Energetische Sanierung von Mietwohnungen: Kosten und Nutzen für Vermieter und Mieter
Energetische Sanierungen im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Mieterschutz: Neue Wege der Kostenverteilung gesucht
Die Energiewende macht auch vor Deutschlands Mietwohnungen nicht Halt. Doch wer trägt die Kosten für die dringend benötigten energetischen Sanierungen? Diese Frage sorgt zunehmend für Zündstoff zwischen Mietern und Vermietern. Angesichts steigender Energiepreise und ambitionierter Klimaziele der Bundesregierung gewinnt das Thema an Brisanz. Es gilt, einen Interessenausgleich zu finden, der Klimaschutz ermöglicht, ohne Mieter finanziell zu überfordern.
Energiewende im Mietsektor: Umfrage zeigt Chancen und Herausforderungen
Der Gebäudesektor ist ein Schlüsselbereich für die Erreichung der Klimaschutzziele. Laut dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Wärmebedarf der Gebäudebestände bis 2020 um 20 Prozent reduziert werden. Bis 2050 wird sogar eine Minderung des Primärenergiebedarfs um 80 Prozent angestrebt. Diese ambitionierten Ziele stellen Vermieter und Mieter vor enorme Herausforderungen.
Energetische Sanierungen, wie die Verbesserung der Wärmedämmung oder der Einbau moderner Heizungssysteme, sind kostspielige Investitionen. Für Vermieter stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit: Wie können sie die hohen Kosten refinanzieren, ohne ihre Mieter zu überfordern? Auf der anderen Seite fürchten viele Mieter, durch die Modernisierungsmaßnahmen aus ihren Wohnungen verdrängt zu werden.
Eine aktuelle Umfrage von immowelt zeigt die Brisanz des Themas: 59 Prozent der Mieter, bei denen in den letzten 12 Monaten nicht saniert wurde, wünschen sich Maßnahmen vom Vermieter. Gleichzeitig war jeder zweite Mieter, bei dem energetisch saniert wurde, von einer Mieterhöhung betroffen. Dies verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach energieeffizienten Wohnungen und der Sorge vor steigenden Mieten.
Modernisierungsvereinbarungen: Der Schlüssel zur konfliktfreien Sanierung?
Um Konflikte zu vermeiden und Planungssicherheit für beide Seiten zu schaffen, gewinnen Modernisierungsvereinbarungen zunehmend an Bedeutung. Diese Vereinbarungen zwischen Mietern und Vermietern regeln im Vorfeld die geplanten Maßnahmen, deren Umfang, Zeitplan und die zu erwartende Mieterhöhung.
Der Deutsche Mieterbund hat eine Mustervereinbarung entwickelt, die als Leitfaden dient. Sie sieht unter anderem vor, dass der Vermieter die Arbeiten möglichst schonend und zügig durchführt, während der Mieter sich verpflichtet, die Durchführung nicht mutwillig zu behindern. Auch Regelungen zur Mietminderung während der Bauphase und zur Erstattung von Aufwendungen des Mieters sind enthalten.
Ein zentraler Punkt dieser Vereinbarungen ist die Begrenzung der Mieterhöhung.
Während das Gesetz eine Erhöhung um 11 Prozent der Modernisierungskosten pro Jahr erlaubt, schlägt die Mustervereinbarung eine Beschränkung auf 6 Prozent vor. Dies soll die finanzielle Belastung für Mieter abfedern und gleichzeitig Vermietern eine faire Rendite ermöglichen.
Kann ein Mieter energetische Sanierungen verhindern?
Im Regelfall muss der Mieter Modernisierungen dulden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Maßnahme für ihn oder seine Haushaltsangehörigen eine Härte bedeutet, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und der anderen Mieter im Haus nicht zu rechtfertigen ist.
