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Technologie > Maschinenbau in Umbruch

Maschinenbau unter Druck: Strategien für Wachstum und Stabilität 2025

Deutscher Maschinenbau kämpft mit Produktionseinbrüchen, Regulierungslasten und Energieproblemen, während er nach neuen Wachstumsmärkten sucht.

(Foto: shutterstock)

Von Andreas Kempf

 

Der Blick in die Zukunft ist bei den deutschen Maschinenbauern von Hoffen und Bangen geprägt. Einerseits sind die Erwartungen auch für 2025 doch sehr gedämpft. „Es ist nicht leicht zu sagen, wann die Talsohle durchschritten ist“, räumt Bertram Kawlath ein. Der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rechnet deshalb für 2025 mit einer Fortsetzung der Durststrecke. „Wir gehen von einem weiteren Rückgang der Produktion von zwei Prozent aus.“

Der Mittelstand ist kein Auslaufmodell

In diesem Jahr beträgt das Minus in der stark mittelständisch geprägten Branche sogar acht Prozent. Grund ist der starke Rückgang der Bestellungen. Das können die Unternehmen nicht mehr mit den bestehenden Aufträgen ausgleichen. Entsprechend ist die Auslastung auf 79 Prozent gesunken. Vor einem Jahr waren es noch 86 Prozent.

Kawlath gibt sich dennoch kämpferisch optimistisch: Der Mittelstand ist kein Auslaufmodell. Wir brauchen nur mehr unternehmerische Freiheit.“

Für die sollen die neue EU-Kommission in Brüssel und die künftige Bundesregierung in Berlin sorgen. Dorthin sendet der VDMA-Chef klare Erwartungen. Vor allem die Belastung durch allerlei Regelungen und Dokumentationspflichten müsse abgebaut werden. Dafür müssten heute die Maschinenbauer bis zu zwei Prozent des Umsatzes aufwenden. Vor allem kleine und mittelgroße Betriebe seien hier überproportional betroffen. Der VDMA mahnt zudem schnellere Genehmigungsverfahren an. Was bei Windrädern gehe, müsse auch anderswo möglich sein.

Gefordert wird vom Maschinenbau auch ein Abbau der Steuerlast von heute 30 auf 25 Prozent. „Das liegt dann immer noch über dem OECD-Durchschnitt von 23 Prozent“, unterstreicht Kawlath. Zudem pochen die Maschinenbauer darauf, dass Investitionen nicht nur in Ausnahmefällen degressiv abgeschrieben werden können. „Das muss die Regel werden“, so Kawlath, selbst Chef eines mittelständischen Ventilspezialisten in Ingolstadt. Zudem müsse es künftig möglich sein, Gewinne und Verluste unbefristet und nicht gedeckelt zu verrechnen.

Die Maschinenbauer wollen trotz der bescheidenen Aussichten auch im kommenden Jahr ihre Belegschaft möglichst halten. Die Branche rechne insgesamt mit einem „leichten Stellenabbau“ so Kawlath.

40 Prozent der Betriebe planen mit einem Aufbau der Belegschaft

Schaut man genauer hin, ist das Bild jedoch differenzierter. Doch nur jedes fünfte Unternehmen denkt tatsächlich über einen Stellenabbau nach. Hingegen planen 40 Prozent der Betriebe sogar mit einem Aufbau der Belegschaft. Die Betriebe würden weit über die aktuelle Krise hinaus planen, begründet Kawlath das Ergebnis der verbandsinternen Umfrage unter 560 Betrieben. Er spricht sich sogar für einen verstärkten Wechsel von Beschäftigten der Autoindustrie in den Maschinenbau aus. Denn seine Branche habe gute Zukunftsperspektiven.

Der deutsche Maschinenbau

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau beschäftigt in Deutschland 1,3 Millionen und in der EU drei Millionen Frauen und Männer.

Die Branche ist damit der wichtigste Arbeitgeber hierzulande als auch in den 27 EU-Ländern. 

Ihr Verband VDMA mit Sitz in Frankfurt vertritt 3600 deutsche und europäische Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 910 Milliarden Euro. Rund 80 Prozent der in der EU verkauften Maschinen stammen aus einer Fertigungsstätte im Binnenmarkt.

