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Mercedes halbiert Gasverbrauch

Mercedes hat überraschend gute Quartalszahlen vorgelegt, doch die gerieten angesichts einer anderen Nachricht in den Hintergrund: Der Autobauer plant mit der Hälfte seines bisherigen Gasverbrauchs auszukommen. Das könnte Vorbildcharakter haben.

Mercedes halbiert Gasverbrauch: Autokonzern kennt keine Krise Bild: Shutterstock

Autokonzern kennt keine Krise und verdient so viel wie nie zuvor

Krise? Rezession? Während viele Unternehmen sorgenvoll in die Zukunft blicken, laufen die Geschäfte beim Autokonzern Mercedes Benz so gut wie nie. Die Stuttgarter blicken jetzt sogar optimistischer in die Zukunft, als noch vor ein paar Monaten. Die Nachfrage bleibe bis ins kommende Jahr hoch, teilt der Konzern mit. Darum rechnet man nun einem „deutlichen Umsatzplus“. Im Mai wollte man lediglich den Rekordwert des Vorjahres von 133 Milliarden Euro leicht übertreffen. Die Rendite soll 12 bis 14 Prozent erreichen. Bisher waren 11 bis 13 Prozent geplant. An der Börse legte die Mercedesaktie teilweise um 2,5 Prozent zu.

Auch die drohende Gasknappheit bereitet in der Konzernzentrale in Stuttgart-Untertürkheim offenbar keine Sorgen. Bis Ende des Jahres könnte der Konzern den eigenen Bedarf sogar halbieren. Schon jetzt sei der Verbrauch um ein Zehntel verringert worden. Selbst die größte Lackiererei des Konzerns in Sindelfingen könne man notfalls ohne Gas betreiben. „Der Krieg hat die Energiewende in Deutschland beschleunigt. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten“, versichert Konzernchef Ola Kaellenius. Statt Gas soll verstärkt auf Strom umgestellt werden. Kurzfristig werde auch mehr Öl eingesetzt. Bis Ende der Dekade soll bei Mercedes 70 Prozent des Energiebedarfs keinen fossilen Ursprung mehr haben. Derzeit sind es 40 Prozent. In den kommenden Jahren will der Konzern alle Dächer mit Photovoltaikanlagen ausstatten. Mit einem Energieversorger werde zudem über den Bau eines eigenen Windparks gesprochen, so Kaellenius. In Alabama baut Mercedes das größte Solarkraftwerk des US-Bundesstaates, das dann das Werk in Tuscaloosa versorgen soll. Ein ähnliches Projekt ist auch in China geplant.

Gewinn erneut gesteigert

Seine Zuversicht auf ein neues Spitzenjahr baut Konzernchef Kaellenius auf die Zahlen aus den ersten sechs Monaten. Demnach konnte der Autokonzern den Umsatz zum gleichen Vorjahreszeitraum noch einmal um sechs Prozent auf 71 Milliarden Euro steigern. Entsprechend steigt das Ebit auf rund zehn Milliarden Euro - 14 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dies obwohl sieben Prozent weniger Autos verkauft wurden. Im abgelaufenen Quartal setzte der Autobauer weltweit rund 481.000 Fahrzeuge ab, rund 30.000 weniger als im Vorjahresquartal. Vor allem im April sackte der Absatz, geschwächt durch strenge Corona-Lockdowns in China, um über 27 Prozent ab.

Doch die Nachfrage ist ungebrochen hoch. Das erlaubt Mercedes sogar deutlich höhere Preise am Markt durchzusetzen. Offenbar bedient Mercedes eine Käuferschicht, die keine Krise kennt. Für dieses Jahr soll der Absatz der Top-Modell sogar um zehn Prozent steigen. Die Kunden schrecken nicht einmal die langen Lieferzeiten ab, die vor allem auf die stockende Versorgung mit Halbleitern zurückzuführen ist. „Wir tun alles, um die Wartezeiten zu verkürzen“, vertröstet der Konzernchef die frustrierten Mercedes-Käufer. Die Entwicklung lässt die Kassen kräftig klingeln. Konzernweit ist der Ertrag vor Steuern und Zinsen um so ist im reinen Autobereich der Ertrag vor Zinsen und Steuern (Ebit) sogar um 20 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro gestiegen.

Autos deutlich teurer verkauft

Wie tief die Käufer inzwischen in die Tasche greifen müssen, rechnet Autoexperte Ferdinand Dudenhöfer vor: Innerhalb von 15 Monaten ist der Durchschnittspreis eines Mercedes um 22 Prozent von 45.00 auf 55.000 Euro gestiegen. „Für den Käufer muss man da nochmals die Vertriebskosten des Autohauses von mehr als zehn Prozent dazu rechnen.“ Gleichwohl sieht der Autoexperte die Entwicklung kritisch: Mercedes verkaufe bisher nur sechs Prozent der Fahrzeuge als E-Mobil, deren Kosten insgesamt höher seien als bei Verbrenner deshalb sei eine Ebit-Marge von 14 Prozent „überschaubar“. Tesla liege derzeit bei 15 Prozent, so Dudenhöffer. Zumindest in den kommenden fünf Jahren bleibe die Produktion von E-Fahrzeugen Teurer als die von Verbrennern. „Das liegt vor allem an den Kosten für die Batterie, wo die Preise für die Rohstoffe sich Drastische verteuert haben.“

Die Zahlen bestätigen, dass die Strategie von Konzernchef Kaellenius aufgeht. Der setzt voll auf teure Karossen der Oberklasse. So wurde kürzlich verkündet, dass die Modelle des A- und B-Klasse keine Nachfolger mehr bekommen und ab 2024 eingestellt werden. Im Werk Rastatt sollen dann Elektrofahrzeuge der Einstiegsklasse „Entry Luxury“ vom Band laufen. In Europa will Mercedes bis Ende der Dekade nur noch batteriebetriebene Fahrzeuge herstellen. „Wir wollen nicht mit den Herstellern von Volumenmodellen in den Wettbewerb gehen“, grenzt sich Kaellenius von der „Butter-und-Brot“-Konkurrenz ab. Man wolle mit den teuren Autos pro Jahr im Schnitt um fünf Prozent wachsen.

Zulieferer müssen bluten

Mehr Ertrag verspricht sich der Konzern auch von einem umfangreichen Kostensenkungsprogramm. Zwischen 2019 und 2025 werde man die Fixkosten um ein Viertel reduzieren, so Kaellenius. Das geschieht allerdings auch auf Kosten der Zulieferer. Das Verhalten der Autohersteller sei Machtmissbrauch, rügt beispielsweise Christof Münzer, Hauptgeschäftsführer des Verbands der badischen Industrie (wvbi). Die Organisation vertritt im Südwesten rund 300 Unternehmen, die Teile an die Autohersteller liefern. Deren Lage sei besonders schlimm, so Münzer: „Die können ihre Kosten nicht weitergeben. Im Gegenteil: Die Hersteller verlangen sogar noch Preisnachlässe, während sie selbst prächtige Gewinne einfahren.“

auk

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