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Energie & Rohstoffe > Klimatechnik für Privathaushalte

Klimaanlagen-Boom im Home-Office: Kosten und Folgen für Wirtschaft und Umwelt

Der Anteil deutscher Haushalte mit Klimaanlage stieg binnen eines Jahres um 50 Prozent. Experten warnen vor steigenden Energiekosten und negativen Umweltauswirkungen.

Installation einer Klimaanlage in einem Altbau: Besonders in urbanen, schlecht gedämmten Gebäuden steigt die Nachfrage. (Foto: Shutterstock)

Die Hitzewellen der letzten Jahre haben in Deutschland einen regelrechten Boom bei Klimaanlagen ausgelöst. Laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox stieg der Anteil der Haushalte mit Klimaanlage innerhalb eines Jahres von 13 auf 19 Prozent – ein Wachstum von fast 50 Prozent. Besonders Städter und Menschen im Home-Office treiben die Nachfrage an. Doch der Wunsch nach Abkühlung hat seinen Preis – sowohl finanziell als auch ökologisch.

Technologien im Vergleich: Split-Systeme vs. mobile Geräte

Wer sich eine Klimaanlage zulegen möchte, hat im Wesentlichen die Wahl zwischen zwei Systemen:

  • fest installierte Split-Geräten
  • mobile Monoblock-Anlagen

Split-Systeme bestehen aus einer Innen- und Außeneinheit und gelten als effizienter. Sie kühlen schneller und verbrauchen weniger Strom. Laut Stiftung Warentest braucht ein Split-Gerät nur fünf Minuten, um einen kleinen Raum von 30 auf 24 Grad zu kühlen.

Mobile Monoblock-Anlagen sind dagegen einfacher zu installieren, da sie lediglich an die Steckdose angeschlossen werden müssen. Allerdings benötigen sie 30 bis 45 Minuten für die gleiche Kühlleistung und sind deutlich lauter im Betrieb. Zudem strömt durch den Abluftschlauch im Fenster ständig warme Luft nach, was den Kühleffekt schmälert.

Rechtliche Hürden für Mieter und Eigentümer

Während mobile Geräte problemlos in Mietwohnungen genutzt werden können, stellt die Installation von Split-Systemen Mieter vor rechtliche Herausforderungen. "Ich kann meinen Vermieter nicht zwingen, so ein Gerät zu installieren", erklärt Andrea Groß von der ARD-Verbraucherredaktion. Oft ist die Genehmigung des Vermieters oder sogar der gesamten Eigentümergemeinschaft erforderlich – eine nicht zu unterschätzende Hürde.

Kostenanalyse: Anschaffung und laufende Stromkosten

Die Anschaffungskosten für Klimaanlagen variieren stark: Split-Geräte kosten inklusive Montage zwischen 1.000 und 2.000 Euro, Premium-Modelle noch mehr. Mobile Anlagen sind mit Preisen ab 200 Euro deutlich günstiger in der Anschaffung.

Doch die wahren Kosten zeigen sich im Betrieb. Eine Auswertung von Verivox und Testberichte.de ergab, dass der jährliche Stromverbrauch mobiler Klimaanlagen etwa ein Drittel des Anschaffungspreises ausmacht. Bei einem Strompreis von 35 Cent je Kilowattstunde und 350 Betriebsstunden im Kühlbetrieb verursachen Geräte für Räume zwischen 15 und 30 Quadratmetern im Schnitt Stromkosten von 109 Euro pro Jahr. Das entspricht einem Verbrauch von gut 311 Kilowattstunden.

Energieeffizienz und Fördermöglichkeiten

Angesichts der hohen Betriebskosten raten Experten, bei der Anschaffung auf Energieeffizienz zu achten. Ein wichtiger Indikator ist die Energieeffizienzklasse auf dem Energielabel – je näher an A+++, desto besser.

Interessant für Verbraucher: Wer ein Gerät kauft, das auch als Wärmepumpe dient, kann unter Umständen von der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) profitieren. "Einige Kälteeinheiten können auch als Wärmepumpen betrieben werden", erklärt Klimaanlagen-Experte Brauneis gegenüber der "Welt". Es empfiehlt sich jedoch, die Fördermöglichkeiten vor dem Kauf durch Experten prüfen zu lassen.

Ökologische Folgen: Klimaanlagen heizen Städte auf

Was für die Menschen in den Wohnungen oft ein Segen ist, könnte sich für die Temperaturen vor der Haustür als Bumerang erweisen. Klimaanlagen funktionieren im Kern wie Wärmepumpen zum Heizen, nur in umgekehrter Richtung: Sie entziehen dem Innenraum Wärme und leiten diese nach außen ab. In dicht bebauten Wohnquartieren verstärkt dies den sogenannten "Städtischen Wärmeinseleffekt".

Wissenschaftliche Studien belegen die Dimension dieses Problems: In Phoenix (Arizona, USA) führte der Betrieb von Klimaanlagen während einer Sommerhitzeperiode dazu, dass sich die Stadtluft nachts um mehr als ein Grad Celsius zusätzlich aufheizte. In Singapur summierte sich die vor allem durch Klimageräte in Gebäuden erzeugte Abwärme auf bis zu 2,2 Grad Temperaturerhöhung.

Für den Großraum Paris modellierten Forscher Szenarien, bei denen die außen abgegebene Wärme durch Klimaanlagen während einer neuntägigen Hitzewelle zu einer um bis zu 2,4 Grad höheren Nachttemperatur führt. Bei noch heißeren Hitzewellen seien sogar 3 bis 4 Grad höhere Nachttemperaturen möglich.

Gefährliche Hitze ohne Klimaschutztechnik

Doch nicht überall ist der Einbau einer Klimaanlage eine Komfortfrage – in Pflegeheimen, Krankenhäusern oder Kindertagesstätten kann fehlende Kühltechnik lebensgefährlich sein. Gerade ältere Menschen und chronisch Kranke sind bei Hitze stark gefährdet.

Studien zeigen, dass die Sterblichkeit an heißen Tagen drastisch steigt, wenn Innenräume nicht ausreichend gekühlt werden können. In schlecht belüfteten Schulgebäuden leidet zudem die Konzentration, Lernleistung sinkt, Fehlzeiten nehmen zu. Der Mangel an geeigneter Kühltechnik ist hier nicht nur ein Komfortproblem, sondern eine Frage der gesundheitlichen Daseinsvorsorge.

Fazit

Der Boom bei Klimaanlagen in Privathaushalten stellt Verbraucher, Unternehmen und Stadtplaner vor komplexe Herausforderungen. Während die Geräte individuellen Komfort und Produktivität im Home-Office steigern, führen sie zu erhöhtem Energieverbrauch und verstärken den städtischen Wärmeinseleffekt.

Innovative Kühlkonzepte für Gebäude und eine klimasensible Stadtplanung mit Gründächern, Fassadenbegrünung und verbesserte Wärmedämmung könnten Lösungsansätze bieten. Unternehmen und Verbraucher sind gefordert, bei der Anschaffung von Klimaanlagen Energieeffizienz und ökologische Aspekte stärker zu berücksichtigen.

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