Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Einkauf, Marketing und Marken > Schokolade ohne Kakao: Die Erfolgsstory von Planet A Foods

„Am Anfang haben viele in der Industrie über uns gelacht“

Der Preis für Kakao hat sich rasant erhöht. Sara und Maximilian Marquart von Planet A Foods haben die Lösung: Schokolade ohne den Rohstoff.

Als die Marquardts ihre Schokolade ohne Kakao vorstellten, lachte die Industrie. Heute sind sie Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Kostenersparnis – und die Nachfrage wächst stetig. Bild © Planet A Foods

Das Gespräch führte Thorsten Giersch.

Sara, Maximilian, esst ihr gerne Schokolade?

Sara: Ja, das ist eine leicht zu beantwortende Frage. Ich glaube, Max und ich, wir sind beide Chocoholics, also wir lieben Schokolade.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Schokolade ohne Kakao zu machen?

Sara: Ich habe Ende 2020 ein Buch gelesen von einem amerikanischen Biologen, der darstellte, wie drastisch der Klimawandel den Kakaoanbau bedroht. Es wird immer trockener, die Wetterbedingungen werden schlechter und das führt dazu, dass die Kakaoerträge zum Beispiel in Westafrika sinken. Es könnte sein, dass wir in zehn Jahren nur noch 50 Prozent des aktuellen abgefragten Kakaos zur Verfügung haben. Dies führt dazu, dass die Preise drastisch steigen, sodass viele Leute keinen Zugang mehr zu Schokolade haben könnten. Das war der initiale Zünder für die Firma.

Woher kommt der Geschmack, wenn nicht aus
der Kakaobohne?

Sara: Ich bin Lebensmittelwissenschaftlerin und fand es immer spannend, was in Lebensmitteln passiert, wenn man sie verarbeitet. Wir fanden heraus, dass 80 Prozent dessen, was man an so einer Schokolade liebt, am Geschmack und am Aroma, aus der Verarbeitung kommt und nicht aus der Kakaobohne selbst, also aus der Fermentierung und aus der Röstung. Und wenn es vor allem auf die Verarbeitung ankommt, kann man eine ähnliche Verarbeitung auch für andere Zutaten verwenden, zum Beispiel wie bei uns für Hafer und Sonnenblumenkerne.

Jetzt habt ihr diese Idee, aber das ist ja noch kein Geschäftsmodell. Max, du warst vorher bei BMW und hast seitdem einige Firmen gegründet. Was ließ dich glauben, dass Planet A Foods ­funktioniert?

Max: Am Anfang haben tatsächlich viele in der Industrie über uns gelacht und gemeint: „Das ist ja die dümmste Idee, die wir je gehört haben. Kakao ist so billig, das rechnet sich nicht.“ Dann hat sich die Sachlage aber sehr schnell für uns gedreht, weil die Kakaopreise in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Wir haben in den letzten 50 Jahren keine so hohen Preise mehr für Kakao gesehen. Wir sind nicht mehr nur nachhaltiger unterwegs, sondern auch kostendeckend und sogar günstiger und haben trotzdem noch eine vernünftige Marge.

Könnt ihr den Faktor Nachhaltigkeit in Zahlen ausdrücken?

Sara: Wir können mit unserer kakaofreien Choviva Schokolade ungefähr 90 Prozent der CO2-Emissionen einsparen im Vergleich zu einer Schokoladenproduktion mit Kakao. Wobei das ein Durchschnittswert ist und stark von der Schokolade abhängt, mit der wir vergleichen. Woher kommt die CO2-Einsparung? Wir vermeiden die Abholzung von Wäldern und den damit einhergehenden Verlust der Artenvielfalt. Außerdem wird bei der Produktion von Choviva durch einen nachhaltigen und ressourcenschonenden Anbau weniger Wasser verbraucht. Schließlich haben wir kurze Lieferketten, das heißt, wir reduzieren Emissionen, indem wir den kürzesten Weg zu unseren Kunden nehmen.

Ihr beschäftigt rund 50 Menschen, habt ein Werk in Tschechien. An wen verkauft ihr eure Produkte?

