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Technologie > E-Mobilität im Mittelstand

Kaufprämie für Elektroautos: Gebremste Erwartungen

Die Kaufprämie für E-Mobilität soll den Umstieg auf alternative Antriebe erleichtern. Davon profitieren auch Mittelständler wie Leichtbauspezialisten, Akku-Hersteller und Installateure von Ladestationen. Doch bisher gibt es nur ein paar hundert Anträge.

Man sollte also meinen, dass bei  Mittelständlern die Sektkorken knallten, als die Bundesregierung im April eine Kaufprämie für Elektroautos beschloss, doch das war nicht der Fall. Mittelständische Unternehmen sind derzeit noch sehr verhalten, was die niedrige Zahl der eingegangen Anträge zeigt.
Bis zum Jahr 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren. Seit Mitte Mai bekommt deshalb jeder, der ein Elektroauto erwirbt, einen Zuschuss von 4.000 Euro. Bei Hybridfahrzeugen sind es immerhin 3.000 Euro. Die Anträge für die E-Auto-Prämie können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden.

Ähnlich wie bei der Abwrackprämie im Jahr 2009 wird die Förderung gezahlt, solange Geld im Topf ist. Insgesamt stehen 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Von rund 45 Millionen zugelassenen Pkw haben bisher weniger als 160.000 einen Elektromotor, davon sind noch nicht einmal 30.000 rein elektrisch betrieben, die meisten sind Hybridfahrzeuge mit Verbrennungsmotor plus Stromaggregat.

Welche Mittelständler profitieren

„Die steigende Nachfrage“, hofft Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, „wird
wichtige und notwendige Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität auslösen.“ Damit sind nicht zuletzt Zulieferer wie Mennekes gemeint.

In Kirchhundem im südlichen Sauerland hatte man das Thema Elektroautos schon vor zehn Jahren im Blick. Für das im Jahr 1935 gegründete Familienunternehmen Mennekes, das heute Steckvorrichtungen und Steckdosenverteiler herstellt, war das naheliegend: „Es wurde ein Stecker gesucht, um Elektroautos zu laden“, erinnert sich Alfred Vrieling, Leiter des Geschäftsbereichs E-Mobility bei dem Mittelständler. Also entwickelte Mennekes einen. Weil die Sauerländer so früh dran waren, gilt der Mennekes-Stecker heute als Standard-Adapter für Stromfahrzeuge in Europa. Seit dem Jahr 2013 ist die Technik sogar die Norm in der Europäischen Union. Mennekes baut zudem sogenannte Inlets für Automobilhersteller, also die Buchsen, die bei Autos wie VW E-Golf, Passat GTE sowie den Elektrofahrzeugen von Volvo den Tankdeckel
ersetzen. 20 Prozent des Firmenumsatzes stammen bereits aus dem Geschäftsfeld E-Mobilität.

Und tatsächlich ist die Unternehmensführung erfreut über die Berliner Entscheidung: „Die Förderung wird die Batterieproduktion in Deutschland beschleunigen und dadurch zukünftig die Fahrzeugpreise reduzieren“, hofft E-Mobility-Manager Vrieling. „Durch die Förderung werden mehr Ladestationen benötigt. Und unser Unternehmen hat seine Hausaufgaben gut gemacht, um sich hierdurch weiterentwickeln zu können.“

Skepsis gegenüber E-Kaufprämie

Einige Experten sehen die Kaufprämie indes skeptisch, etwa beim ADAC. Der Grund: Sie
könne die Preisdifferenz zwischen einem E-Auto und einem Wagen mit klassischem Verbrennungsmotor nicht komplett ausgleichen, schrieb der Automobilclub im Januar in einem Positionspapier.

Elektrofahrzeuge sind im Schnitt immer noch rund 40 Prozent teurer als ein vergleichbarer Verbrenner. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität WHU rechnet immerhin mit einer Steigerung der Nachfrage nach Elektroautos um bis zu 50.000 Einheiten pro Jahr. Das wären gut 1,5 Prozent der jährlichen Neuzulassungen. „Die Kaufprämie könnte jetzt eine gewisse Dynamik bewirken“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Centers of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. „Die Frage ist, ob der Effekt nachhaltig ist.“ Denn selbst mit dem Zuschuss geht die Rechnung für die meisten Autokäufer noch nicht auf. Elektrofahrzeuge schaffen mit einer Batterieladung nach wie vor nur effektive Reichweiten von 100 bis 160 Kilometer, und es gibt zu wenig Ladestationen, gerade in den Städten. Deshalb, sagt Bratzel, würden E-Autos bis auf weiteres Zweit- oder Drittwagen bleiben.

