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Technologie > Automobilkrise

Porsche: Absatzkrise in China bremst E-Auto-Träume und heizt Stellenabbau-Spekulationen an

Porsche bremst: Wird der Sportwagenhersteller zum lahmen Karren?

(Foto: shutterstock)

von Andreas Kempf

Die Absatzkrise der Autohersteller hat auch Porsche erreicht. Vor allem in China wird der Stuttgarter Sportwagenhersteller ein Drittel weniger verkaufen als noch vor einem Jahr. Mit einem Umsatzanteil von 25 Prozent ist das Land für die Luxusmarke der wichtigste Markt. In diesem Jahr wird Porsche voraussichtlich 60.000 Fahrzeuge verkaufen. Im Vorjahr waren es nach Unternehmensangaben noch rund 80.000. Diesen Einbruch können steigende Verkaufszahlen in Europa und Nordamerika nicht kompensieren. Der Kurs der Porsche-Aktie ist innerhalb eines Jahres von 80 auf knapp 60 Euro abgesackt.

Gerüchte über einen Stellenabbau

Auch für das kommende Jahr sind die Aussichten trübe. Der Vorstand in Stuttgart nimmt deshalb nach vielen Jahren des Wachstums offenbar den Fuß vom Gas. Grund ist die schwierige Marktlage in China und die unsichere Entwicklung in den USA mit dem Machtwechsel zu Donald Trump, der mit höheren Zöllen gedroht hat. Künftig wird der Sportwagenhersteller an einer Produktionsmenge von 250.000 Fahrzeugen pro Jahr ausgerichtet. Das ist noch einmal deutlich weniger als in diesem Jahr. Nach den ersten neuen Monaten sind bereits 242.722 Porsche vom Band gelaufen. Im Vorjahr hat Porsche noch 320.000 Autos verkauft.

Diese Entwicklung hat zuletzt Spekulationen genährt, dass auch bei dem Stuttgarter Hersteller ein massiver Stellenabbau ansteht. Demnach könnten bis zu 8000 der insgesamt mehr als 40.000 Stellen wackeln. Im Laufe dieses Jahres sind bei Porsche 1000 Zeitverträge nicht mehr verlängert worden. Dieser Schritt war allerdings schon Ende vergangenen Jahres angekündigt worden. Offiziell kommentiert das Unternehmen Gerüchte über einen Stellenabbau nicht. Auch der Betriebsrat schweigt dazu. Allerdings lösen diese Spekulationen innerhalb des Unternehmens verständnisloses Kopfschütteln aus. Dem Vernehmen nach sei ein Abbau durch Fluktuation denkbar. Oder durch Angebote zum früheren Renteneintritt. Aber konkrete Pläne liegen offenbar noch nicht vor.

Als Beleg verweist man intern bei Porsche auf die Ertragslage des Sportwagenherstellers. Tatsächlich liegt die Rendite mit 14 Prozent in eine Höhe, von der die Konkurrenz nur träumen kann. Porsche steuert traditionell die höchsten Erträge für den VW-Konzern bei. Krisenstimmung sei unangebracht, meint Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach: „Porsche hat große Herausforderungen - auch rund um neue Wettbewerber."

„Wir werden im kommenden Jahr unsere Strategie überprüfen“

Diesen Wettbewerb spüren die Stuttgart vor allem in China, wo die Kunden aufgrund der Wirtschaftskrise dort, ihr Geld zusammenhalten. Viele Weichen auf heimische Anbieter aus. „In China sieht sich ein Verbrenner im Premiumbereich, der 70.000 bis 80.000 Euro kostet, in Konkurrenz zu Fahrzeugen im E-Segment, die für 30.000 Euro in den Markt gedrückt werden und auch viel zu bieten haben“, stellte Finanzchef Lutz Meschke bei der Vorstellung der Zahlen zum dritten Quartal fest. Die Stuttgarter bieten zwar mit dem Taycan und dem Macan auch hochwertige E-Fahrzeuge an, die speziell auf den chinesischen Markt zugeschnitten sind. Die Entwickler in Shanghai haben dazu spezielle Software für Infotainment und Konnektivität erarbeitet. Doch die E-Porsches bleiben dennoch in den Schaufenstern unbeachtet stehen.

