Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Energie & Rohstoffe > Globale Energieversorgung unter Druck

Energiekrise durch Nahostkonflikt? Gefahr einer Blockade der Straße von Hormus

Der Konflikt zwischen Israel und Iran gefährdet 20 Prozent der weltweiten Ölproduktion. Eine Blockade der Straße von Hormus könnte dramatische Folgen haben.

Landkarte Meeresenge - Straße von Hormus
(Foto: shutterstock)

Der Ölpreis reagiert sensibel auf die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten. Nach dem Angriff Israels auf den Iran stieg der Preis pro Barrel auf etwa 75 Dollar - noch innerhalb der normalen Schwankungsbreite, aber mit Potenzial für sprunghafte Anstiege bei einer Eskalation des Konflikts.

Straße von Hormus: Nadelöhr der globalen Ölversorgung

Die Straße von Hormus, eine schmale Meerenge zwischen Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten, spielt eine Schlüsselrolle in der aktuellen Krise. Durch sie werden täglich etwa 20 Prozent des weltweit gehandelten Öls und Flüssiggases transportiert. Eine Blockade dieser Route würde den globalen Ölmarkt empfindlich treffen.

Klaus-Jürgen Gern, Rohstoffexperte des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, erklärt: "Schon der Wegfall weniger Prozent Öl auf dem Weltmarkt kann sehr preisbewegend sein." Eine kurzfristige Sperrung von einigen Tagen würde die Preise vorübergehend nach oben treiben, hätte aber keine langfristigen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Anders sähe es bei einer dauerhaften Blockade aus: "Das wäre dramatisch", so Gern.

Szenarien und Auswirkungen einer Blockade

Bei einer längerfristigen Sperrung der Straße von Hormus rechnen Experten mit Ölpreisen weit über 150 Dollar pro Barrel. Dies würde die globale Inflation anheizen und könnte zu Produktionseinschränkungen in ölintensiven Industrien führen. Im Extremfall wären sogar staatliche Ölrationierungen denkbar.

Allerdings gibt es Faktoren, die gegen eine dauerhafte Blockade sprechen. Der Iran selbst ist auf die Straße von Hormus für eigene Ex- und Importe angewiesen. Zudem würde China als Hauptabnehmer iranischen Öls einen Lieferausfall kaum hinnehmen.

Folgen für Wirtschaft und Verbraucher

Steigende Ölpreise hätten direkte Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen in Deutschland. Benzin und Heizöl würden sich verteuern, was besonders die 17 Prozent der deutschen Haushalte mit Ölheizungen treffen würde. Für die deutsche Wirtschaft wären stark steigende Energiekosten ein herber Rückschlag. Die Energieimporte Deutschlands beliefen sich 2023 auf 83 Milliarden Euro, wovon 49 Milliarden auf Öl entfielen. Diese Zahlen unterstreichen die anhaltende Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von fossilen Brennstoffen.

Energiewende als langfristige Lösung

Philipp Godron, Programmleiter Strom beim Thinktank Agora Energiewende, sieht in der aktuellen Situation auch eine Chance: "Die Abkehr vom Öl leistet einen wichtigen Beitrag zur Resilienz der deutschen Wirtschaft." Der Ausbau erneuerbarer Energien könne langfristig dazu beitragen, die Energiepreise zu senken und die Abhängigkeit von geopolitisch instabilen Regionen zu reduzieren.

Allerdings betont Godron, dass es dafür einen klaren politischen Rahmen brauche: "Es braucht einen politischen Rahmen, der darauf abzielt, den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiv zu machen." Kurzfristige Preisanstiege allein reichten nicht aus, um einen nachhaltigen Wandel zu bewirken.

Historische Einordnung

Die aktuelle Situation im Nahen Osten weckt Erinnerungen an vergangene Ölkrisen:

  • Die Ölkrise 1973, ausgelöst durch den Jom-Kippur-Krieg, führte zu einer gezielten Drosselung der Ölförderung durch arabische Staaten, um politischen Druck auf westliche Länder auszuüben. Die Folge waren drastische Preissteigerungen und schwere wirtschaftliche Verwerfungen in den Industrieländern.
  • Die Krise 1979/80, bedingt durch die Islamische Revolution im Iran und den anschließenden Ersten Golfkrieg, hatte ähnlich gravierende Auswirkungen.
  • Auch der Zweite Golfkrieg 1990 und der Irakkrieg 2005 führten zu vorübergehenden Preisspitzen auf dem Ölmarkt.

Als Reaktion auf diese Krisen haben viele Länder strategische Ölreserven aufgebaut und ihre Energiepolitik überdacht. Deutschland beispielsweise forcierte den Ausbau der Atomkraft, während Dänemark auf eine umfassende Wärmeplanung und den Ausbau erneuerbarer Energien setzte. Die Lehren aus diesen historischen Ereignissen sind vielfältig: 1. Die Notwendigkeit einer diversifizierten Energieversorgung zur Reduzierung von Abhängigkeiten, 2. Die Bedeutung strategischer Reserven zur Abfederung kurzfristiger Krisen, 3. Die langfristigen wirtschaftlichen Vorteile einer nachhaltigen Energiepolitik

Fazit

Die aktuelle Krise im Nahen Osten verdeutlicht die Fragilität der globalen Ölversorgung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken. Während kurzfristige Preisanstiege verkraftbar erscheinen, könnte eine längerfristige Blockade der Straße von Hormus schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Langfristig bietet die Situation Anreize für eine beschleunigte Energiewende, die nicht nur klimapolitische, sondern auch wirtschaftsstrategische Vorteile verspricht. Unternehmen und Politik sind gefordert, diese Transformation aktiv zu gestalten, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und geopolitischen Risiken zu reduzieren.

Ähnliche Artikel