Anschubfinanzierung nutzen

Dennoch können mittelständische Zulieferer von der Anschubfinanzierung profitieren. Insbesondere im Bereich Steuerungselektronik, bei Leichtbaukomponenten, Ladeinfrastruktur und Zubehör gebe es Chancen, sagt Willi Diez, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen. Diez hat kürzlich die Marktchancen von Automobilzulieferern untersucht und sich dabei auch mit dem Thema Elektromobilität beschäftigt. Die Kaufprämie, sagt der Wissenschaftler, sei ein „gut gemeintes Signal“. Sie zeige, dass Politik und Hersteller das Thema ernst nehmen. Allerdings gibt es Einschränkungen.

 

Mehr Artikel zum Thema Nutzfahrzeuge finden Sie auf unserer Themenseite.

„Die Elektromobilität wird erst ab dem Jahr 2020 stark wachsen“, glaubt Diez. Und: Bei Elektroautos sei der Anteil der Wertschöpfung, den Autohersteller an Zulieferer vergeben, niedriger als bei herkömmlichen Wagen. Das Herzstück eines E-Fahrzeugs, die Batterie, kommt vorwiegend von asiatischen Konzernen. In jedem Fall können Zulieferer die wachsende Aufmerksamkeit und die Nachfrageimpulse durch die Kaufprämie nutzen, um sich noch besser auf die neuen Märkte einzustellen.

Geschäftsfelder neu denken

So wie der Mittelständler Eberspächer aus Esslingen. Als Spezialist für Abgasreinigung und Auspufftechnik hat das Unternehmen in der Elektromobilität kaum eine Zukunft, mit seinen anderen Geschäftsfeldern aber durchaus: Denn Eberspächer baut auch Standheizungen und Elektronikkomponenten. Das Tochterunternehmen Catem hat im Jahr 2010 die erste elektrische Hochvoltheizung für E-Autos entwickelt. Stromer produzieren schließlich keine Motorabwärme, die man zum Heizen nutzen könnte. Eberspächer-Heizungen sind heute in vielen Elektrofahrzeugen eingebaut, etwa im Nissan Leaf, Chevrolet Volt, Opel Ampera, VW E-Golf und E-Up. Das Unternehmen liefert zudem Elektronik zur Steuerung elektrischer Heizungen oder um die beim Bremsen zurückgewonnene Energie zwischenzuspeichern. Dass jetzt dank der Kaufprämie mit einem Mal ein Run auf Elektroautos einsetzt, glaubt man auch bei Eberspächer nicht. „Der Verbrennungsmotor wird noch lange das Straßenbild beherrschen“, sagt Heinrich Baumann, geschäftsführender Gesellschafter des Mittelständlers. Er setzt deshalb nicht nur auf Heizungen und Elektronik für E-Autos, sondern gleichzeitig auf die „konsequente Optimierung des Verbrennungsmotors“.


Projekt E-Auto-Kaufprämie

Wer profitiert: Hersteller preisgünstiger Elektrofahrzeuge mit einem Netto-Listenpreis
unter 60.000 Euro (teurere Autos werden nicht gefördert) sowie deren
Zulieferer. Die meisten Elektroautos in diesem Preissegment kommen von Renault,
Smart, Volkswagen, BMW und Nissan. Die Autos der US-amerikanischen Firma
Tesla gehören ebenfalls zu den beliebtesten Elektrofahrzeugen hierzulande, sind
aber durchweg teurer. Auch der Ausbau von Ladestationen dürfte Fahrt aufnehmen.

Marktvolumen: Die WHU prognostiziert durch die Kaufprämie eine Steigerung der
Zulassungen von E-Autos um maximal 50.000 Fahrzeuge pro Jahr. Da die Förderung
im Jahr 2019 ausläuft, kommen somit bestenfalls 150.000 zusätzliche Elektrofahrzeuge
auf die Straßen. Unterstellt man einen durchschnittlichen Fahrzeugpreis
von 22.000 Euro, ergibt sich ein Marktvolumen von 3,3 Milliarden Euro.

Mittelstandsanteil: Der Anteil an der Wertschöpfung von E-Autos ist für Zulieferer
tendenziell geringer als bei Verbrennern. Allein die Batterie macht mindestens ein
Drittel der Gesamtkosten aus, und bei dieser Technik sind kleine deutsche Zulieferer
außen vor. Chancen gibt es im Bereich Leichtbau, bei der Lade- und Steuerungselektronik
sowie bei Zubehörteilen wie Heizung und Lüftung.

Herausforderungen: Automobilzulieferer müssen aufpassen, nicht von Unternehmen
aus anderen Branchen verdrängt zu werden, wie bei Akkus geschehen.

Quelle: Markt und Mittelstand

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