Härtegründe können sein:
- die vorzunehmenden Arbeiten selbst
- die baulichen Folgen
- vorausgegangene Aufwendungen des Mieters
- die zu erwartende Mieterhöhung
Mieterhöhungen nach Sanierung: Zwischen Klimaschutz und Bezahlbarkeit
Die Frage der Mieterhöhung nach energetischen Sanierungen bleibt ein Knackpunkt. Laut der immowelt-Umfrage mussten 53,4 Prozent der Mieter nach einer Sanierung eine Mieterhöhung hinnehmen. Im Durchschnitt stieg die Miete um 10 Prozent. Dies kann für viele Haushalte eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
Allerdings profitieren Mieter auch von den Sanierungsmaßnahmen durch niedrigere Energiekosten. 88 Prozent der Mieter, die sich eine energetische Sanierung wünschen, nennen die Senkung der Energiekosten als Hauptgrund. Zudem steigt der Wohnkomfort, was für 66 Prozent ein wichtiger Aspekt ist.
Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden zwischen der Refinanzierung der Sanierungskosten für Vermieter und der finanziellen Belastbarkeit der Mieter. Hier kommen auch öffentliche Förderprogramme ins Spiel, die Anreize für Vermieter schaffen sollen, energetische Sanierungen durchzuführen, ohne die Kosten vollständig auf die Mieter umzulegen.
Wirtschaftlichkeit für Vermieter: Anreize und Hindernisse
Für Vermieter stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen. Die hohen Investitionskosten müssen sich langfristig amortisieren. Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: die Höhe der möglichen Mieterhöhung, die Inanspruchnahme von Fördermitteln und die langfristige Wertsteigerung der Immobilie.
Die Mustervereinbarung des Deutschen Mieterbundes sieht vor, dass Vermieter eine übersichtliche und nachvollziehbare Kostenaufstellung vorlegen müssen. Dies soll Transparenz schaffen und das Vertrauen zwischen den Parteien stärken. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, dass Vermieter die Inanspruchnahme von Fördermitteln nicht nachweisen müssen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die langfristige Vermietbarkeit der Immobilie. In Zeiten steigender Energiepreise und wachsenden Umweltbewusstseins werden energieeffiziente Wohnungen zunehmend nachgefragt. Vermieter, die frühzeitig in energetische Sanierungen investieren, können sich so einen Wettbewerbsvorteil auf dem Mietmarkt verschaffen.
Sind Vermieter zur energetischen Sanierung verpflichtet?
Die energetische Sanierung der Fenster oder Außenwände sind keine Pflicht. Wichtig beim Austausch alter Fenster: Die neuen Fenster und Dachfenster müssen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen (GEG 2024). Sie gelten sowohl bei Erneuerung kompletter Fenster als auch bei Erneuerung der Scheiben.
Unzureichend gedämmte Dächer oder alte Heizungen sind aufgrund des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für den Vermieter verpflichtend.
Seit dem 1. Januar 2024 gilt das Gebäudeenergiegesetz (GEG 2024). Für alle Sanierungsmaßnahmen, die danach begonnen wurden, ist das GEG (Gesetzestext) 2024 die Grundlage.
Fazit und Ausblick zur Wohungssanierung
Die energetische Sanierung des Wohnungsbestands ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein auf den Schultern von Mietern oder Vermietern lasten kann. Es gilt, einen Interessenausgleich zu finden, der Klimaschutz ermöglicht, ohne soziale Härten zu verursachen.
Modernisierungsvereinbarungen, wie sie der Deutsche Mieterbund vorschlägt, können ein Weg sein, um Konflikte zu vermeiden und Planungssicherheit für beide Seiten zu schaffen. Gleichzeitig sind Politik und Wirtschaft gefordert, Anreize und Förderprogramme zu schaffen, die energetische Sanierungen attraktiver machen.
Die Zukunft des Wohnungsmarkts wird maßgeblich davon abhängen, wie der Balanceakt zwischen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen gelingt. Innovative Finanzierungsmodelle, wie etwa die Kopplung von Mieterhöhungen an tatsächlich eingesparte Energiekosten, könnten neue Wege aufzeigen.