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Technologie > Absatzrückgang belastet Autokonzerne

Selters-Stimmung bei den Autobauern

Deutsche Autobauer kämpfen mit Gewinneinbrüchen und rückläufigen Absätzen, besonders in China. Hohe E-Mobilitätskosten und schwache Nachfrage drücken die Margen.

(Foto: KI-generiert, shutterstock)

Die deutschen Autobauer haben sich im ersten Halbjahr schlechter entwickelt als die weltweite Konkurrenz. Vor allem die Gewinne sind eingebrochen: Mit einem Minus von 18 Prozent haben sie deutlich weniger verdient als die Branche. Im Schnitt gingen die Erträge der 16 größten Autokonzerne um acht Prozent zurück. Dabei wurden zwei Prozent weniger Fahrzeuge verkauft. Die Tendenz ist wieder fallend. Im zweiten Quartal betrug der Rückgang bereits 3,3 Prozent. Das geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft EY hervor.

Vor allem der größte Absatzmarkt China bereitet Sorgen: Während in Europa ein Absatzwachstum von 2,9 Prozent erreicht wurde und in den USA von 0,8 Prozent, brach der Absatz der Unternehmen in China um 11,2 Prozent ein.  „Die Party in der Autoindustrie ist vorüber,“ stellt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West, fest. „Hohe Investitionen in die Elektromobilität, in eigene Software-Fähigkeiten und Rabattaktionen belasten die Profitabilität, gleichzeitig führt eine schwache Nachfrage zu niedrigen Stückzahlen und schwach ausgelasteten Fabriken. Das alles drückt auf die Marge.“

Trotz des Gewinneinbruchs stehen Mercedes und BMW noch vergleichsweise gut da. Sie belegen hinter Kia immer noch die Plätze zwei und drei unter den Topverdienern der Branche. Die beiden deutschen Premiummarken erreichten immer noch Margen von knapp elf Prozent. Bei der koreanischen Marke bleibt mit 13,8 Prozent hingegen am unter dem Strich am meisten übrig. Besonders heftig unter die Räder gekommen sind Stellantis und Tesla. Mit 7,8 Prozent brach die Marge der Franzosen um 44 Prozent ein. Der amerikanische E-Mobilbauer verdiente nur noch 5,9 Prozent nach 10,5 Prozent im Vorjahr. In Europa ist BMW inzwischen beim Absatz von E-Fahrzeugen zu Tesla aufgerückt und macht dessen Spitzenposition streitig.

 

Doch nicht in allen Konzernen herrscht Trauerstimmung. Die japanischen Autobauer profitieren derzeit massiv vom schwachen Yen. Trotz eines leichten Absatzrückgangs (um 0,3 Prozent) konnten sie den Umsatz um 14 Prozent und den Gewinn sogar um 37 Prozent steigern. „Das auf Währungseffekten beruhende Gewinnwachstum bei den japanischen Herstellern beschönigt die in Wahrheit sehr viel schlechtere Gewinnsituation der Autoindustrie", ordnet der EY-Experte die tatsächliche Entwicklung der Branche ein.

„Die Konjunktur schwächelt, die Kaufbereitschaft bei gewerblichen wie privaten Kunden ist niedrig. Massive geopolitische Spannungen und kriegerische Auseinandersetzungen sorgen für zusätzliche Verunsicherung“, stellt Gall fest. Hinzu komme die schwache Absatzentwicklung bei Elektroautos.

In Europa gingen die Verkäufe von E-Fahrzeugen beispielsweise um 6,7 Prozent zurück, da sich der Markt in diesem Jahr aufgrund von Kürzungen der Förderungen für Elektroautos, vor allem in Deutschland, weiter abschwächt. Auch die Preise sind nicht einladend: Nach einer Studie des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer kostet ein Elektroauto im Durchschnitt 21 Prozent mehr als ein vergleichbarer Verbrenner. Zudem würden geringere Rabatte gewährt.

Besonders krass sind die Unterschiede bei Opel: Der Corsa kostet der Studie zufolge in der elektrischen Version mit 13.633 Euro sogar 79 Prozent mehr als der Verbrenner. Für den vollelektrischen Mokka müssen die Käufer mit 9.411 Euro immer noch 35 Prozent mehr bezahlen. Auch bei Peugeot, Nissan und chinesischen Autobauern gibt es deutliche Unterschiede. Der MG ZS in der Elektroversion kostet laut Dudenhöffer 12.843 Euro oder 75 Prozent mehr als der Verbrenner. Der chinesische Autokonzern habe die EU-Strafzölle offensichtlich schon eingepreist.

EY-Experte Gall verbindet die Probleme der Branche mit der unsicheren Zukunft des Verbrenners. Hinzu kämen hausgemachte Probleme wie verzögerte Produktanläufe oder teure Software-Fehlschläge. "In dieser Gemengelage stehen die Hersteller vor schwierigen Investitionsentscheidungen: Sollen sie weiterhin erhebliche Summen in die Entwicklung neuer Elektrofahrzeuge stecken oder sich auf Verbrenner-Modelle konzentrieren, die momentan deutlich stärker nachgefragt werden?“ Angesichts der negativen Gewinnentwicklung prognostiziert Gall, dass die Autokonzerne versuchen werden, die Kosten zu drücken. „Die Hersteller haben nur begrenzten Einfluss auf die unbeständigen regulatorischen Bedingungen. Daher ist es umso entscheidender, dass sie ihre internen Strukturen optimieren, Kosteneinsparungen vornehmen und gleichzeitig sehr zielgerichtet da investieren, wo es ihnen hilft, den eigenen Markenkern und das eigenen Leistungsversprechen herauszustellen."

 

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