Stellantis in der Krise: Milliardenverlust trifft auch deutsche Zulieferer
| Markt und Mittelstand Redaktion
Der Autokonzern verzeichnet im ersten Halbjahr 2025 einen Verlust von 2,3 Milliarden Euro bei einem Umsatzrückgang um 13 Prozent.
Der Autokonzern Stellantis, Mutter von Marken wie Peugeot, Opel und Fiat, steckt in einer tiefen Krise. Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete das Unternehmen einen Verlust von 2,3 Milliarden Euro. Der Umsatz sank auf 74 Milliarden Euro – ein Rückgang um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, als noch 85 Milliarden Euro in die Kassen flossen, wie die Tagesschau berichtet. Besonders das Nordamerika-Geschäft brach ein: Der regionale Umsatz schrumpfte von 38 auf 28 Milliarden Euro.
Die Zollpolitik der USA belastet den Konzern erheblich. Stellantis beziffert die Kosten für das Gesamtjahr auf rund 1,5 Milliarden Euro, wovon bereits 300 Millionen Euro im ersten Halbjahr anfielen, so die Süddeutsche Zeitung. Die Zölle von 27,5 Prozent auf Importe aus Mexiko und Kanada treffen den Konzern hart, da er dort zahlreiche Produktionsstätten für den US-Markt betreibt.
Dramatischer Gewinneinbruch und Überproduktion
Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis von Stellantis sank von 8,5 Milliarden Euro auf nur noch 540 Millionen Euro – ein Rückgang um 94 Prozent innerhalb eines Jahres, wie Heise meldet. Die bereinigte operative Gewinnmarge lag bei mageren 0,7 Prozent. Im Industriegeschäft verbrannte der Konzern rund drei Milliarden Euro an Barmitteln.
Neben den Zollbelastungen kämpft Stellantis mit Überproduktion. Laut Tagesschau stehen 900.000 Autos bei Händlern und weitere 300.000 auf den Höfen der Stellantis-Werke. Diese Überbestände führen zu Preisdruck und belasten die Margen zusätzlich. Trotz der erkannten Problematik hat sich beim Bestand unverkaufter Neuwagen praktisch nichts verbessert.
Opel im Abwärtsstrudel
Auch die deutsche Konzerntochter Opel leidet unter der Krise. Die Zulassungszahlen in Deutschland sanken in fast allen Monaten des ersten Halbjahres 2025 gegenüber den Vorjahresmonaten um 10 bis 45 Prozent, wie die Tagesschau unter Berufung auf Daten des Kraftfahrtbundesamtes berichtet. Nur im April 2025 liefen die Opel-Zulassungen gut.
Stellantis-Deutschland-Chef Florian Hüttl versuchte dennoch, Optimismus zu verbreiten. „Opel hat klar den Auftrag, innerhalb von Stellantis den Norden und Osten Europas zu bedienen", erklärte er laut Tagesschau in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Personalstand bei Opel schrumpft jedoch kontinuierlich – von gut 11.000 Mitarbeitern im Jahr 2022 auf knapp 9.000 im Jahr 2023.
Managementwechsel und Zukunftsaussichten
Nach dem schlechten Abschneiden im US-Markt hat Stellantis im Mai 2025 einen Führungswechsel vollzogen. Der neue Konzernchef Antonio Filosa löste Carlos Tavares ab, der nach Problemen beim Absatz der großen SUVs und Pick-ups der Konzernmarken Chrysler, Dodge, Jeep und Ram gehen musste. Diese Fahrzeugkategorien waren jahrelang die Gewinnbringer des Konzerns.
Filosa kündigte für das zweite Halbjahr Verbesserungen an. „Unser neues Führungsteam wird, bei einer realistischen Einschätzung der Herausforderungen, weiterhin die nötigen Entscheidungen treffen, um wieder zu Wachstum und deutlich besseren Ergebnissen zu kommen", zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung. Der Umsatz soll steigen und die operative Gewinnmarge im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.
Branchenkenner kritisieren, dass Stellantis zu stark auf Elektromobilität gesetzt habe, ohne Spitzenprodukte hervorzubringen. Zudem belasteten Qualitätsprobleme das Geschäft und führten zu verspäteten Markteintritten neuer Modelle. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wurden im ersten Halbjahr 2025 weiter reduziert, nachdem sie bereits 2024 zurückgefahren worden waren.
