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Management > Süßwarenunternehmer Sven Kaufhold

Bei Köhler Küsse ist das Abschmecken Chefsache

In dritter Generation leitet Sven Kaufhold die Schokomanufaktur Köhler Küsse. Das Geschäft brummt, bald soll’s in die USA gehen. Das ist schwieriger, als manch einer denkt.

Eigentlich mag Sven Kaufhold Schaumküsse nicht besonders gern. Oder zumindest sind sie nicht seine Lieblingssüßigkeit. Als Kind ist er im Familienbetrieb herumgetollt und hat beim Verkaufen oder Verpacken geholfen. „Dabei habe ich natürlich genascht“, erinnert sich der Geschäftsführer von Köhler Küsse, „aber eigentlich mochte ich reine Schokolade schon immer mehr.“

Das hindert Kaufhold aber nicht daran, sich höchstpersönlich um die neuen Schokokuss-Kreationen zu kümmern. Ständig ergänzt die mittelständische Schokoladenmanufaktur aus dem hessischen Hainburg ihr Sortiment aus über 30 Arten um neue Geschmacksrichtungen. Das Abschmecken ist Chefsache. Die bislang gewagteste Mixtur: Schaumküsse mit Jack-Daniels-Aroma, die auf Bestellung für ein Cowboy-Festival produziert wurden. Dass nicht jede neue Variante zum Verkaufsschlager avanciert, nimmt Kaufhold gelassen. „Wenn die Bestellmenge stimmt, probieren wir gern Mischungen für die Kunden aus – uns muss es ja nicht schmecken“, verrät der Geschäftsführer lachend.

Bis zu 130.000 Schokoküsse können die beiden Produktionsanlagen von Köhler Küsse täglich herstellen. Theoretisch sind die Süßwaren bis zu 20 Jahre lang haltbar. In den ersten Tagen sei der Schaum aber am fluffigsten und leckersten, weiß Kaufhold und empfiehlt einen produktionsnahen Verzehr.

Vom Waffelbäcker zum internationalen Confiserie-Experten

In der Firma arbeiten etwa 60 Mitarbeiter ganzjährig, rund zwei Dutzend Aushilfen kommen für die Hochsaison im Herbst hinzu. Gutes Personal zu finden sei schwierig, sagt Kaufhold. Das liege auch an dem branchentypisch niedrigen Lohnniveau. Mehr als ein Jahr lang suchte das Unternehmen für seine neue Pralinenherstellung einen Chocolatier. Ohne Erfolg. Nun hat Kaufhold einen fachfremden Bäckermeister eingestellt – „als notwendige Alternative“.

1933 von Kaufholds Großvater Philipp Adalbert Nikolaus Köhler gegründet, produzierte der Süßwarenhersteller anfangs vor allem Waffeln und vertrieb Maschinen und Equipment für Eisdielen. In der Nachkriegszeit stieg die Familie Köhler auf die Produktion der „Wunder-Mohrentüte“ um – einer Vorgängervariante des heutigen Schaumkusses. Mittlerweile hat sich der Familienbetrieb vom simplen Waffelbäcker zum internationalen Confiserie-Experten entwickelt. Für rund drei Viertel des Gesamtumsatzes von jährlich etwa 5 Millionen Euro sorgen nach wie vor die Schaumküsse, die seit 1953 an Schausteller-Großhändler und als White Labels, also unter dem Eigenamen des jeweiligen Käufers, ausgeliefert werden. 

Nach dem Tod seines Vaters übernahm Sven Kaufhold im Jahr 1992 mit nur 27 Jahren die kaufmännische Leitung bei Köhler Küsse. Seither führt der mittlerweile 52-Jährige das Familienunternehmen in der dritten Generation – und mit der bis heute unveränderten Original-Schaumrezeptur seines Großvaters.

