Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Zukunftsmärkte > Nachhaltigkeit

Arbeitskleidung wird zum Lifestyle-Produkt

Robuste und nachhaltige Arbeitsbekleidung wird immer beliebter. Und Hersteller wie Engelbert Strauss lassen ihre Standorte ergrünen.

Bei der Vierschanzentournee der Skispringer leuchtete er für ein paar Jahre auf einem großen Heißluftballon. Im DFB-Pokal läuft er seit 2012 die Banden entlang. Seit 2014 schmückt er auch bei Handball-Europameisterschaften sowie der Champions Hockey League die Werbebanner. Der weiße Strauß auf rotem Hintergrund.

Seit ein paar Jahren ist das Logo von Engelbert Strauss omnipräsent im deutschen Spitzensport. Was auf Anhieb nicht zusammenpasst, nämlich dass ein Hersteller von Arbeitskleidung Millionen für Marketing auf Fußball- oder Handballfeldern ausgibt, ist das Ergebnis eines Trends, den das mittelständische Unternehmen aus Biebergemünd, rund 40 Kilometer östlich von Frankfurt am Main, selbst mit eingeleitet hat: Arbeitskleidung als modernes, hochwertiges Lifestyleprodukt. Ein Vorteil: Wer robuste Arbeitskleidung kauft, hat länger etwas davon. Die Produkte halten im normalen Alltag deutlich länger als die Ware klassischer Lifestylemarken. Schließlich sind sie bei aller Modernität für den Arbeitseinsatz konzipiert. Zudem setzen viele Hersteller auf recycelte Materialien, umweltschonende Produktion und Ökostandards.

Es geht um mehr als bloße Funktionalität

Auch Engelbert Strauss etwa ist seit 2016 Mitglied der Fairware Foundation. Längst geht es in der Branche auch in anderer Beziehung um mehr als bloße Funktionalität. Auf das Erscheinungsbild kommt es an – inzwischen auch auf den Baustellen und in den Maschinenhallen der Republik. Aus Arbeitskleidung ist "Corporate Fashion" geworden. Es geht um Teamgeist, Leistungsfähigkeit, Wiedererkennungswert und Professionalitätsanspruch. "Was früher der Zwei-Euro-Blaumann war, ist heute die teurere Variante – mit höherem Tragekomfort, besserer Praxistauglichkeit und natürlich einem schöneren Design", sagt Justin Kühn vom Institut für Textiltechnik an der RWTH Aachen.

Bei Engelbert Strauss hat man sich genau auf diesen Mix spezialisiert. Wer in eine Arbeitshose der Hessen schlüpft, der soll Qualität und Emotion in einem tragen. Inzwischen betreibt das Familienunternehmen vier "Workwear-Stores" in Deutschland – eine Erlebniswelt für Arbeitskleidung sozusagen. Aufwendig inszeniert, jung und modern. Inzwischen werden die Jacken und Pullover der Firma auch als Freizeit- und Outdoorkleidung getragen. Der weiße Strauß auf rotem Grund ist vielen zu einem Symbol für den Spaß an der Herausforderung geworden. Was Engelbert Strauss und anderen Herstellern aus der Branche überdies zugutekommt, ist die steigende Bedeutung von Sicherheit am Arbeitsplatz. In Trainingshose und Feinripp-Unterhemd stehen heute nur noch die wenigsten an der Kappsäge. "In den letzten Jahren hat sich da definitiv etwas geändert, es wird viel mehr Wert darauf gelegt als früher", sagt Experte Kühn. "Es gibt mehr Kontrollen und im Zweifel entscheidet man sich gegen halbgare Lösungen."

Eine Entwicklung, die Markenhersteller nur freuen kann. 1300 Mitarbeiter arbeiten mittlerweile für Engelbert Strauss. Der Umsatz liegt im hohen dreistelligen Millionenbereich. Das lässt Investitionen in die Zukunft, wie den Bau der CI-Factory, einer neuen Schuhfabrik, für rund 200 Millionen Euro, zu. 400.000 Paar Schuhe können hier jährlich produziert werden. Apropos Schuhe: Noch ein Stück weiter in der Disruption vom reinen Arbeiter-Ausstatter zur Lifestyle-Marke, treibt es der amerikanische Schuhhersteller Red Wing Shoes aus Minnesota. Früher hauptsächlich von Arbeitern auf amerikanischen Ölfeldern und Farmen getragen, stülpen sich die markanten Treter heute deutsche Szenegänger als Winterschuh über die Füße. Ein Paar kostet schnell mehr als 250 Euro. Arbeitskleidung wird in diesem Fall sogar zum Luxusprodukt.

Ähnliche Artikel