Der Blick über die Grenzen

Künftiges Wachstum erwartet der VDMA-Chef beispielsweise in den USA. Offenbar schreckt die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus nicht allzu sehr. „Wenn die USA wieder mehr im eigenen Land produzieren wollen, brauchen sie dazu neue Maschinen“, begründet Kawlath. Tatsächlich wollen künftig drei von vier Unternehmen in den USA ihre Präsenz ausbauen oder sich dort neu engagieren. Jeder zweite Betrieb will dies mit zusätzlicher Produktion vor Ort tun. Damit würden die Maschinenbauer mögliche Zollbeschränkungen umgehen. Schon heute geht ein Drittel der Direktinvestitionen der Branche in die USA, die der größte Einzelmarkt sind.

Eher mit gemischten Gefühlen blicken die Maschinenbauer hingegen nach China. Dort sei weiter ein wichtiger Markt. Allerdings dränge die Regierung, zunehmend nur noch bei rein chinesischen Unternehmen zu kaufen. Gleichzeitig fördere der Staat die Expansion der Betriebe auf den Weltmärkten. Der VDMA kritisiert diese Wettbewerbsverzerrung harsch. Die Konkurrenz biete Maschinen zu nicht mehr nachvollziehbaren Preisen an, so Kawlath. „Hier muss die EU darauf pochen, dass die WTO-Regeln eingehalten werden.“

Der VDMA-Chef mahnt die Kollegen, sich auf einen zunehmenden Konflikt zwischen USA und China einzustellen. Peking wolle seine Vormachtstellung in der Welt bis 2049 – zum 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik – vollenden. „Auf diesen Schlagabtausch müssen sich die Maschinenbaufirmen in Deutschland und Europa unbedingt vorbereiten“, mahnt Kawlath. Darum sei es ratsam das Exportmodell China zu hinterfragen. Auch die Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten sollten die Maschinenbauer reduzieren. Kawlath will aber nicht so weit gehen und von Geschäften mit China abraten. Hier müsse aber jedes Unternehmen seinen eigenen Weg suchen. „Eine Blaupause gibt es dafür nicht.“.

Die deutschen Maschinenbauer hoffen, dass die EU künftig aktiver Handelsabkommen mit anderen Regionen abschließt. Die grundsätzliche Vereinbarung mit den südamerikanischen Ländern des Mercosur gehe in die richtige Richtung. Das müsse nun zügig von den EU-Ländern ratifiziert werden.

Mercosur

„Das Abkommen mit dem Mercosur ist für uns sehr wichtig und muss jetzt kommen“, betont Kawlath. Gute Perspektiven sieht der VDMA auch in Indien und Südostasien. Allerdings sollte sich die EU nicht zum Maß aller Dinge machen. „Wir brauchen pragmatischen Herangehensweisen und Lösungen auf allen Ebenen“, so Kawlath. Trotz der starken Orientierung auf internationale Märkte, sieht der VDMA-Chef keine Gefahr für das Heimatland. „Eine Deindustrialisierung sehen wir nicht.“

Deutschland

Allerdings beklagen viele Unternehmen massive Probleme mit der Infrastruktur in Deutschland. Das geht aus einer Erhebung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hervor.

  • Rund ein Viertel der befragten Firmen hat wegen der Schwächen in der Energieversorgung bereits Kapazitäten ins Ausland verlagert.
  • Weitere 38 Prozent erwägen diesen Schritt. Stand heute ist nahezu kein Unternehmen energieunabhängig.
  • Etwa ein Viertel generiert derzeit selbst Strom oder Wärme. Die Reduzierung des Energieverbrauchs steht weiter im Mittelpunkt   So planen die befragten Unternehmen für die kommende Dekade Einsparungen um durchschnittlich 23 Prozent.
  • Neun von zehn Unternehmen wollen hierfür mittelfristig in die eigene Versorgung investieren.
  • Zwar geben zwei Drittel an, dass die Energiewende eine gute Chance bietet, unabhängiger von Lieferungen zu werden – 78 Prozent sehen diesen Ansatz jedoch durch aktuelle wirtschaftspolitische Aktionen gefährdet.

 

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