Fakten kompakt: Stellantis-Krise
Die wirtschaftliche Situation des Autokonzerns Stellantis spitzt sich dramatisch zu. Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- Der Umsatz sank im ersten Halbjahr 2025 um 13 Prozent auf 74 Milliarden Euro.
- Das bereinigte operative Ergebnis brach um 94 Prozent auf 540 Millionen Euro ein.
- US-Zölle belasten den Konzern 2025 mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro.
- Die Lagerbestände umfassen 1,2 Millionen unverkaufte Fahrzeuge.
Markt und Mittelstand Praxischeck
Die Stellantis-Krise wirkt sich direkt auf die Zulieferkette aus. Mittelständische Zulieferer müssen mit Auftragsrückgängen, Preisdruck und verschärften Zahlungsbedingungen rechnen. Die US-Zollpolitik verstärkt den Druck auf die gesamte Automobilbranche und zwingt zu strategischen Neuausrichtungen.
Handlungsempfehlungen für Zulieferer:
Reduzieren Sie die Abhängigkeit von einzelnen Autokonzernen binnen 12 Monaten auf maximal 25% des Umsatzes.
- Prüfen Sie Ihre Lieferverträge auf Klauseln zu Mengengarantien und Preisanpassungen – handeln Sie jetzt Nachbesserungen aus.
- Investieren Sie 3-5% des Jahresumsatzes in die Erschließung alternativer Branchen wie Medizintechnik oder Luftfahrt.
- Bauen Sie Liquiditätsreserven für mindestens 6 Monate auf, um Zahlungsverzögerungen abzufedern.
- Analysieren Sie die Auswirkungen der US-Zollpolitik auf Ihre Lieferketten und entwickeln Sie bis Q1/2026 Alternativszenarien.
Und doch: Die Krise bietet trotz aller Risiken auch Chancen: Wer jetzt seine Abhängigkeiten reduziert und in Innovationen investiert, kann gestärkt aus der Transformation hervorgehen. Wer abwartet, riskiert seine Existenz.
Häufig gestellte Fragen
Wie stark sind deutsche Zulieferer von der Stellantis-Krise betroffen?
- Mittelständische Zulieferer mit einem Stellantis-Anteil über 30% am Gesamtumsatz müssen mit Umsatzeinbußen von 15-25% rechnen. Besonders gefährdet sind Unternehmen, die spezifische Komponenten für Opel oder die amerikanischen Konzernmarken liefern.
Welche Auswirkungen haben die US-Zölle auf meine Lieferketten?
- Die Zölle zwingen Automobilhersteller zu Produktionsverlagerungen. Rechnen Sie mit Standortverlagerungen und prüfen Sie bis Q4/2025, ob Ihre Produkte von Sekundärzöllen betroffen sein könnten.
Sollten wir als Zulieferer unsere Elektromobilitätsstrategie überdenken?
- Ja, diversifizieren Sie Ihr Portfolio. Stellen Sie sicher, dass maximal 40% Ihrer F&E-Investitionen in reine Elektromobilität fließen. Verteilen Sie 60% auf Hybridtechnologien, Wasserstoff und Effizienzsteigerungen bei konventionellen Antrieben.
Wie können wir uns gegen Zahlungsausfälle bei Stellantis absichern?
- Implementieren Sie sofort ein verschärftes Forderungsmanagement mit Zahlungszielen von maximal 30 Tagen. Sichern Sie Großaufträge über 500.000 Euro mit Bankgarantien ab und prüfen Sie die Möglichkeit des Factorings für alle Stellantis-Forderungen.
Welche weiteren Risiken entstehen durch die Restrukturierung bei Stellantis?
- Achten Sie auf veränderte Compliance-Anforderungen bei Vertragsumstellungen. Dokumentieren Sie alle Preisverhandlungen lückenlos, um Kartellvorwürfe zu vermeiden. Prüfen Sie bei Produktionsverlagerungen die Einhaltung von Exportkontrollvorschriften und investieren Sie in externe Rechtsberatung.