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Technologie > Energiekrise

Phantom Wärmepumpe: Erst nicht zu bekommen, dann fehlen die Installateure

Ein warmes Haus haben und dabei kein Vermögen ausgeben: Wie das angesichts der explodierenden Energiepreise gehen soll, treibt immer mehr Deutsche um. Die Wärmepumpe-Technologie könnte eine Lösung sein. Doch die Geräte sind vergriffen, die wenigen Fachleute zur Installation über Monate hinweg verplant und zusätzliche Stromkosten fallen auch noch an. Ein Krisengipfel zum Thema brachte keine Lösung.

Fehlende Installateure und zu lange Wartezeiten in der Bestellung: WärmepumpeBild: Shutterstock

Selten sind sich Regierung, Unternehmen und Verbraucherorganisationen so einig wie darüber, dass der flächendeckende Einbau von Wärmepumpen in Häuser eine gute Idee ist. Auf einer Art Gipfeltreffen zu diesem Thema haben deshalb alle Beteiligten ein ehrgeiziges Ziel ausgerufen: Von 2024 an sollen jedes Jahr eine halbe Million zusätzlicher Geräte in Betrieb gehen. Im vergangenen Jahr waren es noch 154.000. „Ab dem 1. Januar.2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden“, fordert Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Das käme fast einer Pflicht zur Installation einer Wärmepumpe gleich. Für Bauministerin Klara Gleywitz (SPD) sind entsprechende Anlagen ein wichtiger Bestandteil bei der Umstellung der Heizungssysteme.
 
Aber warum soll die Offensive in den deutschen Heizungskellern erst in eineinhalb Jahren anlaufen? Jeder Kubikmeter Gas, der nicht mehr aus dem Osten kommt und dem Diktator in Moskau die Kriegskasse füllt, wäre doch schon jetzt eine gute Einsparmaßnahme. Doch die Fachleute, die sich um die beiden Minister geschart haben, wissen genau: Einigkeit und Absichtserklärungen zaubern noch keine Geräte in die Häuser. Schon die jetzt verkündeten Ziele gelten als überaus sportlich. Denn die Wärmepumpe war schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine zur führenden Technologie avanciert und entsprechend begehrt. Im Schnitt kam sie bereits 2021 in jedem zweiten Neubau zum Einsatz. Inzwischen ist die Nachfrage noch einmal sprunghaft angestiegen –die Preise auch, aber das Material ist genauso knapp und Betriebe, die sie einbauen, sind chronisch ausgebucht.

Wärme nach dem Kühlschrankprinzip

Simpel erklärt, nutzt die Technologie das gleiche Prinzip wie ein Kühlschrank. Während der alte Bekannte in der Küche seinem Innenraum die Wärme entzieht und nach draußen abgibt, vollzieht die Wärmepumpe genau das Gegenteil. Sie holt sich über die Außenluft, aus der Erdwärme oder dem Grundwasser die Heizenergie fürs Haus. So wird beispielsweise Flüssigkeit über das Erdreich geleitet oder Außenluft über einen Ventilator angesaugt und mit einem Kältemittel in Verbindung gebracht, das sich in einem zweiten Kreislauf verbindet. Die Wärmepumpe verdampft diese Chemikalie und leitet sie in einen Kompressor, wodurch sie sich weiter aufheizt. In einem weiteren Schritt kondensiert das unter hohem Druck stehende, heiße Kältemittelgas, wobei es seine Wärme an den Wasserkreislauf im Haus wieder abgibt. So wie dies eine Gasheizung auch macht. Die Technologie die derzeit eine der effizientesten Arten um zu heizen.

Kein Wunder, dass sich viele Hausbesitzer diese Alternative jetzt genauer ansehen. Industrie und Handwerk bestätigen das riesige Interesse an den Wärmepumpen. Der Markt legt mit Zuwachsraten von 30 Prozent rasant zu. Das Handwerk ist über viele Monate hinweg komplett ausgelastet. Oft können sie gar nicht arbeiten, weil die Industrie nicht liefern kann. Die Hersteller schlagen sich nämlich auch mit Teilemangel herum, Es fehlt beispielsweise Elektronik-Bauteilen für die Steuerung. Im Netz beklagen Kunden etwa on Buderus Wartezeiten von mehr als einem Jahr.

