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Management > Unternehmensnachfolge

Nachfolgerin mit Familienanschluss

Carola Landhäuser ist 35 Jahre alt und hat fünf Kinder. Außerdem ist sie Geschäftsführerin eines Tochterunternehmens der familieneigenen Firmengruppe und designierte Nachfolgerin.

Carola Landhäuser geht nicht den klassischen – und von Dritten empfohlenen – Weg eines Nachfolgers der zweiten Generation. Weder hat sie an einer Eliteuni studiert, noch hat sie ihre ersten Berufserfahrungen in familienfremden Unternehmen gesammelt. Mit Ausnahme des einen Jahres, in dem sie bei Bertelsmann in New York ein Praktikum gemacht hat und ihren Mann kennenlernte, hat sie nahe Bielefeld gewohnt. Betriebswirtschaft hat sie an der Fernuni Hagen studiert. Kein wildes Studentenleben, keine wochenlange Trekking-Touren durch Tibet.

Ihr Lebensentwurf liest sich nicht wie der anderer Nachfolger. Carola Landhäuser hat mit 21 Jahren ihr erstes Kind bekommen. Mit 35 Jahren hat sie fünf Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren. Und führt das Tochterunternehmen Hark Treppenbau innerhalb der Horstmann-Group, die 350 Millionen Umsatz macht und etwa 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. „Sicher, ich wäre nach dem Studium gerne länger ins Ausland gegangen oder hätte ein Traineeprogramm in einem anderen Unternehmen gemacht. Aber ich hatte schon drei kleine Kinder. Dann ist man nicht mehr unabhängig in seinen Entscheidungen.“

Unternehmensnachfolge von der Pike auf

Nach dem hauseigenen Trainee startet sie die Nachfolge in der Rechtsabteilung. Carola Landhäuser spricht offen, kommt ohne Umschweife zum Punkt. „Das waren zwei lehrreiche Jahre, weil ich nur Mist auf den Tisch bekam. Großkunden im Baugeschäft zahlen ungern.“ Stück für Stück arbeitet sie sich ein. Der Rechtsabteilung folgt das Controlling. „Dann habe ich mal wieder ein Kind gekriegt.“ Die Nachfolgerin lacht. Es könnte ein selbstironisches Lachen sein. Manchmal gewinnt man den Eindruck, als lache sie über die Person, die gerade neben ihr steht. Als könne sie nicht recht glauben, dass es sich um ihr eigenes Leben handelt, über das sie gerade erzählt. 

Im Betrieb hat sie sich von der Pike auf einarbeiten müssen, ständig misstrauisch von den Mitarbeitern beäugt. „Die wussten ja, dass ich mich noch nirgends anders bewiesen hatte.“ Über andere wurde an sie der Redestoff der Kaffepausen herangetragen: Kann die das überhaupt? Kommt die nur zum Geld abholen? Manchmal nimmt die Nachfolgerin ihre Kinder mit ins Büro. „Das Gerede, die spitzen Kommentare, vor allem von Frauen, und die Blicke haben mir sehr viel ausgemacht. Ich habe mich gefragt: Ist da vielleicht was dran? Kann ich das? Bin ich eine Rabenmutter? Ich hatte das Gefühl, mir sehr viel mehr erarbeiten zu müssen als andere.“

Nachfolgerin wünscht sich mehr Lob von Vater

Und dann noch der Vater. Carola Landhäuser hatte sich eigentlich gedacht, sich regelmäßig mit ihm beim Mittagessen auszutauschen. Sie wusste ja nicht viel, als sie anfing. Doch weit gefehlt. Wie schon während ihrer Kindheit ist Jürgen Horstmann beruflich viel unterwegs, manchmal ein oder zwei Wochen am Stück. Auch schon früher begleitet den Unternehmer seine Frau – sie ist Lehrerin und Landrätin – während Carola und ihre drei jüngeren Schwestern bei den Großeltern bleiben. Carola Landhäuser hat nicht das Problem, dass ihr Vater ihr ständig reinredet und nicht in Ruhe arbeiten lässt. Das Gegenteil ist der Fall, die Nachfolgerin wünscht sich mehr Engagement. Sie ist „nur“ eine von 20 Geschäftsführern, die Gruppe ist sehr dezentral organisiert. Der Vater ist immer dort, wo es gerade brennt. „Mit Loben hat es mein Vater gar nicht.“ Und wenn er unzufrieden ist? „Dann wird er laut, und dann auch sehr schnell. Egal mit wem. Da macht er bei mir keinen Unterschied.“

Mittlerweile hält Landhäuser dagegen, wenn ihr Vater laut wird. Das musste die Nachfolgerin erst lernen. Zu sagen: So nicht. „Ich traue mir mehr zu. Er akzeptiert mittlerweile, dass ich meine eigene Stimme habe“, sagt sie. Das Schreien und Aufbrausen sei zwar nicht viel weniger geworden, aber das sei wohl eine Typfrage. Sie werde nie laut, „vielleicht gerade weil mein Vater so ist.“ Landhäuser möchte sich nicht falsch verstanden fühlen: „Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinem Vater.“ Was heißt gut? „Ehrlichkeit hat sich zwischen mir und meinem Vater entwickelt. Das ist hier keine Traumwelt. Man sitzt nicht auf dem Sofa und sagt: Wir führen das Unternehmen gemeinsam.“

Der Zeitpunkt der Unternehmensnachfolge ist gekommen

Der Vater sucht sie nach ihrer Feuertaufe immer häufiger auf, um mit ihr auch über Personalthemen zu sprechen. Eines Tages fragt er, ob sie sich vorstellen könne, in den nächsten Jahren in seine Position hineinzuwachsen – die Unternehmensnachfolge anzutreten. Unternehmerin? Eigentlich hatte sie früher einmal Hebamme werden wollen. Das sei eine Berufung, kein Job, haben ihre Eltern gesagt. „Mein Vater ist jetzt 61 Jahre alt und weiß, dass er nicht mal eben sagen kann: Hey, schickt mir bitte mal einen neuen Patriarchen.“ Landhäuser möchte auf die Nachfolge hinarbeiten, spürt aber keine Eile. „Dafür werde ich noch ein paar Jahre brauchen. Das wird sich finden – oder eben nicht.“

Resolut ist Carola Landhäuser. Sie ist keine Frau des Wenn und Aber, sondern des Entweder Oder. Zum Beispiel ihre Einstellung zum Thema Führung. „Ich glaube, entweder kann man das oder man kann das nicht. Auch die besten Seminare nützen manchmal wenig.“ Oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: „Ich bin bestimmt keine super Vorzeigefrau. Ich kann niemandem Ratschläge geben, wie das am besten funktioniert. Entweder das klappt, oder es klappt halt nicht.“

Carola Landhäuser hat für keine Seminare über die modernen Managementmethoden gebüffelt. Sie musste sich in keinem Umfeld durchsetzen, in dem sie nicht die Tochter des Unternehmers war. Stattdessen geht die Nachfolgerin durch eine andere Lebensschule. Die Verantwortung für Kinder schon im ganz jungen Alter prägt sie. Die Systeme Familie und Unternehmen greifen ineinander, ohne dass sie endlose Diskussionen darüber führen muss, ob eine Frau, die nicht rund um die Uhr erreichbar ist, eine Führungsposition innehaben kann. Ob sie sich dennoch für die Nachfolge qualifiziert, wird sich zeigen. Carola Landhäuser ist niemand, der sich etwas vormacht.  

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