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Einkauf, Marketing und Marken > Externe Produktion

Auftragsfertigung durch Coronavirus im Trend

Auftragsfertiger sind in Deutschland sehr gefragt. Jetzt bauen sie durch digitale Netzwerke ihr Geschäft aus. Wie Unternehmen den passenden Partner für ihre Produktion finden und worauf sie bei der Auswahl achten sollten.

Herunter kommen sie alle – aber gerne möglichst sicher. Seit jeher üben Flugzeuge eine Faszination auf den Menschen aus. Ganz besondere Hingucker sind die Propellermaschinen. Sie setzen die älteste Antriebstechnik aus den Pioniertagen der Fliegerei vor 120 Jahren bis in unsere Tage fort. Dabei haben sich die einst sehr empfindlichen und anfälligen Luftschrauben längst zu stabilen Hightechprodukten weiterentwickelt. „Für einen Kundenauftrag müssen wir den Propeller durch Berechnungen an die Triebwerke und das Flugzeug anpassen. Dabei werden die Parameter der aerodynamischen Schnittstellen und dynamischen Lasten auf exakte Weise berechnet“, sagt Martin Albrecht, Geschäftsführer von MT-Propeller in Straubing.

Zu seinen Kunden zählen, nach eigenen Angaben, 90 Prozent der europäischen Luftfahrtunternehmen sowie ein Drittel der amerikanischen Firmen aus diesem Bereich. Dazu gehören die GE-Tochter Avio Aero sowie Hersteller wie Grob Aircraft Diamond Aircraft, Tecnam oder Xtreme Air.

Sicherheit geht vor

Bauteile für die Luftfahrtindustrie unterliegen strengen behördlichen Auflagen. Sie werden ausgiebig getestet, bevor sie die Zulassung der Luftfahrtbehörden erhalten. Für Albrecht ist es daher wichtig, dass er die kompletten Fertigungsschritte in seinen drei Werken in Straubing kontrollieren kann.

Rund 1.500 bis 2.000 Verstellpropeller und bis zu 6.000 einzelne Propellerblätter stellt das Unternehmen pro Jahr her. Weltweit werden jährlich 5.000 Propeller und 30.000 Blätter geordert, das summiert sich auf einen Umsatz von bis zu 180 Millionen US-Dollar. Auftragsfertiger MT-Propeller ist ein Hidden Champion. Das Unternehmen liegt bei der Konstruktion und Herstellung von Propellern im Segment der allgemeinen und gewerblichen Luftfahrt auf Platz eins im europäischen Markt und weltweit an zweiter Stelle. Diese Stärke im Markt sorgt für unternehmerisches Understatement: Geschäftsführer Martin Albrecht bezeichnet die Auftragslage der niederbayerischen Manufaktur als „recht zufriedenstellend“. Weil das Unternehmen sich seit der Gründung 1983 einen etablierten Platz in einem hochspezialisierten, internationalen Markt erarbeitet hat, melden sich die Kunden sozusagen von selbst.

Eine solch kommode Position in der wettbewerbsintensiven Zulieferindustrie hat nicht jedes Unternehmen. Allein 9.000 Auftragsfertiger zählt die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie. Mit mehr als einer Million Mitarbeitern kommen die Unternehmen auf einen kumulierten Umsatz von 244 Milliarden Euro. Auftragsfertigung heißt auch: Teams unterschiedlicher produzierender Unternehmen müssen reibungslos zusammenspielen. Dabei kommt ihnen ein Trend in der Industrie entgegen: die Forderung von großer Varianz und Vielfalt der Produkte in unterschiedlichen Stückzahlen und mit sehr kurzen Lieferfristen. Obendrein müssen zunehmend auch verschiedene Bearbeitungsverfahren für Metall, Kunststoff oder Glas miteinander kombiniert werden können.

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Dieser Artikel stammt aus der Juliausgabe von „Markt und Mittelstand“, die am Freitag, den 3. Juli, erschienen ist. Wegen der Corona-Krise handelt es sich dabei um ein E-Paper. Hier können Sie sich für ein kostenloses Exemplar registrieren, das Sie per E-Mail erhalten.

