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Technologie > Digitale Hausmeister

Digitalisierung verbessert das Facility-Management

Mittelständler verlieren oft den Überblick über ihre Gewerbeimmobilien. Auch digitale Helfer schaffen mehr Durchblick für Planer, betreiber und Verwalter – und entwickeln sich rapide weiter.

Viele mittelständische Unternehmer tun sich schwer, ihre Gewerbeimmobilien einem Dienstleister zur Verwaltung zu überlassen. „Bei Betriebsthemen vertrauen viele Unternehmen noch immer auf Eigenleistung oder nur auf die kleinteilige Vergabe von Einzelleistungen“, sagt Bernd Fisel, Senior Projektpartner bei Dress & Sommer. „Einer Komplett- oder Paketvergabe oder sogar einer überregionalen Vergabe stehen sie oft noch recht skeptisch gegenüber.“

Das heißt: Selbst wenn Unternehmen zu einer Vergabe an einen Dienstleister bereit sind, heißt das noch lange nicht, dass dieser dann auch sämtliche Objekte des Auftraggebers, etwa auch im europäischen Ausland, übernehmen kann. Denn den Unternehmen ist an einer regionalen Verwaltung gelegen. Das ist ein Ergebnis der „360°-Facility-Management-Studie 2016“ von Drees & Sommer.

Welche dieser Leistungen erbringen Sie mit Unterstützung durch Fremddienstleister? (in % der Auftraggeber)

Quelle: Drees & Sommer

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„Der Trend zu größeren Vergabeeinheiten, beispielsweise via Total-Facility-Management, überregionaler oder gar internationaler Vergaben, hat sich bislang lediglich bei einigen großen Unternehmen etabliert“, sagt Fisel. Dabei wurde die deutsche Vergabepraxis in den vergangenen Jahren verschlankt. Dank einer standardisierten Abfrage verschiedener Bewertungskriterien („Request for Information“) ist es nach Aussage der Stuttgarter Experten nun möglich, den Kreis der Anbieter schnell auf zwei Kandidaten einzugrenzen. Mit diesen werden dann die weiteren Gespräche bis zur Entscheidung geführt. „Im kleinen Kreis verhandeln die Beteiligten dann auf Augenhöhe“, sagt der FM-Experte. „So wird nicht in einem breiten Bieterkreis der günstigste Bieter gekürt.“

In der Tat zeigt die Studie, dass bei den Auftraggebern keineswegs die bloße Einsparung von Kosten an erster Stelle steht. Diese verbinden zwar drei von vier Auftraggebern mit dem Outsourcing des Facility-Managements (FM). Deutlich häufiger – nämlich von 89 Prozent der Befragten – wurde in der Studie allerdings die „Erhöhung der Flexibilität bezüglich Personalressourcen und Kosten“ genannt, ebenso wie die Möglichkeit zur Konzentration auf das Kerngeschäft. Auf der anderen Seite denken 81 Prozent der Befragten bei Facility-Management an eine höhere Abhängigkeit vom Dienstleister, drei Viertel von ihnen zudem an Probleme und Risiken beim Dienstleisterwechsel.

Welche Themen verbinden Sie mit dem Stichwort „Outsourcing“? (in % der Auftraggeber bzw. Auftragnehmer)

Quelle: Drees & Sommer

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Außerdem lassen sich laut Hell über eine Analyse des eigenen Gebäudenutzungsbedarfs nicht nur Energie, sondern auch Mietkosten sparen, beispielsweise, „indem man ein intelligentes Arbeitsplatzmanagement in das Unternehmen integriert“.

Gerade solch spezielle Aufträge werden von den Unternehmen vermehrt an externe Experten vergeben. Das wiederum wirkt sich auf den Markt aus. Die nationale Entwicklung der Branche zeigt sich glanzvoll. Thomas Ball, Senior Consultant bei Lünendonk und Autor der anbieterbezogenen Studie „Facility-Service-Unternehmen in Deutschland“, fasst es erfreut zusammen: „Die externe Vergabe und das Outsourcing sorgten für einen Anstieg der gesamten externen Facility-Services-Leistungen.“ Der deutsche Markt für externe Facility-Services ist laut der Studie 2016 um 4,1 Prozent auf 52,6 Milliarden Euro gewachsen.

