Rest stammt aus den Flotten der Unternehmen, Leasinggesellschaften und Behörden – ein Strohfeuer institutioneller Nachfrage, das wenig über die Überzeugungskraft der Fahrzeuge beim Endverbraucher aussagt.

Besonders auffällig ist der Rückstand der deutschen Traditionsmarken. Audi, BMW, Mercedes, Opel und Volkswagen – Namen, die einst als Taktgeber galten – bleiben beim Privatkundenanteil weit hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Der Abstand zur Käuferschaft wächst, die Begeisterung im privaten Segment bleibt aus.

Was sich hier abzeichnet, ist keine technologische Krise, sondern eine emotionale. Die Autos sind da, die Zahlen steigen, doch das Vertrauen fehlt – oder vielleicht einfach die Sehnsucht nach einem Stromer mit Seele.

Deutsche Hersteller mit dramatisch niedrigen Privatkundenanteilen

Die Kluft könnte größer kaum sein: Während der Audi Q5 mit klassischem Antrieb noch beinahe zur Hälfte in privaten Garagen landet, fristet sein elektrisches Pendant, der Q6 E-Tron, ein Schattendasein – zumindest, wenn es um Privatkunden geht. Nur etwa jeder zehnte Neuwagen dieses Modells wird außerhalb von Firmenflotten zugelassen.

Und Audi ist damit kein Einzelfall, sondern Symptom eines größeren Problems: Die Elektromobilität tut sich im Privatmarkt schwer – erschreckend schwer. Opel etwa verzeichnet europaweit den niedrigsten Anteil privater Käufer unter den Elektro-Neuzulassungen: Gerade einmal 16,9 Prozent. Selbst Mercedes, in dieser Disziplin unter den deutschen Herstellern noch am stärksten, kratzt gerade so an der 26-Prozent-Marke.

Besonders ernüchternd ist der Blick auf den deutschen Markt, wo der durchschnittliche Privatanteil bei E-Autos zwar bei rund 30 Prozent liegt – doch viele Hersteller liegen deutlich darunter. Volkswagen? Nur etwa 17 Prozent. Audi? Nicht einmal sieben Prozent im ersten Quartal – ein Rückschritt gegenüber dem Vorjahr, der auch intern für Stirnrunzeln sorgt. „Damit können wir nicht zufrieden sein“, gesteht ein ranghoher Audi-Manager mit bemerkenswerter Offenheit.

Das Bild ist klar: Während der Verbrenner im Privatmarkt weiterhin breite Zustimmung findet, bleibt der Stromer vielfach ein Firmenwagen – gefördert, geleast, verrechnet. Die Gründe sind vielfältig: Preis, Infrastruktur, Gewohnheit. Aber das Ergebnis ist eindeutig – und für die Hersteller mehr als nur ein Schönheitsfehler.

Firmenkunden und taktische Zulassungen als Rettungsanker

Um ihre Elektro-Auslieferungen zu steigern und die verschärften CO₂-Flottengrenzwerte der EU einzuhalten, setzen die deutschen Hersteller verstärkt auf Firmenkunden und taktische Zulassungen.

Bei Audi etwa stehen den in Deutschland im ersten Quartal etwa 600 privat zugelassenen Elektroautos circa 3.850 Flottenfahrzeuge gegenüber. Vom Volkswagen ID.7 gingen im ersten Quartal in Europa mehr als 16.000 der insgesamt 18.800 verkauften Einheiten auf gewerbliche Zulassungen zurück.

Zudem greifen die Hersteller in größerem Umfang zu taktischen Maßnahmen und lassen Fahrzeuge auf ihre Händler oder sich selbst zu. Bei Opel, Audi und Porsche war im ersten Quartal fast jedes zweite neue E-Auto in Deutschland auf ein Autohaus oder den Hersteller selbst zugelassen – so viel wie seit mindestens fünf Jahren nicht mehr. Bei BMW und VW betraf dies jede vierte Zulassung.

Einige Autobauer haben Bonusvereinbarungen mit Händlern geschlossen – wer seine Elektroquote erfüllt, erhält Prämien. Diese Maßnahmen dienen primär dazu, dass die Hersteller ihre CO₂-Vorgaben einhalten können.

Ausländische Wettbewerber mit höheren Privatkundenanteilen

Im Gegensatz zu den deutschen Herstellern gelingt es ausländischen Marken offenbar besser, Privatkunden vom Elektroautokauf zu überzeugen. Die Marken mit den höchsten Privatanteilen sind Tesla und Dacia.

Besonders bemerkenswert ist der Fall des Dacia Spring: Mit einem Basispreis von 17.000 Euro ist er derzeit der günstigste Elektro-Neuwagen in Deutschland – und erreicht einen Anteil privater Zulassungen von 76 Prozent im ersten Quartal.

Diese Zahlen unterstreichen, dass der Preis nach wie vor ein entscheidender Faktor für die private Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist. "Elektromobilität ist auch ein Preisthema", bestätigt Alexander Sauer-Wagner, Vorsitzender des Volkswagen- und Audi-Partnerverbands.

Der Podcast

Markt und Mittelstand ist Deutschlands größtes Magazin für Familienunternehmen und unser Podcast berichtet aus nächster Nähe für und über den Mittelstand.

Unser Ziel ist, (potenzielle) Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen auf Ideen zu bringen, wie sie ihr Unternehmen zukunftsfester machen können.

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