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Technologie > Nachhaltigkeit auf Stellflächen

Neue Solardach- und Ladepunkt-Vorgaben: Bin ich als Unternehmer betroffen?

Zahlreiche Bundesländer verlangen inzwischen Solardächer über gewerblichen Stellflächen. Zusatz­geschäft für Eigentümer - eine finanzielle Belastung?

Solarpaneele über Parkplatz mit geparkten Autos für die effektive Erzeugung von sauberer Energie installiert (Foto: shutterstock)

Die Politik setzt zunehmend auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge. Im Fokus stehen inzwischen auch die gewerblichen Parkplätze von Unternehmen, Gebäudeeigentümern und -betreibern, die für E-Mobilität ausgebaut werden sollen. Die Nachhaltigkeitsziele sollen über verschiedene gesetzliche Vorgaben umgesetzt werden.

So werden etwa vom 1. Januar 2025 verschärfte EU-Richtlinien in das seit 2021 in Deutschland geltende Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz einfließen:

  • Bei gewerblichen Neubauten ist danach jeder fünfte Parkplatz mit einem Ladepunkt auszustatten, wenn die Stellplatzverordnung mehr als fünf Parkplätze am Gebäude vorschreibt.
  • Bei Büroimmobilien soll dies für jeden zweiten Stellplatz gelten.
  • Von der Regelung betroffen sind auch Bestandsbauten, wenn mehr als 25 Prozent der Gebäudeoberfläche saniert wird.
  • Nichtwohngebäude im Bestand mit mehr als 20 Parkplätzen benötigen außerdem bis 2027 einen Ladepunkt an jedem zehnten Stellplatz.

Ganz grundsätzlich sollen nach den geplanten Änderungen des Gesetzes mindestens 50 Prozent Vorverkabelung eingebaut werden.

Bereits seit 2022 haben die Bundesländer über die Landesbauordnungen oder die Solar- und Klimaschutzgesetze verschiedene Regelungen zugunsten der Parkplatz-Photovoltaik eingeführt, nach denen E-Fahrzeuge weitgehend direkt mit Solarenergie versorgt werden müssen. Die Bundesländer verlangen daher eine flächendeckende Überdachung gewerblicher Parkplätze mit Photovoltaik (PV). Die Verpflichtungen gelten für Neubauten und bei Dachsanierungen gewerblicher und auch öffentlicher Gebäude, abhängig von der Anzahl der Stellplätze: In Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen gilt zum Beispiel die gewerbliche PV-Pflicht ab 50 Stellplätzen, in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen ab 35 sowie in Schleswig-Holstein ab 100 Stellplätzen.
Für viele Unternehmen und Parkraumbetreiber ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur auch deshalb ein wichtiges Thema, weil sie ihre selbst gesetzten Nachhaltigkeitsziele oder Compliance-Richtlinien einhalten wollen.

Außerdem profitieren sie durch die Photovoltaik auch von günstigem Solarstrom für den eigenen Bedarf. Für größere Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro werden zudem ab Januar 2025 die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) der EU zur Pflicht. Über sie müssen Unternehmen nachweisen, wie nachhaltig sie wirtschaften. Ein Aspekt kann dabei sein, PV für die Stromversorgung zu nutzen.

Objektbezogen wirtschaftliche Planung erforderlich

Doch auch unabhängig davon ist die Parkplatz-PV besonders von Industriebetrieben nachgefragt, die ihre Produktion maßgeblich mit Solarenergie betreiben. Ihnen reichen teilweise die Dachflächen nicht aus, um genügend PV-Anlagen zu installieren. Es kann außerdem sein, dass die vorhandene Dachkonstruktion für Solarmodule nicht geeignet ist. In diesen Fällen ist es eine sehr gute Möglichkeit, Parkplätze mit solchen Panels zu überdachen. Vorteile ergeben sich für Unternehmen auch dadurch, dass sie besondere Parkangebote für ihre Mitarbeiter bieten können: Aufladen oder Schutz vor Regen, Hagel, Schnee. Chancen ergeben sich damit auch bei der Mitarbeitergewinnung.

Von Parkhausbetreibern und Einkaufszentren ist bekannt, dass sie PV-Anlagen verstärkt nutzen, um die Betriebskosten zu senken und ihren Kunden Mehrwerte zu bieten. Wer einkauft, kann, je nach Angebot des Parkplatzbetreibers, E-Fahrzeuge während der Aufenthaltsdauer kostengünstig oder umsonst aufladen. Der Betreiber kann sich aber auch dazu entscheiden, an der solaren Parkraumbewirtschaftung zu verdienen, indem er Gebühren für das Aufladen verlangt.

Unternehmen, die Parkplätze überdachen wollen, brauchen eine objektbezogen wirtschaftliche Planung. Denn anders als die PV-Anlage, die sich über den Stromverkauf rechnet, amortisieren sich die baulichen Anteile des Daches nicht im klassischen Sinne. Es geht also darum, die Kosten beim Bauwerk so gering wie möglich zu halten. Oft sind die Bodenverhältnisse am Standort ausschlaggebend für die Höhe der Baukosten. So macht es einen großen Unterschied, ob man auf Torf, Sand, Lehm oder Fels baut.

Auch muss der Anbieter einer Überdachungslösung ein breites Know-how mitbringen, um reibungslos, sicher und kostensparend zu arbeiten. Denn das erforderliche Fachwissen umfasst Tiefbau und Erschließung, die Koordination aller Bauabläufe inklusive Baugenehmigungsverfahren sowie die fachgerechte Errichtung der Konstruktion und der technischen Anlagen bis zum Betrieb und dem Energiemanagement. Bei zu vielen Einzelanbietern kann es Probleme mit den Schnittstellen der Gewerke geben. Die Kostenentwicklung ist nur schwer kontrollierbar. Sinnvoll ist, einen Anbieter zu beauftragen, der die Verantwortung für das gesamte Projekt übernimmt oder schlüsselfertig liefern kann.

Auch Solarfassaden möglich

Erste Unternehmen bieten bereits vielfältige technische und bauliche Lösungen für die Parkplatz-Photovoltaik an. Meist handelt es sich dabei um PV- oder Hallenbaufirmen. Doch Achtung! Wird nicht alles aus einer Hand umgesetzt, werden unter Umständen die vollen Gewährleistungen nicht wirksam. Sonst sollte je nach Standort, Parkplatzgröße und gesetzlichen Vorgaben die planerisch und ökonomisch beste Lösung ermittelt werden. Bei Parkhäusern werden zum Beispiel manchmal auch Solarfassaden realisiert, statt eines Daches. Oder es werden großflächige, sehr massive Konstruktionen errichtet. Möglich sind auch Hallen- und Parkhausüberbauungen mit PV sowie statische Parkreihen mit Solardächern oder flexible Carport-Lösungen.
Im Ergebnis braucht es für die Unternehmen möglichst preisgünstige und flexible Lösungen. Wenn es zum Beispiel um große Flächen ab 50 Stellplätzen geht, können Parkmodulsysteme eine kosten- und flächeneffiziente wie baulich ästhetische Lösung sein. Über die Modulproduktion lassen sich die Herstellungskosten der Anlagen deutlich senken. Als begrünte offene Flächen bleiben die Außenanlagen trotz der Parkflächen attraktiv und können den Nutzern eine angenehme Aufenthaltsqualität bieten. <<

Sven Endris ist Experte für Photovoltaik, Lade­infrastruktur und konstruktiven Ingenieurbau und geschäftsführender Gesellschafter der Wi Solar.

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