Digitaler Warteraum

Größere Veränderungen erwarten Anbieter und Anwender auch bei der technischen Entwicklung. Vor allem die Digitalisierung soll mehr Transparenz in die Gebäudeverwaltung bringen.
Wie stark das Facility-Management hier bereits in Bewegung ist, beschreibt Ralf Stefan Golinski vom Verband für die Digitalisierung im Immobilienbetrieb, CAFM Ring: „Es sind noch keine zwei Jahre vergangen, da diskutierten die an der Immobilienwirtschaft beteiligten Branchen darüber, ob die Methoden und der potentielle Nutzen von Building-Information-Modeling (BIM) überhaupt im deutschsprachigen Markt angekommen und realistisch seien.“

Dabei geht es um eine Software, die die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Bauwerken ermöglicht. Zu diesem Zweck werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Daraus entsteht ein Computermodell, das sich digital visualisieren lässt. BIM wird eingesetzt von Architekten, Ingenieuren, auch in der Haustechnik, im Tief-, Städte-, Eisenbahn-, Straßen- und Wasserbau sowie in der Geotechnik und im FM. Doch mittlerweile bestünden „kaum noch Zweifel, dass BIM auch in der Praxis des Planens, Bauens und Betreibens angekommen ist“, wie Golinski feststellt.

Standardisierte Daten

Im reinen Gebäudebetrieb stehe dabei weniger der Einsatz von 3-D-Modellen im Vordergrund, als vielmehr der digitale Austausch von und der Zugriff auf standardisierte Daten, sagt Golinski. „Um das mit BIM und einem absprachelosen und stabilien, technischen Anlagen und Dokumenten einhergehende Nutzenpotential besser zu erschließen, arbeitet eine Reihe von Verbänden an der Harmonisierung ihrer Initiativen für BIM im Gebäudebetrieb.“ Erste Ergebnisse lägen bereits vor. Dennis Diekmann, Leiter des Arbeitskreises Implementierung beim CAFM Ring, sagt: „Den einen Standard für alle Beteiligten wird es allerdings in absehbarer Zeit kaum geben.“ Entscheidend sei ohnehin eher, dass Auftraggeber und Auftragnehmer Unsicherheiten und Missverständnisse beim Austausch digitaler Daten so gut wie möglich ausschließen können.

Dazu stellen die beteiligten Verbände sogenannte BIM-Profile zur Verfügung. Das sind Standardausschnitte für Teilprozesse auf Basis des anerkannten Standards IFC. Einzelne Anwendungsfälle wurden etwa im Gesundheitssektor und für FM-Dienstleister im Bereich Wartung/Instandhaltung, Verkehrssicherungspflichten und Reinigung gestartet. Weitere Anwendungsbereiche werden sich künftig für das FM-gerechte Bauen ergeben. Dann sollen Bauherren oder Eigentümer beispielsweise eine höhere Vertragssicherheit bei der Übergabe oder Übernahme von Immobilen oder dem Einhalten von Betreiberpflichten erhalten.

Aus Fehlern lernen

Ein weiterer Anwendungsbereich für BIM ist Predictive Maintenance, also die vorausschauende Inspektion, Wartung und Instandsetzung technischer Anlagen im Gebäudebetrieb. Damit soll die Instandhaltung vom Kosten- zum Wertetreiber werden. Eine besondere Rolle spielt dabei die Live-Überwachung von Temperatur, Druck, Vibration oder Verbrauchszählern. Die Daten darüber stammen von Sensoren, Fernwartungs- und Diagnosesystemen aus vernetzten Anlagen. Die Analyse der Datenströme verbessert sich dabei im laufenden Betrieb. „Lernende Algorithmen treffen immer präzisere Vorhersagen“, sagt Christian Kaiser, Director Projectmanagement bei Archibus Solution Centers Germany, einem Hersteller von Software für Computer-aided Facility-Management (CAFM). „Sie führen zu einem frühzeitigen Erkennen von Unregelmäßigkeiten.“

