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Einkauf, Marketing und Marken > Black Friday Krise

Black Friday in der Krise: Wie Temu und Shein den Schnäppchentag bedrohen

Der Black Friday verliert an Bedeutung: Asiatische Online-Händler setzen den deutschen Einzelhandel mit Dauerniedrigpreisen unter Druck.

Der Black Friday hat längst nicht nur positive Folgen für den heimischen Einzelhandel (Quelle: picture alliance / ROBIN UTRECHT)

Der Black Friday, einst Höhepunkt des Einzelhandels, steht vor einer Zerreißprobe. Während deutsche Händler auf hohe Umsätze hoffen, verändert sich das Kaufverhalten der Verbraucher grundlegend. Die wachsende Konkurrenz durch asiatische Plattformen wie Temu und Shein lässt den Reiz des Aktionstags verblassen. Hat der Black Friday in Zeiten von Dauerniedrigpreisen noch eine Zukunft?

Vom Brückentag zum globalen Shopping-Event: Die Evolution des Black Friday

Der Black Friday, ursprünglich ein amerikanisches Phänomen, hat sich zu einem globalen Konsumereignis entwickelt. Seinen Ursprung hat der Tag in den USA, wo er den Brückentag nach Thanksgiving markiert und traditionell den Beginn des Weihnachtsgeschäfts einläutet.

In Deutschland hat sich der Black Friday erst seit 2013 in größerem Rahmen etabliert, zunächst hauptsächlich im Online-Handel.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Black Friday ist beachtlich. Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet für dieses Jahr mit einem Gesamtumsatz von 5,9 Milliarden Euro – eine Summe, die die Relevanz des Tages für den Einzelhandel unterstreicht. Neben den Adventssamstagen zählt der Black Friday zu den umsatzstärksten Tagen des Jahres.

Doch die Kritik am Konsumrausch wächst. Verbraucherschützer bemängeln, dass die Rabatte oft künstlich aufgeblasen seien. Eine Analyse des Portals Mydealz ergab, dass die tatsächlichen Preisnachlässe oft nur zwischen 10 und 25 Prozent liegen – weit entfernt von den beworbenen 50 oder 60 Prozent. Als Gegenreaktion hat sich der "Kauf-nix-Tag" etabliert, der zur Konsumverweigerung aufruft.

Dauerniedrigpreise vs. Rabattschlacht: Wie Temu und Shein den Markt verändern

Die wachsende Konkurrenz durch asiatische Online-Plattformen wie Temu und Shein stellt den Black Friday vor neue Herausforderungen. Diese Anbieter locken das ganze Jahr über mit extrem niedrigen Preisen und setzen damit den traditionellen Einzelhandel unter Druck.

Eine Umfrage des Preisvergleichsportals Idealo zeigt die Auswirkungen: Über 40 Prozent der Befragten gaben an, die Black-Friday-Rabatte nicht mehr zu benötigen, da Anbieter wie Temu und Shein permanent günstige Preise bieten.

IFH-Geschäftsführer Kai Hudetz erklärt dazu: "Wenn andere Plattformen das ganze Jahr über niedrige Preise anbieten, verlieren Rabattaktionen wie der Black Friday an Relevanz. Warum auf November warten, wenn man jederzeit günstig shoppen kann?" (Quelle: hna.de)

Die Zahlen sprechen für sich: Im ersten Halbjahr 2024 bestellten in Deutschland etwa 1,3 Millionen Menschen bei Temu und 900.000 bei Shein. Gemessen an der Anzahl der Bestellungen landete Temu auf dem sechsten Platz der Top-Onlinehändler, Shein auf Platz 19. Diese Entwicklung setzt insbesondere Branchen wie Mode, Accessoires und Einrichtung unter Druck.

