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Technologie > Emissionen im Fuhrpark einsparen

Weshalb ein Mittelständler Prämien fürs umweltfreundliche Pendeln zahlt

Mit alternativen Antrieben lassen sich nicht nur Emissionen im Fuhrpark einsparen, sondern auch die Mitarbeiter motivieren. Der Stuttgarter Versandhändler Kaiser und Kraft belohnt daher Mitarbeiter für umweltfreundliches Verhalten.

Die täglichen Fahrten zur Arbeit und nach Hause mit dem Auto nehmen nicht ab – das Fahr-Pensum der deutschen Pendler ist in den vergangenen 25 Jahren um ein Fünftel gewachsen, zugleich sank die Zahl der Bahnfahrer um ein Fünftel. Dies zeigt die Studie „Verkehrsmittelwahl der Erwerbstätigen 2016“ der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Hälfte aller Pendler ist in kreisfreien Großstädten per Pkw unterwegs.

Neben den lästigen Staus und dem dadurch verbundenen Zeitverlust auf dem Weg zur Arbeit machen auch der Kraftstoffverbrauch und die Auswirkungen des Schadstoffausstoßes Berufstätigen und Unternehmen zu schaffen. Hier können sich die Betreiber eines Fuhrparks für ein stärkeres Umweltbewusstsein engagieren – das zugleich auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Diesen Ansatz verfolgt das in Stuttgart ansässige Unternehmen Kaiser und Kraft. „Im Bereich der Mobilität können wir aktiv Einfluss nehmen“, sagt Rolf Schiffel, Geschäftsführer Lager/Logistik bei dem Stuttgarter Versandhändler für die Ausstattung von Betrieb, Lager und Büro. Die Strategie des Unternehmens besteht aus zwei Ansätzen: der Nutzung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben im 50 Fahrzeuge umfassenden Fuhrpark und der Mobilitäts-Jahresbilanz eines Mitarbeiters.

Weniger Abgase

Bei den Poolfahrzeugen stehen den Mitarbeitern ein BMW i3, ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug, sowie drei Erdgasautos – ein Passat, ein Golf sowie ein VW-Transporter – zur Verfügung. Diese insgesamt vier Poolfahrzeuge können die Mitarbeiter für Dienstfahrten nutzen. Bereits seit 2017 ist das Elektroauto im Einsatz. Der BMW i3 erhält seinen Antrieb aus dem Elektromotor und dem Range-Extender, einem angepassten Zwei-Zylinder-Rollermotor. Das Zusammenspiel ermöglicht eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Dadurch eignet sich das Fahrzeug für Strecken bis zu 180 Kilometer um den Stuttgarter Standort herum. Betrieben wird das Fahrzeug nur mit Ökostrom. In zwei Jahren brachten es die Firmenfahrer auf eine Gesamtleistung des E-Mobils von 14.600 Kilometern.

Auch wenn das nicht gerade eine allzu große Strecke ist, zeigt sich dennoch ein Einspareffekt. So hätte ein Auto mit einem Verbrennungsmotor für diese Strecke etwa 1.020 Liter Benzin benötigt. Weil der Range-Extender 120 Liter Benzin verbrauchte, wurden unterm Strich immerhin 900 Liter Kraftstoff eingespart. Bei Emissionen von 2,33 Kilogramm Kohlendioxid pro Liter Benzin wurden damit in zwei Jahren rund 2,1 Tonnen CO2 eingespart. Das spornt zu Sparwettbewerben an. „Ein Mitarbeiter hat die Strecke Stuttgart–München–Haan–München–Stuttgart komplett mit unserem Elektrofahrzeug zurückgelegt“, erklärt Rolf Schiffel.

Da wiederum zeigt die Mobilitäts-Jahresbilanz der Mitarbeiter ihre Wirkung, ein CO2-Prämiensystem. „Damit möchten wir unsere Mitarbeiter nicht nur anregen, den Arbeitsweg möglichst schadstoffarm zurückzulegen und gleichzeitig etwas für ihre Gesundheit zu tun. Wir wollen auch anderen Unternehmen als Vorbild dienen, um die Nutzung eines umweltfreundlichen Arbeitsweges zu fördern“, sagt Sandra-Viola Mändle, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und zuständig für das Projekt Mobilität.

Punkte im Straßenverkehr

Das Verfahren ist recht simpel: Jeder Mitarbeiter kann Punkte für das von ihm gewählte Verkehrsmittel sammeln. Je weniger Schadstoffe durch das gewählte Fortbewegungsmittel entstehen, desto mehr Prämienpunkte gibt es. „Wer zum Beispiel mit dem Rad zur Arbeit kommt, erhält acht Punkte. Die Fahrt mit Bus und Bahn bringt zwei Punkte ein, und wer sich einer Fahrgemeinschaft angeschlossen hat, erhält einen Punkt. Pro Mitarbeiter und Jahr macht das eine Prämie von maximal 600 Euro brutto“, erklärt Mändle. Die erreichbare Prämie ist mit diesem Betrag nach oben gedeckelt, jeder Teilnehmer bekommt seinen Anteil ausbezahlt. Dabei wird die Auszahlung der Punkte zum durchschnittlichen Arbeitsweg aller Mitarbeiter des Unternehmens von 19 Kilometern und 220 Arbeitstagen ins Verhältnis gesetzt. „Viele der Teilnehmer sind derart motiviert, eine möglichst hohe Prämie zu erhalten, dass sie besonders darauf achten, auf welchem Weg sie zur Arbeit kommen.“ Einer der Spitzenkandidaten fährt täglich aus seinem 30 Kilometer entfernten Wohnort mit dem Fahrrad oder, wenn es gar nicht anders geht, per Carsharing ins Unternehmen.

Belohnung für Umweltfreunde

Der Neueinstieg in das Prämiensystem ist zu jedem Monatsbeginn für die Mitarbeiter möglich. Der Teilnehmer trägt das von ihm gewählte Verkehrsmittel pro Tag in ein Formular ein, das am Anfang des darauffolgenden Jahres vom Team Mobilität ausgewertet wird. Im Februar des Folgejahres wird für die erzielte Punktezahl eine Prämie ausbezahlt und in Bruttolohn umgewandelt. 2019 haben 245 Mitarbeiter – etwa 40 Prozent der Belegschaft – an der Mobilitätsprämie teilgenommen.

Nicht ganz einfach war die Zuteilung der Punkte, denn wer näher am Unternehmen wohnt, hat einen deutlich kürzeren Arbeitsweg als jemand, der täglich weite Entfernungen zurücklegen muss. Wie wirkt sich das auf die Verteilung aus? „Damit sich das Mitmachen auch bei kürzerem Arbeitsweg lohnt, wurde die Punktezahl für Fußgänger und Fahrradfahrer im vergangenen Jahr erhöht“, sagt Mändle.

Auch bei Geschäftsreisen zu Kunden greifen die ökologisch orientierten Regeln des Unternehmens. In der Dienstreiserichtlinie des Unternehmens ist festgeschrieben, auf die Nutzung von Flugzeugen bei Strecken unter 600 Kilometer zu verzichten. Stattdessen sollen die Mitarbeiter mit dem Zug reisen oder Mitfahrmöglichkeiten nutzen. Zudem sollen Alternativen zu Geschäftsreisen wie Video- und Telefonkonferenzen häufiger genutzt werden.

Weitere erfreuliche Effekte der Initiative kann Sandra-Viola Mändle melden: „Im Fokus steht auch die Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter. Dadurch entsteht auch ein positiver und motivierender Zusammenhalt, der die Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen bindet.“

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