Als nächste Stufe erwartet Christian Ehl, Chef des Beratungsunternehmens Hillert und Co., gar „eine Datenrevolution“ – auch wenn es noch Hindernisse gebe. Mit BIM habe sich das Bewusstsein bei den unterschiedlichen am Gebäude beteiligten Verantwortlichen verändert, sagt Ehl. So beschäftige sich die Branche zwar mit dem Thema Daten, aber aufgrund fehlenden Know-hows im Umgang mit großen Datenmengen oder der Sorge vor erhöhtem Arbeitsaufwand „verschiebt sich die Datenrevolution in der Baubranche“. Abhilfe erhofft er sich von Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI). Mit diesen Methoden „auf Basis von optimierten neuronalen Netzwerken ist man in der Lage, Bauteile und Fortschritte zu erkennen, Fehler im Modell aufzuspüren, Abläufe zu verbessern“.

Digitale Zukunft

Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis hier speziell auf die Gebäude zugeschnittene KI-Systeme zur Verfügung stünden. Dann sei das sich selbst optimierende Gebäude keine Vision mehr. Nach Meinung von Ehl gibt es schon bald „Gebäude, die sich selbst planen, bauen und verwalten“. Zumindest die Weichen sind für solche Konzepte sind bereits gestellt. Steffen Szeidl, Vorstand von Drees und Sommer, verweist auf das Amsterdamer „The Edge“ oder den in Berlin geplanten „Cube“, der nach seiner Fertigstellung im Herbst 2019 zum intelligentesten Gebäude Europas entwickelt werden soll.

Bei diesen Smart-Commercial-Buildings spielen die Daten von Planung, Gebäude und Nutzer zusammen. Sind Arbeitsplätze oder Räume nicht fest vergeben, zeigt eine App beispielsweise beim Betreten des Gebäudes die Vakanzen. Steigt der CO2-Gehalt der Luft eines gut besuchten Konferenzraumes, läuft die Lüftung stärker. Zudem macht ein Tracking die zurückgelegten Wege von Personen in den Gebäuden deutlich. Beispielsweise muss ein Reinigungsteam nicht in einem ungenutzten Büro saubermachen.

Vorteile für den Auftraggeber zeigen sich beim Überprüfen der Kosten in der Gebäudeverwaltung im laufenden Betrieb, wie Christian Hell, Senior Manager Sustainability-Services bei KPMG, feststellt. „Für das Facility-Management ergeben sich Einsparpotentiale“, sagt der Experte. So könnten Gebäude saniert werden, um einen guten energetischen Stand zu erreichen, der keine Energie mehr verschwende. Wer die eigenen Verbräuche kenne, könne Einsparpotentiale mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis identifizieren und rentabel nutzen. Zudem spare eine bedarfsorientierte Steuerung der Haustechnik, die effizient heizt oder kühlt, erhebliche Mengen an Energie. 

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Doch gehe es nicht um Einzellösungen, sondern um das technische Zusammenspiel, wie Szeidl betont, „das große Ganze“. Solche Prozesse erfordern nach Auffassung von Szeidl anpassungsfähige IT-Systeme, um auch für künftige Entwicklungen gewappnet zu sein. So müssen zwar „unterschiedliche Zugangskontrollen und voneinander unabhängige Sensoriksysteme“ in vernetzten IT-Systemen zusammengeführt werden, zugleich dürfe das „weltweit bislang beste IT-Programm, das menschliche Denken“, nicht vernachlässigt werden. Das hat seinen Grund. Denn „jedes Gebäude kann nur dann smart funktionieren, wenn es auf sauber aufgesetzten und fundierten Prozessen des Planens, Bauens und Betreibens beruht. Denn was schon analog nicht funktioniert, wird digital ebenfalls scheitern“, sagt Szeidl.

Dies gelte vor allem für die als Allheilmittel gepriesene digitale Planungsmethode BIM. Sie könne nicht nur mit der passenden Software funktionieren, sondern müssen als neue Form der Zusammenarbeit verstanden werden. „Eine Digitalisierungsstrategie bei Start eines smarten Bauvorhabens ist unerlässlich, aber eben nur so gut, wie die Köpfe, die sie entwerfen.


Der Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 12/2017 – 01/2018. Hier können Sie das aktuelle Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

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