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Technologie > Energiebedarf

Energiehunger der KI: Stromverbrauch von Rechenzentren verdoppelt sich bis 2030

IEA prognostiziert Vervierfachung des Energiebedarfs für KI-Anwendungen. Energieversorger und Unternehmen stehen vor Herausforderungen bei Netzausbau und Effizienz.

Der KI-Boom treibt nicht nur die Aktienkurse in die Höhe – auch der Energieverbrauch von Rechenzentren explodiert. Die steigende Nachfrage nach Rechenleistung hat spürbare Auswirkungen auf Stromnetze und Umwelt. (Foto: BAS, KI-generiert)

Rechenzentren für Künstliche Intelligenz werden in den kommenden Jahren zu wahren Stromfressern: Laut einer aktuellen Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) wird sich ihr Energieverbrauch bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln. Bereits heute verschlingt ein einzelnes KI-Rechenzentrum so viel Strom wie 100.000 Haushalte – und das Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht. Einige der derzeit entstehenden Anlagen werden voraussichtlich den Strombedarf von bis zu zwei Millionen Haushalten erreichen. Diese dynamische Entwicklung bringt Energieversorger, Netzbetreiber und Unternehmen zunehmend unter Druck.

Prognosen der IEA: Exponentieller Anstieg des Energiebedarfs

Besonders drastisch fällt der Anstieg bei dezidierten KI-Rechenzentren aus - hier wird eine Vervierfachung des Energiebedarfs erwartet.

Patrick Vogel, Direktor für Nachhaltigkeit bei Salesforce, veranschaulicht die Dimension: "Ein kleines Rechenzentrum benötigt je nach Größe zwischen 20 und 100 Megawatt Dauerleistung - das entspricht dem Stromverbrauch einer Stadt mit 50.000 Einwohnern. Aber die großen Rechenzentren für KI sind mittlerweile im Gigawatt-Bereich."

Für die USA prognostiziert die IEA bis 2029 einen zusätzlichen Kapazitätsbedarf von 60 Gigawatt allein für Rechenzentren und KI-Anwendungen. Das entspricht in etwa der Leistung von 60 Atomkraftwerken.

Volle Leitung, leere Kasse: Europas Stromnetz vor dem Kollaps

Die bestehenden Stromnetze sind in den meisten Ländern nicht für eine solche Lastkonzentration ausgelegt.

"Ohne den Netzausbau als Investitionstreiber in der Energiewende geht es nicht", betont Patrick Vogel. "Bis 2030 sind in Europa 584 Milliarden Euro für das Übertragungsnetz nötig, weltweit bis 2040 rund 10 Billionen US-Dollar. Der Investitionsbedarf ist gewaltig."

Erschwerend kommt hinzu, dass Rechenzentren-Betreiber wie Meta oder OpenAI zunehmend auf "behind the meter"-Lösungen setzen - also eigene erneuerbare Energiequellen, die nicht ans öffentliche Netz angeschlossen sind. Das macht die Netzplanung für Versorger noch komplexer.

Chancen durch KI für Energieeffizienz und Netzoptimierung

"Die meisten Stromnetze sind für zentralisierte fossile Kraftwerke ausgelegt, die konstante Strommengen liefern", erläutert Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA. "Mit KI könnten diese Netze so umgestaltet werden, dass sie auch mit den schwankenden und manchmal unvorhersehbaren Strommengen aus Wind- und Solarkraftwerken umgehen können."

Auch bei der Identifizierung von Effizienzpotenzialen in Energiesystemen und industriellen Prozessen könnte KI helfen. Laut IEA werden derzeit viele Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung nicht genutzt, da es für Unternehmen oft einfacher ist, an verschwenderischen Praktiken festzuhalten.

Patrick Vogel von Salesforce sieht hier Chancen für spezialisierte Anbieter: "Bei den Projektentwicklern in den USA ist zum Beispiel Quanta Services gut positioniert. Im Bereich der Netzinfrastruktur profitieren Unternehmen wie Prysmian oder Nexans, die Unterseekabel herstellen, vom Ausbau der Offshore-Windparks."

Auch Technologiekonzerne wie Siemens Energy, ABB oder Schneider Electric könnten von Investitionen in intelligente Stromnetze profitieren. E.ON etwa investiert laut Vogel bereits 25 Prozent des Gesamtbudgets in Smart Grids.

Im Spiegel der Zeit

  • Schon die ersten Großrechner in den 1950er Jahren benötigten enorme Energiemengen für Betrieb und Kühlung. 
  • Mit der Verbreitung von PCs und Servern in den 1980er und 90er Jahren stieg der Energiebedarf weiter an.
  • Ein historischer Wendepunkt war das Aufkommen großer Rechenzentren für Internetdienste um die Jahrtausendwende. Unternehmen wie Google mussten erstmals in industriellem Maßstab Lösungen für energieeffiziente Rechenzentren entwickeln. Parallelen zur heutigen Situation zeigen sich in der Notwendigkeit von Innovationen bei Kühltechnologien und Energieeffizienz.
  • Die Finanzkrise 2008/2009 führte zu verstärkten Effizienzbestrebungen in der IT-Branche. Energiesparende Prozessoren und Virtualisierungstechnologien konnten den Anstieg des Stromverbrauchs zeitweise bremsen. Ähnliche Innovationsschübe sind auch für die KI-Ära zu erwarten.

Aus der Geschichte lässt sich für die heutige Situation lernen: Unternehmen sollten frühzeitig in Forschung und Entwicklung investieren. Politisch sind klare Rahmenbedingungen und Anreize für Nachhaltigkeit gefragt.

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