Physikalische Grenzen im internationalen Geschäft

Die Kunden von Köhler Küsse kommen aus ganz Europa: Hauptexportmärkte für die Hainburger Süßwarenmanufaktur sind Belgien, Frankreich und England. Dass insbesondere die Angelsachsen wahre Schaumwaren-Fans sind, liegt auch am Klima der Insel, weiß Kaufhold. Bei viel Regen und hoher Luftfeuchtigkeit schmeckten die Küsse besonders gut.

Dem internationalen Geschäft von Köhler Küsse setzt die Physik indes Grenzen: „Der Schaum in unseren Küssen reagiert auf veränderten Luftdruck und Temperaturen. Deswegen können wir sie nicht mit dem Flugzeugen transportieren“, erklärt Geschäftsführer Kaufhold: „Der Schaum würde sich ausdehnen, die Schokolade reißen und das Produkt austrocknen, da wir ohne Konservierungsstoffe arbeiten.“

 

Mehr Artikel aus unserer Serie „Macher“ finden Sie auf unserer Themenseite.

Dennoch möchte Kaufhold gern auf den Riesenmarkt USA expandieren: Derzeit lotet er mit einem lokalen Kooperationspartner die Chancen aus, direkt vor Ort produzieren zu lassen. Erste Tests in großen Einkaufsmalls haben gezeigt: Die Nachfrage in den USA nach den sogenannten Wonderpuffs ist groß. „Eine wirkliche Konkurrenz gibt es für uns nicht. Mit unserer Qualität, Tradition und Frische stehen wir marktweit allein da“, verkündet der 52-Jährige selbstbewusst.

„Wir leben hier einfach den Schaumkuss“

Da Köhler Küsse das meiste Geschäft mit der Belieferung von Schausteller-Großhändlern macht, boomt es vor allem zu den volksfestintensiven Zeiten wie Weihnachten, Fasching und Frühjahr. Konzepte, um die saisonalen Schwankungen auszugleichen, entwickelt Sven Kaufhold gemeinsam mit seiner Frau Judith: So entstand auch die Idee, mit einem Fabrikverkauf und einer Eisdiele süßhungrige Privatkäufer ganzjährig an den Stammsitz nach Hainburg zu locken. Inzwischen macht der Ladenverkauf 8 Prozent vom Gesamtumsatz aus. Manche Kunden, so berichtet Kaufhold stolz, „fahren 100 Kilometer weit, um bei uns einzukaufen“.

Mit neuen Produkten wie Waffelplätzchen versucht Köhler Küsse, sein Sortiment von der Festsaison unabhängiger zu machen. Von zentralen Großabnehmern wie etwa Supermarktketten will er nach einigen schlechten Erfahrungen aber nichts mehr wissen. Die Köhler-Produkte findet man daher nur in den Frischeregalen weniger regionaler Filialmärkte, „wo Preise für Qualitätsprodukte nicht gedrückt werden“.

Eine spezielle Entwicklungsabteilung hat der Süßwarenhersteller nicht. „Wenn wir neue Produkte entwickelt haben, probieren wir sie einfach im Fabrikverkauf an den Kunden aus. Das ist der Vorteil an der Regionalität: direkte Kommunikation, von Anfang an“, schwärmt Kaufhold. Die Produktion steht bei Köhler Küsse nur einmal im Jahr still: Zwischen Weihnachten und Neujahr sind Werksferien. 

Ob ihn die quasi permanente Arbeit im und für das Familienunternehmen belastet? Kaufhold winkt ab: „Der Rhythmus ist Gewöhnungssache. Wir leben hier einfach den Schaumkuss.“ Die nächste, die vierte Generation steht bereits in den Startlöchern: Beide Töchter des Unternehmerehepaares stehen dem Familienerbe prinzipiell nicht abgeneigt gegenüber. Für Sven Kaufhold selbst war immer klar, dass er bei Köhler Küsse einsteigen würde. Schon mit 22 Jahren arbeitete er in der Firma und war dank einer Ausbildung beim Steuerberater auch „bürofit“: „Von meinen Kindern erwarte ich trotzdem nicht dieselbe Entscheidung – auch wenn es natürlich schön wäre.


Der Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 11/2017. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.

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