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Ratgeber > Mittelstand Digitalisierung HR

Mittelstand am HR-Scheideweg: Digitalisieren oder Kapitulieren?

Kienbaum-Studie 2024 enthüllt: Deutsche Unternehmen stehen vor massiven Herausforderungen in HR und Digitalisierung.

Mittelständische Unternehmen mit Digitalisierungsdruck bei HR. (Foto: Shutterstock)

Wenn nur wenige Prozent der Unternehmen starkes Wachstum verzeichnen, steht der deutsche Mittelstand vor einer Zerreißprobe. Die jüngst veröffentlichte Kienbaum-Studie 2024 zeichnet ein Bild von Unternehmen, die zwischen Digitalisierungsdruck und Talentmangel lavieren. Doch ist der Patient "Mittelstand" noch zu retten, oder haben wir es mit einem wirtschaftlichen Dinosaurier zu tun, dessen Aussterben nur noch eine Frage der Zeit ist?

Digitale Transformation: Notwendigkeit oder Luxus?

In der Welt der Wirtschaft gilt oft das Motto "Friss oder stirb". Für den deutschen Mittelstand könnte man es umformulieren in "Digitalisiere oder kapituliere". Die Kienbaum-Studie 2024 offenbart, dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen in gravierende IT- und Digitalisierungsprojekte investiert. Doch ist das genug?

Betrachten wir die Fakten: 36 Prozent der Unternehmen befinden sich in einer Konsolidierungsphase, während nur noch 7 Prozent ein rasantes Wachstum verzeichnen. Diese Zahlen sind alarmierend und zeigen, dass der Mittelstand an einem Scheideweg steht. Die digitale Transformation ist keine Kür mehr, sondern pure Überlebensnotwendigkeit.

Interessanterweise entwickelt die Hälfte der Unternehmen neue, digitale Geschäftsmodelle. Das klingt zunächst vielversprechend. Doch wenn wir genauer hinschauen, offenbart sich ein anderes Bild: Nur 15 Prozent der Unternehmen nutzen eine Full-Cloud-Lösung für ihre HR-Prozesse. Der Rest? Taumelt zwischen veralteten On-Premise-Systemen und halbherzigen Cloud-Lösungen umher. Es ist, als würde man versuchen, ein Smartphone mit einer Wählscheibe zu bedienen – anachronistisch und ineffizient.

HR als strategischer Partner: Vom Kostenfaktor zum Wertschöpfer

Die Personalabteilung, einst belächelt als notwendiges Übel, steht plötzlich im Rampenlicht. Doch ist sie bereit für ihren großen Auftritt? Die Kienbaum-Studie zeichnet ein ambivalentes Bild. Einerseits sehen Unternehmen steigende Personalkosten als größtes Risiko für die Geschäftsentwicklung. Andererseits sinkt die Bereitschaft, in HR-Funktionen zu investieren. Ein Paradoxon, das an das berühmte Henne-Ei-Problem erinnert.

Besonders pikant: Nur 36 Prozent der Unternehmen beschreiben ihre HR-Funktion als "Business Excellence" mit starkem Support der Geschäftsmodelle. Der Rest? Taumelt zwischen "Baustelle" und "Operational Excellence". Es ist, als würde man versuchen, ein Formel-1-Rennen mit einem Tretauto zu gewinnen – ambitioniert, aber zum Scheitern verurteilt.

Die Weiterentwicklung der Business-Partner-Organisation steht für 61 Prozent der Befragten im Vordergrund. Ein lobenswerter Ansatz, doch ohne entsprechende Investitionen bleibt es bei leeren Versprechungen. Der Mittelstand muss verstehen: HR ist kein Kostenfaktor, sondern ein potenzieller Wertschöpfer. Wer hier spart, spart am falschen Ende.

KI in HR: Chancen und Risiken für den Mittelstand

Künstliche Intelligenz – für viele ein Buzzword, für einige ein Heilsbringer, für andere der Untergang des Abendlandes. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen. Die Kienbaum-Studie zeigt: 58 Prozent der Unternehmen experimentieren bereits mit KI-Anwendungen in HR-Prozessen. Ein mutiger Schritt, könnte man meinen. Doch Vorsicht: Nur jedes fünfte Unternehmen hat ein konkretes Zielbild für den KI-Einsatz entwickelt.

Es ist, als würde man einen Hochleistungsmotor in ein Fahrrad einbauen – beeindruckend, aber ohne klares Konzept wenig zielführend. Die Risiken sind nicht von der Hand zu weisen: Von der Unterschätzung rechtlicher und ethischer Fragen bis hin zur mangelnden Transparenz der Algorithmen. Der Mittelstand steht vor der Herausforderung, KI nicht nur einzusetzen, sondern auch zu verstehen und verantwortungsvoll zu nutzen.

Die 8 wichtigsten Handlungsempfehlungen für den Mittelstand

  1. Investieren Sie in die digitale Transformation – es ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit.
  2. Positionieren Sie HR als strategischen Partner, nicht als Kostenfaktor.
  3. Entwickeln Sie ein klares Zielbild für den Einsatz von KI in HR-Prozessen.
  4. Modernisieren Sie Ihre HR-Technologie-Landschaft – weg von On-Premise, hin zu Cloud-Lösungen.
  5. Investieren Sie in die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter, insbesondere in KI-Kompetenzen.
  6. Führen Sie eine systematische Chancen-Risiken-Analyse für den KI-Einsatz durch.
  7. Optimieren Sie Ihr Geschäftsportfolio und entwickeln Sie neue, digitale Geschäftsmodelle.
  8. Überdenken Sie Ihr HR-Operating-Model und streben Sie "Business Excellence" an.

Fazit

Die Kienbaum-Studie 2024 hat den Finger in die Wunde gelegt: Digitalisierung, HR-Transformation und KI-Integration sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern dringende Gegenwart.

Doch wie bei jeder Medaille gibt es auch hier eine Kehrseite. Nehmen wir als warnendes Beispiel die Telemedizin: Ein vielversprechendes Konzept, das jedoch auch Schattenseiten offenbart. Fehlende persönliche Interaktion, potenzielle Fehldiagnosen und Datenschutzprobleme sind nur einige der Stolpersteine. Es zeigt sich: Digitalisierung ist kein Allheilmittel, sondern ein zweischneidiges Schwert.

Der Mittelstand muss einen Balanceakt vollführen: Innovativ sein, ohne überstürzt zu handeln. Digitalisieren, ohne den menschlichen Faktor zu vernachlässigen. KI einsetzen, ohne ethische Grundsätze über Bord zu werfen. Es ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance.

Zurück zu unserer Eingangsfrage: Ist der deutsche Mittelstand noch zukunftsfähig? Die Antwort lautet: Es liegt in seiner Hand. Die Werkzeuge sind da, das Wissen ist vorhanden. Jetzt gilt es, mutig voranzuschreiten, ohne die Bodenhaftung zu verlieren. Der Mittelstand muss sich neu erfinden – nicht als Dinosaurier, sondern als anpassungsfähiger Säugetier in der digitalen Ära. Die Zeit drängt, aber die Chancen sind da.

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