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Management > Unternehmensnachfolge

Klarer Schnitt bei der Nachfolge

Dagmar Fritz-Kramer trat in vierter Generation die Nachfolge der Firma Baufritz an. Als sie die Geschäftsführung übernahm, zog ihr Vater nach Tirol. Über das Loslassen und Anpacken bei der Unternehmensnachfolge.

Ein kräftiger Händedruck, ein fester Blick in die Augen. Die Nachfolgerin Dagmar Fritz-Kramer empfängt ihre Gäste in einem Raum, der von Licht durchflutet wird. Eine große Fensterfront vermittelt den Eindruck, als sitze man eigentlich auf der Terrasse. „Vor der Unternehmensnachfolge, zu Zeiten meines Vaters hatten unsere Häuser eher den Charakter eines Blockhauses mit klitzekleinen Fenstern“, erzählt die Unternehmerin. Heute, im 116. Jahr der Firmengeschichte, weiß die Geschäftsführerin, dass es überlebensnotwendig  auch mit dem Zeitgeist zu gehen. „Ökofertighäuser im Birkenstockstil der siebziger Jahre könnten wir heute gar nicht mehr verkaufen“, sagt sie. Das musste auch ihr Vater irgendwann eingesehen. Auch wenn er immer mal wieder auch nach der Unternehmensnachfolge gern bemerkt, dass der Bauhausstil, den man bei Neubauten so oft sehe, doch nur ein Modetrend sei.

Führung und Eigentum übergeben

Mit Bemerkungen hier und da lässt Vater Hubert Fritz es auch gut sein. Denn zu sagen und zu entscheiden hat er nichts mehr. Die Unternehmensnachfolge ist schon lange her und die verbliebenen 20 Prozent an den Nachwuchs übertragen. Die Tochter, Dagmar, hält 72,5 Prozent der Anteile, ihr jüngerer Bruder Volker, der nicht für die Nachfolge in Frage kam, die restlichen 27,5 Prozent. Der Wendepunkt, die Unternehmensnachfolge, war bereits am 4. Juni 2004 erreicht, genau an Huberts 65. Geburtstag. Dagmar wurde geschäftsführende Gesellschafterin.

Das war ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Bundesregierung die Eigenheimzulage gekürzt hat. Der Umsatz brach um 30 Prozent ein. „Den Rucksack trägst jetzt du“, habe Hubert seiner Tochter bei der Nachfolge während der Krise gesagt. Und zog zu seiner Frau nach Tirol. Seine erste Frau, Dagmars Mutter, war 1988 verstorben. „Die räumliche Trennung war ein Segen“, sagt Dagmar Fritz-Kramer. „Für uns beide. Vielleicht der Erfolgsfaktor schlechthin für unsere Nachfolge.“ Ihr Vater habe nicht tagtäglich mitgekriegt, was im Unternehmen passiert, und konnte emotional besser Abstand gewinnen. Für das Personal sei das ein Signal gewesen: „Ihr müsst jetzt die Daggi ansprechen.“ „Daggi“ Fritz-Kramer konnte sich ohne den Vater im Nacken auf ihre neue Rolle als Nachfolger konzentrieren: Im Jahr 2004 hieß es zunächst Ärmel hochkrempeln. „Da hatte ich das erste und bislang auch das einzige Mal schlaflose Nächte“, erinnert sich Fritz-Kramer.

Nach der Unternehmensnachfolge

Baufritz musste im Markt auffallen und Investitions- und Innovationsstärke zeigen. Ein „brutaler“ Verdrängungswettbewerb tobte. Nur wenige Monate nach der Unternehmensnachfolge entstand das sogenannte Schwedenkonzept. Ein rotes Holzhaus, das an die malerischen Häuser in Skandinavien erinnert. Der Vater war von dieser Idee ganz und gar nicht überzeugt. Aber das Personal. „Das Vermächtnis meines Vaters ist das kreative und experimentierfreudige Personal, das ständig hungrig nach Verbesserungen ist.“ Und so saß das Personal wochenlang „mit dunklen Rändern unter den Augen“ zusammen und analysierten und zimmerten, bis das Musterschwedenkonzept stand. Es verkauft sich heute noch gut.

Schwierige Nachfolge

Ein Tropfen Wehmut Vater Hubert hat in den ersten Jahren ab und an auf die Zahlen geschaut. Und dabei auf den Posten Fremdmittel geschielt. „Keine Verbindlichkeiten zu haben, das war ihm wichtig. Wir finanzieren uns auch heute noch aus eigenen Mitteln.“ Er kam zunächst alle zwei Wochen zu Besuch. Daraus wurden schnell vier, dann acht Wochen. Irgendwann habe er gemerkt, dass die Leute viel zu tun haben und eigentlich keine Zeit, um länger mit ihm zu plaudern. Keine schöne Erfahrung für den Senior, aber eine, die ihn darin bestätigte, dass der Betrieb auch ohne ihn läuft. „Mein Vater hat gewusst, wie schwer ihm das Loslassen fallen würde“, erinnert sich Fritz-Kramer. Gerade deshalb habe er sich ein festes Ausstiegsdatum gesetzt. Und die Zeit bis dahin genutzt, um sich und seiner Tochter eine Probezeit aufzuerlegen. Gemeinsam hatten die beiden einen Fünfjahresplan entworfen. Jedes Jahr sollte sie eine neue Abteilung übernehmen. Am Schluss die Finanzen.

Vorbereitungszeit

Während dieser Zeit setzte die Nachfolgerin Dagmar auf ihr Studium für Innenarchitektur ein Studium für Wirtschaftsingenieurwesen drauf. „Ich hatte keine Ahnung von Betriebswirtschaft. Das ging gar nicht.“ In den fünf Jahren des Miteinanders haben sich Vater und Tochter „natürlich auch gerieben“, vor allem in den ersten beiden Jahren. Nicht im Tagesgeschäft, sondern bei übergreifenden Strategiefragen. Geholfen habe das offene Gespräch. „Ich finde, es ist ein Vorteil in Familienunternehmen, dass man auch mal richtig hart miteinander reden kann“, sagt Fritz-Kramer.

Seit der Unternehmensnachfolge 2004 hat sich der Umsatz um 50 Prozent auf heute 60 Millionen Euro erhöht. Fritz-Kramer hat viel bewegt, um einerseits die Abhängigkeit vom deutschen Markt für Einfamilienhäuser zu verringern und andererseits das Angebotsspektrum zu erweitern. Baufritz baut mittlerweile auch für das Gewerbe und die öffentliche Hand, vor allem Schulen und Kindergärten. Vor sieben Jahren ging es in die Schweiz, vor fünf Jahren nach England. Außerdem sieht sich Baufritz nicht mehr als reiner Holzhausbauer. Die 25 Baubiologen sorgen dafür, dass z.B. auch der Garten, Badkacheln und Bodenbeläge die Schadstoffbilanz des Ökohauses nicht durcheinanderbringen. „Sapperlot, so können wir nicht weiterleben!“, prangert sie umwelttechnische Missstände. Sie will aber auch ihren Teil dazu beitragen. „Wir sind nur ein kleiner Allgäuer Betrieb. Aber wir können Impulse setzen“, sagt die Nachfolgerin.