Tausende Fachkräfte fehlen

Erschwerend kommt hinzu, dass längst nicht alle Fachbetriebe die Technologie beherrschen. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZSHK) schätzt, dass nur „zwischen 15 und 30 Prozent der Betriebe derzeit in der Lage sind, eine Wärmepumpe einzubauen.“  Bei mindestens zwei von drei Unternehmen klopfen die Interessenten also vergeblich an, weil das nötige Fachwissen fehlt. Viele Unternehmen sind mitten im Bauboom auch so gut ausgelastet und wollen auf ihre wenigen Fachkräfte für zusätzliche Schulungen nicht verzichten. Denn ausgebildeten Leute sind ohnehin selten. Der Verband beziffert den aktuellen Personalbedarf auf rund 40.000 Monteure und mehr als 30.000 Auszubildende. Der Fachkräftemangel trübt die Festtagsstimmung in der Branche erheblich. „Wir fragen uns, wie denn die sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden sollen, die sich die Politik bis 2030 vorgenommen hat“, so ZSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann. Dazu würden 60.000 zusätzliche Monteure benötigt. „Wir benötigen hochqualifizierte Fachkräfte aus unserem bewährten dualen Ausbildungssystem und keine Schmalspurqualifikationen. Die benötigten Weiterbildungen müssen an den hohen Ausbildungsstand anknüpfen und sollten durch die Politik finanziell gefördert werden“, meint Lothar Hellmann, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke.

Um überhaupt in zusätzlichem Personal und Kapazitäten zu investieren, mahnt die Branche Planungssicherheit an. „Die Bundesregierung muss daher jetzt das angekündigte Nutzungsgebot von 65 Prozent erneuerbarer Energien noch in diesem Jahr gesetzlich verankern. Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit, sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten“ fordert beispielsweise Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. Doch damit allein ist es nicht getan. Das System benötigt für den Betrieb Strom. Mit Elektrizität wird geheizt, wenn es draußen im Winter zu kalt für die Anlage ist.  „Darum müssen die steigenden Marktanteile der Wärmepumpe mit dem Ausbau der gesicherten Leistung in der Stromerzeugung zur Deckung der Spitzenlast und der Verteil- und Übertragungsnetze einhergehen“, erklärt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) Uwe Glock.

Erheblicher Beratungsbedarf

Bevor die Heizungsbauer anrücken können, haben vor allem Besitzer bestehender Gebäude erheblichen Beratungsbedarf. Und der kostet: Rund 2000 Euro müssen sie in die Hand nehmen, um eine umfassende Machbarkeitsanalyse vornehmen zu lassen. Und manchmal ist das Ergebnis ernüchternd. Denn besonders effizient sind Wärmepumpen, wenn das Wasser nicht stark erwärmt werden muss. Das ist bei Fußbodenheizungen der Fall, die bereits mit einer Temperatur von 35 Grad für wohlige Wärme im Haus sorgen. Die klassischen Systeme mit Heizkörper benötigen wesentlich heißeres Wasser. Entsprechend steigen auch die Betriebskosten. „Wer also eine Wärmepumpe in einem bestehenden Haus nutzen will, sollte das nur im Rahmen einer Generalsanierung tun“, rät Stephan Thies unabhängigen Beratungsagentur Renewa in Hamburg. Alles andere rechne sich nicht.

Zur Kalkulation gehören erfreulicherweise auch Zuschüsse des Staates, der die Verbreitung der Wärmepumpen fördert und so aber auch den Run auf die Technologie befeuert. Je nach Bauart der Wärmepumpe lassen sich durchschnittlich zwischen 5.000 und 10.000 Euro Förderung für eine Wärmepumpe bekommen. Es geht aber auch deutlich mehr: Als direkte Förderung erhalten die Hausbesitzer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Zuschuss von mindestens 35 Prozent der förderfähigen Kosten von höchstens 60.000 Euro. Wird die Wärmepumpe als Ersatz für eine alte Ölheizung installiert, übernimmt der Staat sogar 45 Prozent. Unter bestimmten Voraussetzungen sind weitere fünf Prozent drin, so dass im Idealfall eine Förderung von maximal 30.000 Euro möglich ist.

Die Verbraucher sollten aber eben im Blick haben, dass Wärmepumpen Strom benötigen. Das kann unter dem Strich teuer werden. „Ideal ist eine Kombination mit einer Solaranlage, die die Stromkosten halbieren kann“, erklärt Experte Thieß. Nur so trägt der Hausbesitzer auch aktiv etwas zum Klimaschutz bei. Experten taxieren den durchschnittlichen Bedarf für ein Einfamilienhaus mit 140 Quadratmetern je nach Bauart zwischen 1600 und 6200 Kilowattstunden Strom. Die Kilowattstunde kostete im vergangenen Jahr durchschnittlich rund 32 Cent, der Preis zieht aber stark an.

auk

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