Wie Unternehmen souverän auf Shitstorms reagieren
Titel: Zwischen Moral und Markt: Ritter Sport im Kreuzfeuer der Kritik
Wenn wirtschaftliche Interessen auf gesellschaftliche Erwartungen treffen, geraten Unternehmen schnell in den Fokus öffentlicher Empörung. Der Fall Ritter Sport zeigt, wie komplex und folgenreich solche Konfrontationen sein können.
Ein süßer Geschmack mit bitterem Beigeschmack
Im Frühjahr 2022 sah sich der Schokoladenhersteller Ritter Sport einer Welle der Kritik ausgesetzt. Während zahlreiche Unternehmen ihre Geschäftsbeziehungen zu Russland aufgrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine einstellten, entschied sich Ritter Sport, weiterhin Schokolade nach Russland zu liefern. Die Begründung: Man wolle die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und die Lebensgrundlagen der Kakaobauern sichern.
Diese Entscheidung stieß auf massive Ablehnung. In sozialen Medien wurde der Slogan des Unternehmens spöttisch in „Quadratisch. Praktisch. Blut.“ umgewandelt. Selbst politische Akteure wie der ukrainische Außenminister äußerten scharfe Kritik. Die Marke, einst für ihre klare Positionierung und Qualität geschätzt, sah sich plötzlich mit einem erheblichen Imageverlust konfrontiert.
Die Gratwanderung der Krisenkommunikation
Ritter Sport versuchte, den Sturm der Entrüstung durch ein öffentliches Statement zu besänftigen. Man verurteile den Krieg aufs Schärfste und wolle die Gewinne aus dem Russland-Geschäft an humanitäre Organisationen spenden. Doch diese Maßnahmen konnten die Wogen nicht glätten. Markenexperten warnten vor einem dauerhaften Makel für die Marke, der sowohl Kunden als auch potenzielle Mitarbeiter abschrecken könnte.
Infokasten: Ein Blick in die Geschichte – Wie Unternehmen auf Shitstorms reagieren
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Dell Hell (2005): Blogger Jeff Jarvis kritisierte öffentlich den schlechten Kundenservice von Dell. Das Unternehmen ignorierte zunächst die Beschwerden, was zu einem massiven Imageverlust führte.
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Nestlé und Greenpeace (2010): Greenpeace warf Nestlé vor, für die Produktion von KitKat Palmöl aus Regenwaldgebieten zu verwenden. Nestlés Versuch, das Protestvideo zu entfernen, führte zum sogenannten Streisand-Effekt und verstärkte die Kritik.
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Pepsi-Werbung mit Kendall Jenner (2017): Eine Werbekampagne, die Protestbewegungen verharmloste, wurde nach heftiger Kritik zurückgezogen. Pepsi entschuldigte sich öffentlich für den Fehltritt.
Lehren für die Zukunft
Der Fall Ritter Sport verdeutlicht, dass Unternehmen in Zeiten globaler Krisen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch moralische Verantwortung tragen. Eine transparente Kommunikation, die Bereitschaft zur Selbstkritik und das Verständnis für gesellschaftliche Sensibilitäten sind entscheidend, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu bewahren.
In einer vernetzten Welt, in der Informationen und Meinungen sich rasend schnell verbreiten, können Fehltritte gravierende Folgen haben. Unternehmen sollten daher proaktiv handeln, ihre Entscheidungen sorgfältig abwägen und stets den Dialog mit der Öffentlichkeit suchen.