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Vor der Wärmepumpe kommt das Warten

Die Preise für Energie sind kräftig gestiegen. Wer mit Öl oder Gas heizt, sucht nach einer Alternative. Besonders gefragt ist eine Technik, die auch die Bundesregierung fördert – Sonderkonjunktur für Energieberater und Handwerker. Doch es hakt überall.

Wärmepumpe

Krise? Welche Krise? Die Hersteller von Wärmepumpen, Energieberater und das Handwerk erleben goldene Zeiten. Seit die Preise für Öl und Gas in die Höhe schießen, rennen ihnen die Verbraucher die Bude ein. Entsprechend schießen die Preise in die Höhe. Dennoch lacht die Branche nicht.

 

„Um die Wärmepumpen hat sich ein wahrer Boom entwickelt“, sagt Stephan Thieß von der unabhängigen Beratungsagentur Renewa in Hamburg. Er beobachtet das Interesse an der Technologie, die Öl und Gas überflüssig macht, schon länger. Auf der Seite Energieheld.de haben sich in den vergangenen Monaten im Schnitt 1000 Interessenten über Fördermöglichkeiten und Technik informiert. Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine ist das Interesse förmlich hochgeschnellt. „Am 8. März waren 4500 Leute auf der Seite“, zeigt Thieß auf eine Grafik, die den Besuchsverlauf nachbildet. Im Schnitt informieren sich täglich gut 3000 Menschen über Wärmepumpen.

 

Simpel erklärt, nutzt die Technologie das gleiche Prinzip wie ein Kühlschrank. Der entzieht seinem Innenraum die Wärme und gibt sie nach außen ab. Die Wärmepumpe arbeitet genau anders herum: Sie holt sich über die Außenluft, Erdwärme oder Grundwasser die Heizenergie für das Haus. So wird beispielsweise Flüssigkeit durch das warme Erdreich tief unter dem Haus geleitet und dann oben an einem Kältemittel vorbeigeleitet, das sich erwärmt und verdampft. Die Wärmepumpe leitet das Kältemittelgas in einen Kompressor, was es weiter aufheizt. In einem weiteren Schritt kondensiert das heiße Kältemittelgas, wobei es seine Wärme an den Wasserkreislauf im Haus abgibt. Dabei kommen die besten Wärmepumpen auf einen Wirkungsgrad von bis zu 500 Prozent. Damit ist diese Technologie die derzeit effizienteste Heizung.

 

Kein Wunder, dass sich viele Hausbesitzer diese Alternative jetzt genauer ansehen. Industrie und Handwerk bestätigen das riesige Interesse an den Wärmepumpen. Der Markt legt mit Zuwachsraten von 30 Prozent rasant zu. Allein im vergangenen Jahr wurden 150.000 Anlagen installiert. Das Handwerk ist komplett ausgelastet. „Wir haben derzeit einen durchschnittlichen Auftragsbestand von 14 Wochen“, bestätigt Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, der den Überblick über 49.000 Mitgliedsunternehmen mit 392.000 Beschäftigten hat. Einzelne Betriebe sind noch sehr viel länger ausgebucht. Oft können sie gar nicht arbeiten, weil die Industrie nicht liefern kann. Die kämpft nämlich auch mit fehlenden Teilen, beispielsweise Elektronik für die Steuerung.

 

Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle die Technologie beherrschen. „Wir haben aktuell eine Umfrage initiiert, um uns einen Überblick zu verschaffen“, erklärt Bramann. Er schätzt, dass zwischen 15 und 30 Prozent der Betriebe derzeit in der Lage sind, eine Wärmepumpe einzubauen. Bei mindestens zwei von drei Unternehmen klopfen die Interessenten also vergeblich an, weil das nötige Fachwissen fehlt. „Hier müssen wir zusammen mit der Politik mehr für Weiterbildung werben“, gibt Bramann zu. Viele Unternehmen seien auch so gut ausgelastet und könnten auf ihre wenigen Fachkräfte für zusätzliche Schulungen nur schwer verzichten.

 

Denn ausgebildeten Leute sind ohnehin selten. Der Verband beziffert den aktuellen Personalbedarf auf rund 40.000 Monteure und mehr als 30.000 Auszubildende. Der Fachkräftemangel trübt die Festtagsstimmung in der Branche erheblich. „Wir fragen uns, wie denn die sechs Millionen Wärmepumpen installiert werden sollen, die sich die Politik bis 2030 vorgenommen hat“, sagt Bramann. Die Branche benötige dazu allein 60.000 zusätzliche Monteure.

