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Machtfaktor Papperger: Wie ein deutscher CEO die Grenzen der Rüstungsindustrie sprengt

| The Economist

Rheinmetall-CEO Armin Papperger treibt die Expansion von Panzern zu Satelliten – und bleibt unerschütterlich an der Spitze.

Armin Papperger am Rednerpult
Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall, aufgenommen im Rahmen der Werkseroeffnung von Rheinmetall in Unterluess, 27.08.2025. (Foto: picture alliance)

11.10.2025 aus The Economist übersetzet von Markt und Mittelstand

„In Zukunft werden wir ein relevanter Akteur zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum sein“, verkündete Armin Papperger (im Bild). Der Vorstandschef von Rheinmetall hat den Hersteller von Panzern und Munition längst in neue Sphären geführt – zu Satelliten, Drohnen und Bauteilen für Kampfjets. Im vergangenen Monat kündigte Deutschlands größter Rüstungskonzern an, die vier Werften von Naval Vessels Lürssen (NVL) mit Sitz in Bremen zu übernehmen – für einen geschätzten Preis von 1,5 bis 2 Milliarden Euro (1,8 bis 2,4 Milliarden US-Dollar).

In einem Land, in dem Unternehmenschefs meist presse­scheu und vorsichtig auftreten, ist Papperger eine Ausnahme. Er ist „das Gesicht und der Hauptverkäufer von Rheinmetall“, sagt Stefan Maichl von der Landesbank Baden-Württemberg. Zudem ist er der einzige deutsche CEO, der dieselben Sicherheitsvorkehrungen wie der Bundeskanzler genießt – nachdem im vergangenen Jahr ein russischer Mordplan gegen ihn von US- und deutschen Geheimdiensten aufgedeckt wurde. Doch Papperger hat keine öffentlichen Auftritte abgesagt: „Ich mache meinen Job wie immer“, sagt er gegenüber The Economist. Seit 2013 steht er an der Spitze des Unternehmens.

Unter seiner Führung hat sich Rheinmetall stark gewandelt – dank geschickter Strategie und der explodierenden Nachfrage nach Rüstungsgütern, insbesondere Munition, seit dem russischen Überfall auf die Ukraine. Der Aktienkurs stieg von 37 Euro bei seinem Amtsantritt auf mittlerweile rund 2.000 Euro. Im Verhältnis zu den Gewinnen sind Rheinmetall-Aktien die teuersten der gesamten europäischen Rüstungsindustrie.

Rheinmetall hat sich von einem rein deutschen Hersteller klassischer Militärtechnik zu einem „integrierten internationalen Technologie­konzern“ entwickelt. Die größten Stärken bleiben Panzer (Lynx, Leopard 2, Puma, Panther) und Artilleriegeschosse. In Niedersachsen wurde im August Europas größte Munitionsfabrik fertiggestellt, die 2027 volle Kapazität erreichen soll. Weitere Werke entstehen in Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und der Ukraine.

In diesem Jahr schloss Rheinmetall Partnerschaften mit der finnischen Firma ICEYE (Satelliten) und dem US-Unternehmen Anduril (Drohnen). Außerdem produziert der Konzern den Skyranger, ein mobiles Anti-Drohnen-System, das auf Militärfahrzeuge montiert werden kann – deutlich günstiger, als billige Drohnen mit Kampfjets abzuschießen, wie Papperger betont. (Erst im September hatten polnische Jets russische Drohnen abgeschossen, die den Luftraum verletzt hatten.) Rheinmetall will die Skyranger noch vor Jahresende an die Ukraine liefern – und hofft auch auf einen Auftrag aus Polen.

Doch Papperger hat noch lange nicht genug. Sein Ziel: ein Jahresumsatz von 40 bis 50 Milliarden Euro und eine Gewinnmarge von 20 % bis Ende des Jahrzehnts – nach rund 10 Milliarden Umsatz und 15 % Marge im Vorjahr. Die NVL-Umsätze sollen von 1 Milliarde auf 5 Milliarden steigen. Damit würde Rheinmetall in die Liga der US-Giganten Lockheed Martin (71 Milliarden $ Umsatz) und Northrop Grumman (41 Milliarden $) aufsteigen.

Analysten und Investoren verfolgen den kometenhaften Aufstieg mit Staunen – und Vorsicht. Christian Cohrs von der Warburg Bank fragt sich, warum Rheinmetall in ein komplexes Geschäftsfeld ohne Erfahrung einsteigt. Der Konzern verspricht „Synergien“, insbesondere mit der Fahrzeugsparte in Norddeutschland, die „Material- und Technologie-Know-how“ mit den Werften teilen soll.

Könnte ein Waffenstillstand in der Ukraine das Geschäft gefährden? Schon bei jedem Hoffnungsschimmer fällt der Aktienkurs. Papperger bleibt überzeugt: „Es wird sich nichts ändern.“ Die Europäer hätten verstanden, dass sie auf einen Aggressor vorbereitet sein müssen – und dass Amerika womöglich nicht zu Hilfe eilt. Cohrs meint, alles hänge von der Art des Waffenstillstands ab: Wird er nur als „Pause“ russischer Expansion gesehen, bleibe das Tempo der Aufrüstung. Sollte er dauerhaft sein, könnten Regierungen Aufträge verschieben oder streichen.

Nach zwölf Jahren an der Spitze denkt Papperger nicht ans Aufhören. Mit 62 Jahren wurde sein Vertrag bis Ende 2029 verlängert. Finanz-, Betriebs- und Personalvorstände traten erst in diesem Jahr ihre Posten an. Ob Papperger bereits an einen Nachfolger denkt, ist unklar. Doch als eifriger Käufer eigener Aktien setzt er offenbar weiterhin auf sich selbst.

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Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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