Doch nicht für alle Werkstoffe haben die Unternehmen immer die passenden Maschinen im Haus. Daher ist es produktionstechnisch sinnvoll, diese Fertigungslast auf mehrere Schultern zu verteilen. Deshalb lagern die Auftraggeber die Fertigung einzelner Bauteile an spezialisierte Partner aus und setzen sie anschließend in der eigenen Montage in das Produkt ein. Ein weiteres Motiv für die Arbeitsteilung in der Zulieferkette der Auftragsfertiger ist der Wunsch nach Ausfallsicherheit. Dabei werden dieselben Teile bei verschiedenen Herstellern bestellt, um problemlos von einem Anbieter auf den anderen ausweichen zu können – wenn sich die Preise des einen ändern oder der andere kürzere Lieferzeiten anbietet.

Helfer in der Not

Bisweilen sorgt auch schlechte Planung für die Einbindung von Auftragsfertigern, etwa dann, wenn die eigenen Produktionskapazitäten dringend benötigter Komponenten bereits ausgeschöpft sind. Dann muss, egal wie, externe Hilfe bereitstehen, um trotz aller Widerstände pünktlich liefern zu können.

Doch es geht noch schlimmer. Der Worst Case tritt ein, wenn die Stammlieferanten ihre Dienstleistung nicht erfüllen können oder gar komplett ausfallen. Dann beginnt eine oft hektische Suche nach einem geeigneten Ersatzkandidaten. Das ist unter Zeitdruck und den meist sehr spezifischen Anforderungen an das Produkt gar nicht so einfach. Denn so gerne die Lohnfertiger so viele Aufträge wie möglich annehmen – auch sie haben ihre Grenzen. Als Hindernis erweist sich, dass sie in der Regel oft auf Monate ausgebucht sind. Zudem ist es ein Glücksfall, wenn Auftragnehmer neben freien Kapazitäten und der verbindlichen Terminzusage auch das benötigte Wissen für die Konstruktion sowie die geeigneten Werkzeugmaschinen im Sortiment haben.

Digital durch Virus

Doch ausgerechnet diese Ausnahmesituation scheint in der Corona-Krise zur Regel zu werden, zumindest für Unternehmen, deren Lieferkette von heute auf morgen durchbrochen wurde. Die gute Botschaft: Das Virus hat der Auftragsfertigung Aufwind verliehen – und dies mit Hilfe der Digitalisierung.

Bei Bedarf lassen sich per Internet rasch Lösungen finden. „Bei Engpässen in der Fertigung können Unternehmen auf unser Netzwerk ausweichen“, sagt Benjamin Schwab, Leitung Marketing und Sales bei dem auf Auftragsfertigung spezialisierten Onlineportal Facturee. Wenn Unternehmen wegen eines Maschinenschadens oder Materialfehlers händeringend nach Alternativen in der Terminnot suchen, kann der Verbund von einigen Hundert Dienstleistern seine Stärken ausspielen. Für Qualifizierung und Kompetenz der Partner muss der Plattformanbieter garantieren, ebenso für die Termintreue. „Grundsätzlich gilt: Wir können in neun bis zwölf Arbeitstagen liefern“, sagt Schwab. Bei dem Berliner Onlineanbieter stehen rund 500 Fertigungspartner und etwa 6.000 Maschinen für Aufträge quasi „Stand-by“. Auftragsfertiger von 3-D-Druck, Oberflächenbehandlung oder CNC-Fräsen bieten im Web ebenso ihre Dienste feil wie Unternehmen aus den Bereichen Drehen, Draht- und Senkerodieren sowie Blechbearbeitung.

Tatsächlich reicht ein Internetanschluss für die Suche nach Plattformanbietern für Auftragsfertigung. Die Leistungen sind einfach per Formular auf einer Webplattform abrufbar. Neben Facturee gibt es etwa Xometry mit 1.500 Herstellern oder auch bestell-dein-blech und fabricado mit jeweils 20 Mitgliedsfirmen. Wer sich einem solchen Auftragsverbund als Anbieter anschließen will, muss einen Auditprozess durchlaufen, in dem die Fertigungsbandbreite untersucht und die Produktionskapazitäten der Betriebe geprüft werden. Bei Zuschlag wird eine strikte Verpflichtung zur Geheimhaltung der Kundendaten unterzeichnet.

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