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Technologie > Wissensabfluss Maschinenbau

Deutscher Maschinenbau kämpft gegen Wissensabfluss ins Ausland

Studie des VDMA: Deutschlands Innovationen laufen Gefahr, zu schnell ins Ausland zu wandern. Experten rufen nach besserem Schutz gegen Wissenstransfer.

Fachkräftemangel bremst Betriebe aus (Foto: picture alliance, Sebastian Kahnert)

Deutschland ist weiterhin der attraktivste Standort für Forschung und Entwicklung. Allerdings beklagen viele Unternehmen, dass wichtiges Wissen zu leichtfertig beim Wettbewerb in aller Welt landet. Das geht aus einer Erhebung des Verbands des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) hervor, zu der 400 Unternehmen der Branche befragt wurden.

Besonders positiv seien demnach die Leistungsstärke der Ingenieurwissenschaften, das Hochschul- und Wissenschaftssystem sowie Kooperationen bei Forschung und Entwicklung (FuE) mit anderen Unternehmen bewertet worden. „Dank leistungsstarker Ingenieurwissenschaften und gewachsener Wertschöpfungsnetzwerke haben wir hierzulande einen herausragenden Innovationsraum“, betont Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. „In Mitteleuropa mit Deutschland als Gravitationszentrum verfügen wir über ein starkes Maschinenbau-Cluster, das seinesgleichen immer noch sucht“.

Auf Rang zwei der attraktivsten FuE-Standorte folgen der VDMA-Umfrage zufolge die USA. Verglichen wurden 13 Länder. Dabei belegt China den letzten Platz. „Für viele Unternehmen scheinen dort die Risiken die denkbaren Nutzwerte deutlich zu überwiegen“, bewertet Rauen dieses Ergebnis. Der Knowhow-Schutz ist möglicherweise aus Sicht der Betriebe nicht ausreichend. Auch ihre innovationsstärksten Wettbewerber wähnt die Mehrheit der Befragten (73 Prozent) nach wie vor in Deutschland. An zweiter und dritter Stelle folgen China (50 Prozent) und die USA (40 Prozent).

Achtung: Kenntnisse nicht undifferenziert in die Welt schicken

Zwei von drei Unternehmen sind der Meinung, dass die öffentlich finanzierte Wissenschaft zu freizügig mit dem in Deutschland generiertem Knowhow umgeht. „Neuestes Wissen, Geschwindigkeit und Umsetzungskompetenz entscheiden im internationalen Wettbewerb um Schlüsseltechnologien“, betont Rauen. Diese Kenntnisse dürfen nicht undifferenziert in die Welt geschickt werden. „Gerade anwendungsnahe Forschungsergebnisse und wettbewerbsrelevante Technologien aus der Wissenschaft sind enorm wichtig; ihre Weitergabe kann Risiken für Deutschland und Europa bergen“, so Rauen.

Die befragten Unternehmen sind mehrheitlich der Ansicht, dass anwendungsnahe Erkenntnisse den Wettbewerbern nicht gezeigt werden sollten. Wobei jeder Zweite einschränkt, dass die vom jeweiligen Land abhänge. Doch mehrheitlich sehen die Maschinen- und Anlagenbauer den Wissenstransfer als Einbahnstraße aus Deutschland heraus. Nur 13 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass in gleichem Maß von der Wissenschaft in anderen Ländern profitiert wird wie umgekehrt. „Die direkte Verfügbarkeit von anwendungsnahem, neustem Wissen etwa aus den Ingenieurwissenschaften ist von existenzieller Bedeutung für Europa und damit auch für die Menschen, die hier leben und arbeiten. Wir brauchen hier allgemeine und verbindliche Leitplanken für Forschende und Wissenschaftseinrichtungen“, erklärt Rauen.
 

Mehrheit entwickelt in Deutschland

Zwei Drittel der Unternehmen forschen und entwickeln ausschließlich im Inland. Auf die Frage, warum dies nicht im Ausland geschieht, lautet die Antwort meistens „kein Bedarf“ – insbesondere, wenn Sitz, Produktion, technische Kompetenz, wichtige Kunden oder wichtige Partner in Deutschland angesiedelt sind.

Gegen Forschung und Entwicklung im Ausland sprechen aus Sicht der Unternehmen auch Faktoren wie das Risiko von Knowhow-Abfluss und die ungenügende Datensicherheit. Nur jedes dritte der 400 befragten Unternehmen forscht und entwickelt außerhalb Deutschlands - zumeist an den eigenen Standorten. Die wichtigste Rolle spielen dabei die USA, Indien und China sowie die Nachbarländer Österreich und Schweiz.  Zu den häufig angeführten Gründen gehören – bei ausländischen Unternehmen - die Firmenzentrale, ein Produktionsstandort vor Ort, Kundennähe, regionale Marktanforderungen sowie Personalkosten und -verfügbarkeit.

In den kommenden Jahren wollen die VDMA-Mitglieder ihre FuE-Aktivitäten weiter verstärken – sowohl im Inland als auch im Ausland. So rechnen 46 Prozent der Befragten mit mehr Forschung und Entwicklung im Inland. Nur 13 Prozent gehen von einem Rückgang aus.

Noch deutlicher ist das Ergebnis für Pläne im Ausland. Hier wollen 68 Prozent ihre Aktivitäten verstärken und nur fünf Prozent werden ihr Engagement voraussichtlich zurückschrauben. Von denjenigen, die noch keine Forschung und Entwicklung im Ausland betreiben, rechnen 15 Prozent damit, dies in näherer Zukunft zu tun.

Fachkräftemangel bremst Betriebe aus

„Der Maschinenbau hält das Innovationstempo weiter hoch, was dem gesamten Standort zugutekommt“, betont Rauen. Insgesamt hätten zwei von drei Unternehmen innerhalb der vergangenen drei Jahre auch öffentliche Förderprogramme genutzt. Auf dem ersten Platz steht dabei die 2020 eingeführte steuerliche Forschungsförderung („Forschungszulage"). Sie ist das am häufigsten genutzte Instrument. „Die Forschungszulage entwickelt sich immer mehr zur Erfolgsgeschichte und steigert direkt unsere Wettbewerbsfähigkeit“, unterstreicht Rauen. „Gleiches trifft zu auf die Industrielle Gemeinschaftsforschung, die bei den laufenden Haushaltsberatungen endlich finanziell ausgebaut werden muss“.

Die Innovationsaktivitäten der Unternehmen werden durch Engpässe am Arbeitsmarkt ausgebremst. So beobachtet aktuell noch immer jeder zweite Maschinen- und Anlagenbaubetrieb starke Engpässe bei Fachkräften für FuE, jeder Dritte bei Akademikern. Besonders kleinere Unternehmen sind nach Angaben des VDMA betroffen. Bei vielen führten die Engpässe zu Verzögerungen oder sogar zum Verzicht auf Entwicklungsprojekte. Die Folge seien verschlechterte Wettbewerbspositionen und zu Umsatzverluste.

Als zunehmendes Hemmnis nennen die Befragten die zunehmende Bürokratie und Regulatorik. So bestätigen 71 Prozent, dass die Innovationskraft ihrer Unternehmen stark oder sogar sehr stark beeinträchtigt wird, weil ihre Mitarbeiter bürokratische Aufgaben erledigen müssen, statt die Zeit für Forschung und Entwicklung zu haben. Nur fünf Prozent der befragten VDMA-Mitglieder sind nicht dieser Ansicht.

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