 

Bevor die Heizungsbauer anrücken können, haben vor allem Besitzer bestehender Gebäude erheblichen Beratungsbedarf. Und der kostet: Rund 2000 Euro müssen sie in die Hand nehmen, um eine umfassende Machbarkeitsanalyse vornehmen zu lassen. Und manchmal ist das Ergebnis ernüchternd. Denn besonders effizient sind Wärmepumpen, wenn das Wasser nicht stark erwärmt werden muss. Das ist bei Fußbodenheizungen der Fall, die bereits mit einer Temperatur von 35 Grad für wohlige Wärme im Haus sorgen. Die klassischen Systeme mit Heizkörper benötigen wesentlich heißeres Wasser. Entsprechend steigen auch die Betriebskosten. „Wer also eine Wärmepumpe in einem bestehenden Haus nutzen will, sollte das nur im Rahmen einer Generalsanierung tun“, rät Thieß. Alles andere rechne sich nicht. Zur Kalkulation gehören erfreulicherweise auch Zuschüsse des Staates, der die Verbreitung der Wärmepumpen fördert und so aber auch den Run auf die Technologie befeuert. Auf ihrer Seite energieheld.de beziffern Deshalb kann man nach Angaben der Hamburger Renewa-Experten – je nach Bauart der Wärmepumpe – durchschnittlich zwischen 5000 und 10.000 Euro Förderung für eine Wärmepumpe bekommen. Es geht aber auch deutlich mehr: Als direkte Förderung erhalten die Hausbesitzer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Zuschuss von mindestens 35 Prozent der förderfähigen Kosten von höchstens 60.000 Euro. Wird die Wärmepumpe als Ersatz für eine alte Ölheizung installiert, übernimmt der Staat sogar 45 Prozent. Unter bestimmten Voraussetzungen sind weitere fünf Prozent drin, so dass im Idealfall eine Förderung von maximal 30.000 Euro möglich ist.

 

Das System benötigt für den Betrieb Strom. Mit Elektrizität wird auch zugeheizt, wenn es draußen im Winter zu kalt für die Wärmepumpe ist. Das kann unter dem Strich teuer werden. „Ideal ist eine Kombination mit einer Solaranlage, die die Stromkosten halbieren kann“, erklärt Experte Thieß. Nur so trägt der Hausbesitzer auch aktiv etwas zum Klimaschutz bei. Die Renewa-Experten taxieren den durchschnittlichen Bedarf für ein Einfamilienhaus mit 140 Quadratmetern zwischen 7200 (Neubau) und 28.000 (Altbau) Kilowattstunden Wärmeenergie. Das entspricht grob einem Strombedarf zwischen 1600 und 6200 Kilowattstunden Strom. Dazu bieten einige Versorger einen Wärmepumpentarif an.

 

Die breite Spanne macht deutlich, dass nicht in jedem Fall Wärmepumpen eine wirtschaftliche Alternative sind. Zumal die Anschaffungskosten gerade kräftig steigen. Schon vor dem Krieg in der Ukraine haben die Marktbeobachter der Renewa in den vergangenen Monaten einen Preisanstieg von 25 bis 40 Prozent ermittelt. „Inzwischen sind die Preise um mehr als 50 Prozent gestiegen“, bemerkt Thieß. Mit gestiegenen Produktionskosten sei das wohl nicht zu erklären, deutet der Experte an, dass die Branche den Ansturm der Verbraucher auch nutzt, um Kasse zu machen. Die Heizungsindustrie sieht dies logischerweise anders. Verbandschef Staudt verweist darauf, dass die Kosten für Rohstoffe und Energie stark gestiegen seien. Das schlage auf die Preise durch.

 

Es geht also um eine Stange Geld. Alternativ zum BAFA-Zuschuss ist ein so genannter KfW 262 Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau möglich. Der beinhaltet bei einem Darlehen von bis zu 60.000 Euro einen Tilgungszuschuss von bis zu 50 Prozent der Kreditsumme, also maximal 30.000 Euro. Ansonsten fördert die KfW Wärmepumpen nur anteilig bei Komplettsanierungen oder Neubauten nach Effizienzhaus-Standard. Bei einer Sanierung zum Effizienzhaus steht im Rahmen des Programms KfW 461 steht ein Zuschuss von 50 Prozent der förderfähigen Kosten von höchstens 150.000 Euro, also von maximal 75.000 Euro zur Verfügung. Welche Maßnahmen gefördert werden können, muss ein Energieexperte bescheinigen, sonst fließt kein Geld. Die sind auch gut ausgelastet. Wieder ein Nadelöhr durch das Sanierer und Häuslebauer müssen und mit zusätzlichen Wartezeiten verbunden ist.

 

Die Bundesregierung befeuert den Run auf die von Wärmepumpen tatkräftig. So werden Neubauten nur noch gefördert, wenn sie der Norm KFW 55 entspricht. Das Bedingt hohe Energieeffizienz, die man vor allem mit einer Wärmepumpe erreichen kann. Ab 2024 bekommen auch Gasheizungen nur noch Zuschüsse, wenn sie mit einer Wärmepumpe kombiniert werden. Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Heizungsindustrie (BDH) kritisiert denn auch, dass die Politik sich aktuell vor allem auf wenige Lösungsvarianten kapriziert. Lösungen mit Wasserstoff, beispielsweise über das ohnehin bestehende Gasnetz, würden ausgeklammert. „Doch nicht in allen Fällen sind Wärmepumpen die beste Lösung. So aber entsteht bei den Verbrauchern große Verunsicherung.“ Am Ende würden sie gar nichts machen. Dabei müssten gut elf Millionen veraltete Heizungsanlagen in Deutschland saniert werden.

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