Max: Wir sind ein B2B-Unternehmen, das heißt, wir verkaufen an große Firmen wie Peter Kölln, Lindt oder DeBeukelaer und machen viel in Richtung private Label, also Eigenmarken. Denn die achten immer mehr auf Nachhaltigkeit. 90 Prozent des Marktes sind Anwendungen, wo Schokolade eine Rolle spielt, aber eben nicht die Hauptrolle. Und das ist unser Fokus. Die reine Schokoladentafel wollen wir gar nicht. Wir verkaufen also auf Masse, was bisher sehr gut funktioniert hat. Gerade sind zum Beispiel neue Produkte mit Rewe auf den Markt gekommen, Waffelröllchen mit Choviva-Überzug oder Ja! Neapolitaner mit Choviva-Füllung, um Beispiele zu nennen.

Wie erkennt der Konsument, dass eure Schokolade drinsteckt?

Sara: Am Choviva-Siegel auf den Verpackungen.

Ihr habt bei Risikokapitalgebern 15,4 Millionen Dollar eingeworben. Was hat deren Fantasie beflügelt?

Sara: Wir skalieren gerade unsere Produktion, also dass wir von 2000 Tonnen im Jahr auf mehrere tausend Tonnen kommen. Unsere Fermentationstechnologie kann man gut überall auf der Welt aufbauen, also können wir das, was wir gerade in Pilsen in Tschechien machen, genauso gut in den USA machen oder in China. Wir sind gerade dabei, auf andere Kontinenten zu expandieren.

Und ihr überlegt, das Thema Kakaobohne, so groß wie es ist, nicht allein stehen zu lassen?

Sara: Genau. Wir rüsten uns für die nächsten Produkte, allen voran Palmöl. Wir sind in unserer DNA keine Schokoladenfirma, sondern eher ein Lebensmittelhersteller, der Lebensmittelzutaten mit – gelinde gesagt – zweifelhafter Bilanz wie Kakao und Palmöl ersetzen will.

Aber nicht, indem ihr an das gute Gewissen der Konsumenten appelliert, sondern an den Geldbeutel?

Max: Ja, wir schaffen das nur übers Geld. Es gibt eine klare Hierarchie, was für den Konsumenten wichtig ist. Wesentlich ist der Geschmack. Dann kommt das Geld. Erst danach kommt das Thema Nachhaltigkeit. Wir müssen also beim Geschmack und Nachhaltigkeit absolut überzeugend sein, das ist die Grundvoraussetzung. Aber dass wir inzwischen bei den Kosten mindestens ebenbürtig sind und einem massenmarkttauglichen Preis anbieten können, hat nun auch die großen Handelsketten überzeugt.

Wie sieht es mit der Profitabilität aus?

Max: Wir wollen nicht nur den deutschen Markt bedienen, sondern unser erklärtes Ziel ist, dass wir bis 2035 500 Megatonnen CO2 sparen wollen. Dafür müssen wir unser Geschäft global ausrollen. Das heißt, während wir jetzt bereits mit unserer kakaofreien Schokolade Choviva profitabel sein können, macht es für uns keinen Sinn, den reinen Fokus hierauf zu setzen. Stattdessen stecken wir sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung – gerade auch in neue Produkte wie eine Alternative für Kakaobutter.

Wie fühlt ihr euch in Deutschland als Start-up?

Sara: Deutschland ist kein einfacher Standort für Start-ups. Stichwort Bürokratie: Ein Unternehmen zu gründen, wird einem an allen Ecken und Enden schwer gemacht. Das andere ist, dass, anders als zum Beispiel in den USA, Rentenfonds nicht in Start-ups investieren. Es gibt weniger Kapital.

Max: Aber wir Unternehmer haben die Aufgabe, aus den Rahmenbedingungen, die uns gegeben werden, das Beste zu machen. Man kann viel jammern und viel klagen, aber wir machen das Beste draus, schauen nach vorne und freuen uns jeden Tag darauf, die Firma größer zu machen.

Ähnliche Artikel