Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Management > Unternehmensnachfolge

Stiftung tritt Unternehmensnachfolge an

Peter Pohlmann hat den Möbeldiscounter Poco-Domäne gegründet und groß gemacht. Nicht seine Kinder werden Nachfolger, sondern eine Doppelstiftung ist die Zukunft des Unternehmens.

Unternehmer Pohlmann hat sehr klare Vorstellungen davon, was seinem Unternehmen angemessen ist. „Ich will die beste Geschäftsführung, die ich mir in der Branche vorstellen kann, gleichgültig ob Familienmitglied oder Fremder.“ Die Frage, wie es nach ihm weitergehen soll, hat sich Pohlmann daher schon früh gestellt. Irgendwann verkaufen? Das war für ihn keine Antwort, denn das hätte nur neue Fragen aufgeworfen. „Dann hätte ich einen Haufen Geld gehabt und auch wieder etwas damit machen müssen“, sagt er.

 

Die Erkenntnis, dass eine Stiftung die Lösung wäre, verdanke er einem Gespräch mit dem Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn. Dieser Gedankenaustausch liegt bereits einige Jahre zurück: Von 1995 bis 2003 arbeitete der Unternehmer konsequent auf das angestrebte Modell hin. Es soll den Fortbestand des Familienunternehmens sichern. Dann hat er sich aus dem Tagesgeschäft an die Spitze des Aufsichtsrats zurückgezogen. Der Termin dafür war wohlüberlegt: 60 Jahre war der Geschäftsführer da da alt. Jung genug, um notfalls noch einmal zurückkehren zu können, wenn es ohne ihn so gar nicht laufen sollte. Aber die Komplikationen blieben aus: Tatsächlich, so vermerkt er befriedigt, ist alles schon auf Anhieb so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte.

Ein Unternehmer startet durch

Der Anfang seiner Karriere war da deutlich holpriger verlaufen: Die Schule hatte er mit so schlechten Noten verlassen, dass er eigentlich noch nicht einmal seine Lehrstelle bei Kaufhof hätte kriegen dürfen. Dass  sie trotzdem bekommen hat, verdankt er seiner Hartnäckigkeit, erinnert sich Unternehmer Pohlmann. Irgendwie muss er seinen späteren Chef davon überzeugt haben, dass er trotz schlechter Noten ein guter Verkäufer sein würde. Dass er das tatsächlich ist, hat Pohlmann mit seiner Poco-Kette eindrucksvoll bewiesen.

 

Begonnen hat alles 1989 in einem Gewerbegebiet von Bergkamen, als sich Unternehmer Pohlmann, der bis dato Erfahrungen in Importgeschäften und dem Teppichhandel gesammelt hatte, endgültig selbständig machte. Mit der Poco-Kette, die Möbel vor allem mit einem Argument an den Kunden bringt: mit dem Preis. „Wir verzichten auf unnötige Kosten, die etwa durch eine übertriebene Warenpräsentation und Dekoration entstehen“, heißt es auf der Poco-Homepage. 2003 öffnet die erste Filiale außerhalb von Nordrhein-Westfalen, 2007 kommen 34 Möbelmärkte der Marke Domäne und 25 Häuser der Marke Möbelix dazu. „Damit haben wir das Unternehmen um das Dreifache vergrößert“, sagt der Geschäftsführer. Auf eine Milliarde Euro beziffert er nun den Jahresumsatz, der in den deutschlandweit 87 Filialen erwirtschaftet wird. Und er sieht die Firma weiter auf Wachstumskurs: „Ich denke, 150 Häuser in Deutschland könnten es werden.“

Stiftung statt Kinder als Nachfolger

„Die Pocowskys“ nennt der Unternehmer die Leute, die in den quietschgelben Märkten einkaufen. Menschen mit einem Bruttohaushaltseinkommen von weniger als 2.500 Euro im Monat. Offenkundig mag er sie. Umgekehrt kann er mit allzu feinen Leuten nichts anfangen. Und er hat etwas gegen Mitglieder von Unternehmerfamilien, die mit ihrem Familienunternehmen nicht mehr verbindet als ihre Anteile. Und die Gewinnausschüttungen auch dann wollen, wenn das Unternehmen gar keinen Gewinn gemacht hat.

 

Noch nicht einmal sich selbst mochte Peter Pohlmann als Besitzer von Poco sehen. Er sei nur jemand, der dort eine Aufgabe hat. Eine Haltung, die sich offenbar auf seinen Nachwuchs übertragen hat. Schließlich mussten sie für die Stiftungslösung Erbverzichtserklärungen unterschreiben. Das, versichert ihr Vater, haben sie denn auch bereitwillig getan: „Sie fanden die Idee genauso gut wie ich.“ Und: Ja, der Unternehmer hätte es ihnen übel genommen, wenn sie gedacht hätten, sie hätten einen Anspruch auf das Unternehmen – und seine Gewinne. Auch Unternehmerkinder sollen arbeiten, findet Pohlmann. 

