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Zukunftsmärkte > Imagekrise USA

Amerikas Imageproblem: Wenn „Made in USA“ zum Risiko wird

US-Marken verlieren weltweit an Ansehen – Boykotte und Konsumverweigerung nehmen zu. Wird Amerikas Herkunft zum Nachteil im Wettbewerb?

(Foto: picture alliance)

aus: The Economist

Über Jahrzehnte hinweg beflügelte Amerikas Soft Power den weltweiten Erfolg seiner Unternehmen. Als 1989 die Berliner Mauer fiel, rollten Coca-Cola-Lastwagen mit dem ikonischen roten Schriftzug nach Ost-Berlin, wo sie Gratisgetränke an neugierige Bürger verteilten. Der süße Geschmack des Kapitalismus fand begeisterte Abnehmer, und die Verkaufszahlen schnellten in die Höhe.

Doch der globale Siegeszug amerikanischer Marken gerät zunehmend ins Stocken. Jüngst berichtete Carlsberg, die dänische Brauerei, die Coca-Cola in Dänemark abfüllt, von einem merklichen Boykottverhalten: Immer mehr Konsumenten greifen lieber zu heimischen Alternativen. Ein Grund: Donald Trump. Seine provokanten Äußerungen zu territorialer Expansion und seine aggressive Handelspolitik haben nicht nur in Dänemark für Empörung gesorgt. Die Frage drängt sich auf: Wie ernst ist das Imageproblem von „America Inc“?
 

Vertrauensverlust mit globalen Folgen

Die Schäden an Amerikas internationalem Ruf lassen sich belegen. In einer aktuellen Umfrage in 100 Ländern, durchgeführt von Nira Data im Auftrag der dänischen Organisation Alliance of Democracies, überstieg der Anteil derjenigen mit negativer Sicht auf die USA jenen mit positiver Meinung um fünf Prozentpunkte – ein drastischer Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren. Erstmals liegt Amerika in der weltweiten Gunst hinter China.

Diese Abneigung schlägt sich bereits in konkreten Konsumentscheidungen nieder. Besonders deutlich zeigt sich die Ablehnung in Kanada und Dänemark – zwei Länder, die Trump direkt brüskiert hat: Kanada durch die Andeutung, es könne als 51. Bundesstaat der USA fungieren, und Dänemark durch die absurde Idee, Grönland zu kaufen. In einer Umfrage im vergangenen Monat erklärten 61 % der Kanadier, sie würden amerikanische Produkte boykottieren. Die Provinzen Ontario und Québec nahmen daraufhin amerikanischen Alkohol aus den Regalen staatlicher Spirituosenläden. Kraft Heinz bemüht sich seither mit Nachdruck zu betonen, dass seine Produkte in Kanada lokal produziert werden. In Dänemark wiederum kennzeichnet der größte Einzelhändler des Landes, die Salling Group, europäische Marken besonders sichtbar – damit patriotische Kunden gezielt US-Produkte meiden können.
 

Der Imagewandel wird messbar

Auch in anderen Teilen Europas mehren sich die Anzeichen einer Abkehr von amerikanischen Marken. Besonders auffällig: Tesla. Die Zahl der Neuzulassungen von Elon Musks Elektroautos sank im ersten Quartal europaweit um mehr als 40 % im Vergleich zum Vorjahr. Und Tesla ist bei weitem nicht allein. In einer Erhebung der Europäischen Zentralbank vom März gaben Konsumenten einen Medianwert von 80 an (auf einer Skala von 0 bis 100), wie wahrscheinlich sie bei Einführung pauschaler Zölle auf amerikanische Produkte auf Alternativen umsteigen würden – wobei „80“ eine ausgeprägte Wechselbereitschaft signalisiert. Bemerkenswert: Als Hauptgrund wurde nicht etwa der Preis, sondern persönliche Präferenz angegeben.

Wenn Nationalität zur Hypothek wird

Für amerikanische Unternehmen, die jährlich mehr als acht Billionen Dollar im Ausland umsetzen, ist diese Entwicklung alarmierend. Nicht alle Branchen sind jedoch gleich betroffen. Eine Analyse des Meinungsforschungsinstituts Morning Consult zeigt, dass insbesondere Technologieunternehmen, Automobilhersteller sowie Lebensmittel- und Getränkekonzerne unter einem schlechten Image der USA leiden. Dagegen sind Dienstleister im Gesundheitswesen, der Logistik oder im Hotelgewerbe weniger exponiert. Während Konsumenten also bereit sind, auf einen Beutel Cheetos zu verzichten, fällt es ihnen deutlich schwerer, etwa auf eine Krebsbehandlung von Pfizer oder die Nutzung von Google oder Instagram zu verzichten – nicht zuletzt mangels valider Alternativen. Gleichwohl bleibt für viele amerikanische Konzerne die bittere Erkenntnis: Was einst ein Wettbewerbsvorteil war – der „Made in USA“-Stempel – könnte sich zunehmend zur Hypothek entwickeln.

© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved.

Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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