Das ist bitter für die ehrgeizigen Pläne der Stuttgarter. Eigentlich wollte Konzernchef Blume schon in diesem Jahr mit Verkaufserfolgen in China „Schwung holen, um in den kommenden Jahren durchzustarten“. Der Schub aus dem Leitmarkt China sollte Grundlage sein, dass ab 2030 gut 80 Prozent der neuen Porsches mit einem E-Antrieb fahren. Die Nobelmarke wollte damit führend bei der Transformation von fossilen Brennstoffen auf Elektro sein. Doch auch hier nimmt der Vorstand merklich Fuß vom Gas.  „Wir werden im kommenden Jahr unsere Strategie überprüfen“, räumt ein Sprecher des Unternehmens ein. Dazu gehöre auch eine Aufbereitung der bestehenden Modelle mit Verbrennungsmotor.  Konkret bedeutet dies, dass man auch in Stuttgart-Zuffenhausen davon ausgeht, dass Autos mit Verbrennermotoren länger nachgefragt werden als ursprünglich gedacht.

Auch in Stuttgart-Zuffenhausen ist die Erkenntnis angekommen, dass die Kundschaft von der neuen Technik nicht überzeugt ist. Der E-Flitzer Taycan verkauft sich auch im Rest der Welt nur schleppend. Schnell hat sich herumgesprochen, dass der Wertverlust des bis zu 240.000 Euro teuren Sportwagens riesig ist. Schon mit der Auslieferung seien die ersten 10.000 Euro weg, lästert das Fachblatt „Automobilwoche“. Tatsächlich ist der Absatz des Taycan zum 50 Prozent zusammengeschmolzen. Die Produktion wird deshalb auch 2025 lediglich im Einschichtbetrieb fortgesetzt. Neu auf dem Markt ist der elektrisch Macan, für den die Kunden allerdings auch mindestens 80.000 Euro an die Händler überweisen müssen. Das ist vielen in diesen mageren Zeiten trotz einer Reichweite von bis zu 800 Kilometern dann doch zu viel für einen Kompaktwagen.

Vorstandschef Oliver Blume muss reagieren

Nun steht Porsche mit einer Modellpalette da, die entweder in die Jahre gekommen ist oder – im Fall der E-Fahrzeuge – nicht auf das Interesse der Kunden stößt. Zudem kämpft der Hersteller mit Problemen, die Modelle Boxter und Cayman ganz auf Batterieantrieb umzustellen. Vorstandschef Oliver Blume muss also reagieren und die Nobelmarke auf die neuen Gegebenheiten ausrichten. Dazu muss Porsche das eigentlich eingemottete Verbrenner-Programm zu neuem Leben erwecken. Für das Unternehmen stehen damit ungeplante Entwicklungs- und Fertigungskosten ins Haus. Keine leichte Aufgabe für Top-Manager Blume. Der ist allerdings gleichzeitig VW-Konzernchef und hat in Wolfsburg mit noch wesentlich größeren Baustellen zu kämpfen.

Er könne sich nach vierzig Jahren als Experte für die Autobranche kaum erinnern, wann es zuletzt einen solchen „perfekten Sturm" an Herausforderungen und Unsicherheiten gegeben habe, bemerkt Börsenanalyst Stephen Reitman von Bernstein Research. Damit richten sich die Augen auf die Eignerfamilien Porsche und Piech: Werden sie in Zuffenhausen mal wieder ins Lenkrad greifen? Sie sollen bereits in Wolfsburg hinter den umstrittenen Plänen der Schließung ganzer VW-Werke stehen. Bei den Haupteignern herrscht jedenfalls Alarmstimmung. Die Familienholding Porsche SE muss wegen der anhaltenden Krise den Wert ihrer Beteiligung an VW und Porsche mit bis zu zwei Milliarden Euro abschreiben und rutscht damit in die Verlustzone.

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