 

Aber sie müssen nicht unbedingt Unternehmer werden. Eltern müssen loslassen, und der Nachwuchs muss eigene Wege gehen, meint der Firmengründer. Und so gesehen, könnte man auch sagen: Peter Pohlmann wollte mit der Stiftung seine Familie vor dem Familienunternehmen schützen. „Ich wollte die Kinder nicht belasten mit dem Unternehmen.“ Trotzdem haben sein Sohn und seine älteste Tochter zeitweise im Poco-Management mitgearbeitet. Nun hegen sie selbst Gründungspläne, verrät der Vater. „Das macht mich besonders stolz.“

Gründer setzt auf Beirat

Will er doch eher die Firma vor seinem Nachwuchs schützen, weil sie sein liebstes Kind ist? Ein allzu sentimentales Verhältnis zum Unternehmen will sich der Unternehmer nicht unterstellen lassen. Eher müsse er manchmal seinen Nachwuchs daran erinnern, dass eine Firma kein Selbstzweck sei, sondern sich nur durch Erfolg rechtfertigt. Und dass ein Unternehmensverkauf kein Tabu ist, wenn er wirtschaftlich sinnvoll sei. Trotzdem: „Meine emotionale Bindung … Natürlich habe ich eine“, sagt er. Und lässt den Satz wie ein Eingeständnis klingen, das er sich mühsam abringt. Es sei „wie bei einem Vater, der sein Kind großzieht“, erklärt der Geschäftsführer dann weiter.

 

Funktion der Stiftung ist es nun, das zu bewahren, „was wir gemeinsam aufgebaut haben“. „Wir“: Damit meint Pohlmann nicht nur und vielleicht noch nicht einmal in erster Linie die eigenen Mitarbeiter, sondern auch Banker, Lieferanten, Vermittler. Doch nicht nur das Vertrauen anderer war dem Unternehmer wichtig, sondern auch ihr Rat. Den wollte er anfangs auch in der Stiftung haben. In Gestalt eines Beirats, der die Unternehmerfunktion übernimmt. „Ich wusste, was für Leute ich dafür nicht wollte“, sagt er. „Keinen aus meinem Freundeskreis. Und keinen, der mit mir stirbt.“ Deshalb hat er sich Beiräte gesucht, die seine Branche kennen, ohne direkte Konkurrenten zu sein. Und tatsächlich hätten die ihm in der Aufbauphase sehr geholfen, lobt er. „Meine Kinder kamen für den Beirat nicht in Frage“, erzählt Pohlmann. „Ich wollte ja extra die Trennung zwischen Familie und Unternehmen.“ Der Beirat der Stiftung verfügt über Entscheidungsvollmachten in drei Bereichen: bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages, bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen und bei der Frage, wer Nachfolger seiner Kinder wird. Seine Kinder haben hier Vorschlags-, aber kein Entscheidungsrecht.

Doppelstiftung tritt Nachfolge an

„Tripos“ ist der wohlklingende Namen der Familienstiftung. Ihre größte und wichtigste Beteiligung ist das Unternehmen Poco-Domäne GmbH. Unternehmer Pohlmann und sein Nachwuchs sind Geschäftsführer der Stiftung. Als Selbstbedienungsladen ist sie ungeeignet: 95 Prozent ihres Kapitals gehören einer weiteren Stiftung, die den Namen des Firmengründers trägt. Die Peter-Pohlmann-Stiftung ist – im Gegensatz zu Tripos – als gemeinnützig eingestuft. Und mithin verpflichtet, Gutes zu tun. Also wohltätig zu wirken, und zwar im engeren Sinn.

 

Sie fördert das, was Pohlmann am Herzen liegt. Initiativen, die sich um Bildung für Migrantenkinder bemühen zum Beispiel. Dabei spielt eine Rolle, dass bei Poco viele Einwanderer arbeiten. Und dass Unternehmer Pohlmann ans deutsche Schulsystem keine guten Erinnerungen hat. Mit dem Poco-Preis für Handelsforschung werden Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern prämiert. Und auch für Hochkultur gibt er gerne: „Ich hab überhaupt keine Ahnung von klassischer Musik. Aber sie macht mir Spaß.“ Rund 100.000 Euro pro Jahr kämen so unters Volk, sagt der Firmengründer. Und damit in etwa jene Summe, die er schon gespendet habe, als es noch keine Stiftung gab. Um Gutes zu tun hätte der Unternehmer sie also nicht gebraucht.