Qualität, Nachhaltigkeit, Fairness: Die Schattenseiten des Billig-Booms

Die Kritik an den asiatischen Plattformen wächst. Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützer bemängeln manipulative Kaufanreize, mangelhafte Produktqualität und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Der Verband Bayerische Einzelhandel warnt ausdrücklich vor günstigen Produkten wie Kinderspielzeug von Plattformen wie Temu oder Shein, da oft unklar sei, ob diese europäischen Sicherheitsstandards entsprechen.

Auch die Arbeitsbedingungen in der Produktion stehen in der Kritik. Shein gab zuletzt an, 2023 zwei Fälle von Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette entdeckt zu haben. Die Unternehmen betonen zwar, sich an geltende Regeln zu halten und strenge Sicherheitsstandards zu verlangen, doch Zweifel bleiben.

Für den deutschen Einzelhandel ergeben sich aus dieser Entwicklung Chancen und Risiken:

Pro Black Friday für deutsche KMUs:

  • Etabliertes Event mit hoher Kundenaufmerksamkeit
  • Möglichkeit, Lagerbestände zu reduzieren
  • Kundenbindung durch exklusive Angebote


Contra Black Friday für deutsche KMUs:

  • Preisdruck durch asiatische Konkurrenz
  • Gefahr der Kannibalisierung des regulären Geschäfts
  • Hoher logistischer und marketingtechnischer Aufwand

Green Friday Week

Ein innovatives Beispiel für die Reaktion eines KMU könnte ein lokales Modegeschäft in einer deutschen Mittelstadt sein: Das Geschäft kombiniert den Black Friday mit einem besonderen Nachhaltigkeitskonzept. Statt nur mit Rabatten zu werben, bietet es eine "Green Friday Week" an, bei der Kunden für jeden Einkauf einen Baum gepflanzt bekommen und ein kostenloses Reparatur-Service-Paket für ein Jahr erhalten. Zusätzlich veranstaltet das Geschäft während der Black Week jeden Abend After-Work-Shopping-Events mit lokalen Designern, Modeberatung und regionalen Snacks und Getränken. Kunden können ihre alten Kleidungsstücke mitbringen und erhalten für jedes Teil einen zusätzlichen Rabatt auf nachhaltige Mode. Das Geschäft kommuniziert aktiv über Social Media die Qualitätsunterschiede zu Fast-Fashion-Anbietern und zeigt transparent die Herstellungsbedingungen seiner Produkte.

Dies schafft einen Mehrwert, den Temu und Shein nicht bieten können: persönliche Beratung, Nachhaltigkeit, Community-Gefühl und ein echtes Shopping-Erlebnis. Die Kombination aus lokalem Event, Nachhaltigkeitsaspekt und Service-Orientierung differenziert das Geschäft deutlich von der Online-Konkurrenz und rechtfertigt auch höhere Preise.
 

Handlungsbedarf für Politik und Handel: Wie reagiert die Branche?

Die Politik hat die Problematik erkannt. Die Bundesregierung macht in Brüssel Druck, Plattformen wie Temu und Shein genauer zu prüfen. Ein Aktionsplan von Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit und mehr Befugnisse der Marktüberwachungsbehörden vor.

Auf EU-Ebene wurden Shein und Temu als "sehr große Online-Plattform" im Sinne des EU-Digitalgesetzes eingestuft, was strengere Vorgaben bedeutet. Die EU-Kommission hat zudem angekündigt, Temu wegen möglicher Verstöße gegen EU-Recht zu untersuchen.

Ausblick

Der Black Friday steht an einem Wendepunkt. Während er weiterhin ein wichtiges Datum im Einzelhandelskalender bleibt, zwingen die Herausforderungen durch Dauerniedrigpreis-Anbieter und veränderte Konsumgewohnheiten zu einem Umdenken. Für deutsche Händler wird es entscheidend sein, sich durch Qualität, Service und nachhaltige Konzepte von der Billigkonkurrenz abzuheben. Die Zukunft des Black Friday wird davon abhängen, ob es gelingt, das Event neu zu positionieren – weg vom reinen Preiskampf, hin zu einem Erlebnis, das Mehrwert für Kunden und Händler gleichermaßen bietet.

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