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Zukunftsmärkte > Gas

Blackout durch heiße Luft

Wegen der Energiekrise sind Heizlüfter begehrt. Sie könnten im Winter ­Stromausfälle in Deutschland auslösen.

Wegen der Energiekrise sind Heizlüfter begehrt. Sie könnten im Winter ­Stromausfälle in Deutschland auslösen. © picture alliance/dpa | Frank Rumpenhorst

Die dramatisch steigenden Energiekosten haben dafür gesorgt, dass mitten im Sommer Produkte rar geworden sind, die sonst in der warmen Saison keinen Käufer finden: Heizlüfter und Ölradiatoren. „Wir sehen derzeit eine überdurchschnittliche Nachfrage nach elektrischen Heizgeräten“, heißt es bei Deutschlands größten Elektronikhändlern Media Markt und Saturn. Die Branche profitiert von der Angst der Menschen, sie könnten im kommenden Winter in einer kalten Wohnung sitzen. Allein im ersten Halbjahr wurden mehr als 600.000 Heizlüfter verkauft, wie das Marktforschungsunternehmen GfK ermittelt hat. Der Kaufrausch hat Folgen: Es droht der Blackout durch heiße Luft.

Die Pläne vieler Behörden und Betriebe, die Temperatur in den Büros auf 18 Grad abzusenken, hat der Nachfrage einen weiteren Schub verliehen. „Weil in vielen großen Firmen die Heizung reduziert wird, wollen die Kunden eine große Menge und bestellen für jedes Büro einen Heizlüfter“, berichtet die Frankfurter Händlerin Jacqueline Posner dem Hessischen Rundfunk. „Wir liegen bei den Verkaufszahlen 100 Prozent über dem Vorjahr“, bestätigt ein Sprecher der Baumarktkette Hornbach. Die Branche kann gar nicht schnell genug neue Geräte beschaffen. Was am Montag mit einer neuen Lieferung ins Regal komme, sei nur einen Tag später alles weg, heißt es bei vielen Baumärkten und ­Elektronikhändlern.

Zu den besonders gefragten Heizlüftern und Ölradiatoren zählen die Geräte von Rowenta. „Wir registrieren eine erhöhte Nachfrage“, teilt die französische Groupe SEB mit, zu der die Marke Rowenta gehört. Das Unternehmen hat acht Heizlüfter zwischen 60 und 550 Euro im Angebot, von denen drei laut Webseite nicht verfügbar sind. Man habe im Sommer nicht mit einer so hohen Nachfrage gerechnet. Über Zahlen schweigt sich der Hersteller genauso aus wie über den Produktionsstandort der Heißluftgeräte.

Hohe Kosten

Rowenta gibt als Faustregel „100 Watt je Quadratmeter“ an, um ermitteln zu können, wie leistungsfähig ein Heizgerät sein muss. Je höher die Wattzahl, desto schneller werde es warm und das Gerät arbeite effizienter, rät Rowenta den Verbrauchern. Der Hersteller bietet Geräte mit einer Leistung von bis zu 2400 Watt an. Bei einer Wohnung von 50 Quadratmetern wird man also mindestens zwei der Geräte kaufen müssen oder mehrere kleinere zu je 1000 Watt. Das entspricht Anschaffungskosten zwischen 450 und 700 Euro. Für Spitzengeräte wird es noch teurer.

Heizt Deutschland diesen Winter mit den georteten Geräten, mag das Gas einsparen. Ökonomisch betrachtet, ist die warme Brise aus der Steckdose jedoch keine gute Idee. Geht man von der Faustregel aus und die Heizgeräte laufen über sechs Monate je zehn Stunden, ergibt das bei 5000 Watt einen Verbrauch von 9100 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Mit der Hälfte kann ein Vierpersonenhaushalt den normalen Stromverbrauch über das ganze Jahr hinweg decken.

Laut Verivox würde die Rechnung allein für die Heizlüfter rund 6500 Euro betragen. Obendrauf kommt noch die Anschaffung der Geräte. Aber auch wenn die Mitarbeiter Heizlüfter und Radiatoren mitbringen, sollten Arbeitgeber genau prüfen, ob sie wirklich besser fahren, wenn sie die Bürotemperatur absenken. Schnell könnte auf die gesparten Gaskosten eine üppige Stromrechnung folgen.

Doch nicht nur die Kosten müssen die Arbeitgeber im Blick haben. Denn die Netze sind für diesen hohen Verbrauch nicht geschaffen. Das Analysehaus Prognos, hat errechnet, dass sogar acht Gigawatt an zusätzlicher Leistung erforderlich seien, selbst wenn nur zehn Prozent der Gasheizungen zu Spitzenlastzeiten durch Heizlüfter ersetzt würden. Die normale Höchstlast liegt bei 85 Gigawatt, Heizlüfter würden sie also um fast zehn Prozent erhöhen.

Mehrere Stadtwerke warnen vor einer Überlastung des Stromnetzes im Winter, sollten zu viele Menschen gleichzeitig die elektrischen Heizgeräte nutzen. In diesem Fall würden sofort Schutzmaßnahmen greifen. „Im Klartext heißt das: Betroffene Netzbereiche werden automatisch abgeschaltet – es fließt kein Strom mehr“, erklärt Peter Lautz, Geschäftsführer der Stadtwerke Wiesbaden. „Für alle Kundinnen und Kunden in diesen Bereichen kommt es zum Stromausfall.“ Dann heißt es: Im Dunkeln den Pullover suchen. 

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