Boomende Böller-Branche: Deutsche geben Rekordsummen für Silvesterfeuerwerk aus
Trotz Inflation und Umweltbedenken steigt der Umsatz mit Pyrotechnik. Nun reicht die Gewerkschaft der Polizei eine Petition für ein Böllerverbot ein.
6. Januar 2025: Gewerkschaft der Polizei überreicht Petition zu Böllerverbot
Am 06. Januar 2025 überreichte die Gewerkschaft der Polizei dem Innenministerium eine Petition mit etwa 1,5 Millionen Unterschriften, die ein Verbot von privatem Feuerwerk in Deutschland fordert. Diese Initiative folgt auf eine chaotische Silvesternacht mit fünf Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Die Kampagne wird von 35 Organisationen unterstützt, darunter die Deutsche Umwelthilfe, die Bundesärztekammer und der Deutsche Tierschutzbund. Eine separate Petition der Deutschen Umwelthilfe erhielt weitere 510.000 Stimmen.
In der Petition wird kritisiert, dass Feuerwerk zunehmend als Angriffswaffe gegen die Polizei genutzt wird. Stephan Weh, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, betont, dass es höchste Zeit sei, die Sicherheitslage zu verbessern und fordert ein generelles Verbot von privatem Feuerwerk.
Trotz dieser Forderungen lehnen Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser ein generelles Verbot ab. Faeser unterstützt jedoch die Idee, Kommunen mehr Handlungsspielraum für das Verhängen lokaler Feuerwerksverbote zu geben, setzt dafür jedoch eine Reform des Sprengstoffrechts voraus.
31.12.2024: Die Pyrotechnikindustrie boomt
Während viele Branchen unter Inflation und Konsumzurückhaltung ächzen, knallt es in der Pyrotechnikindustrie nicht nur am Himmel: Mit einem Umsatz von 180 Millionen Euro verzeichnete die Branche in den Jahren 2022 und 2023 einen neuen Rekord. Ob dieser auch im Jahr 2024 erreicht oder sogar übertroffen wird, erfahren wir in Kürze, wenn die Verkaufszahlen rund um das Jahresende bekanntgegeben werden. Die Pyrotechnikindustrie hat - das ist jetzt schon bekannt - trotz wirtschaftlicher Herausforderungen eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gezeigt.
Feuerwerks-Fieber: Deutsche investieren trotz Krise
Die Zahlen sind beeindruckend: Laut dem Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) ist der Umsatz mit Feuerwerkskörpern von 133 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 180 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen - ein Plus von über 35% in nur vier Jahren. Dies mag angesichts steigender Lebenshaltungskosten überraschen. Doch Klaus Gotzen vom Pyrotechnikverband erklärt: "Wenn das Jahr nicht gut gelaufen ist, legen die Menschen ihre Hoffnungen ins neue Jahr."
Feuerwerk wird so zum Symbol für Neuanfang und Optimismus - ein psychologischer Faktor, der die Kaufbereitschaft trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten zu stützen scheint.
Pyrotechnik als Konjunkturbarometer?
Interessanterweise könnte der Umsatz der Feuerwerksbranche als eine Art unkonventioneller Wirtschaftsindikator dienen. Ähnlich dem oft zitierten "Lippenstift-Effekt" - der besagt, dass in Krisenzeiten der Verkauf von kleinen Luxusgütern steigt - scheint auch die Bereitschaft, für Feuerwerk Geld auszugeben, krisenresistent zu sein.
Die Historie zeigt, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Menschen dennoch das neue Jahr gerne mit einem farbenfrohen Feuerwerk begrüßen. Erfahrungen von Händlern zeigen, dass im Durchschnitt etwa 180 Euro für Knaller und Raketen ausgegeben werden, wobei einige Kunden für ihr Silvesterfeuerwerk sogar mehr als das Zehnfache auf den Tisch legen.
Dennoch wird von Experten zur Vorsicht gemahnt, diese Beobachtungen nicht überzubewerten, da es keine gesicherten Beweise für einen direkten Zusammenhang zwischen der Wirtschaftslage und den Ausgaben für Feuerwerk gibt.
Die Umsätze der letzten Jahre in der Übersicht
Die Umsätze mit Silvesterfeuerwerk in Deutschland zeigen im Verlauf der letzten Jahre deutliche Schwankungen, die sowohl durch gesellschaftliche Trends als auch durch äußere Faktoren wie die Corona-Pandemie beeinflusst wurden. Die folgende Übersicht bietet einen Jahresrückblick mit den entsprechenden Umsatzdaten und kurzen Erläuterungen.
- 2013: Der Umsatz mit Silvesterfeuerwerk lag in Deutschland bei 124 Millionen Euro. Das Jahr markierte eine stabile Nachfrage nach Feuerwerkskörpern.
- 2014: Mit einem leichten Anstieg auf 129 Millionen Euro zeigte der Markt eine positive Entwicklung, bedingt durch steigendes Interesse an Pyrotechnik.
- 2015: Der Umsatz stieg weiter auf 133 Millionen Euro. Die kontinuierliche Nachfrage spiegelte die anhaltende Beliebtheit von Feuerwerk zu Silvester wider.
- 2016: In diesem Jahr erreichte der Umsatz mit 137 Millionen Euro einen neuen Höhepunkt, der die bisherige Entwicklung übertraf.
- 2017: Der Umsatz blieb mit 137 Millionen Euro stabil und zeigte ein ausgeglichenes Kaufverhalten im Vergleich zum Vorjahr.
- 2018: Mit einem Umsatz von 133 Millionen Euro gab es einen leichten Rückgang, möglicherweise aufgrund von Umweltdiskussionen rund um Feuerwerk.
- 2019: Der Umsatz fiel weiter auf 122 Millionen Euro, was auf ein wachsendes Bewusstsein für Umwelt- und Sicherheitsfragen hindeuten könnte.
- 2020: Wegen des Verkaufsverbots von Feuerwerk aufgrund der Corona-Pandemie fiel der Umsatz drastisch auf 20 Millionen Euro.
- 2021: Auch im zweiten Jahr der Pandemie blieb der Umsatz niedrig bei 21 Millionen Euro, da das Verbot weiterhin galt.
- 2022: Mit dem Ende der Corona-Beschränkungen stieg der Umsatz auf 180 Millionen Euro. Die hohe Nachfrage zeigte offenbar einen deutlichen Nachholbedarf.
- 2023: Der Umsatz blieb auf dem Rekordwert von 180 Millionen Euro, was die ungebrochene Beliebtheit von Feuerwerk nach den Pandemiejahren verdeutlichte.
WECO
Die Weco Pyrotechnische Fabrik GmbH (auch bekannt als WECO) ist ein Unternehmen, das seit 1948 besteht und sich auf die Produktion von Feuerwerkskörpern spezialisiert hat. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Eitorf, Nordrhein-Westfalen. Laut eigenen Angaben ist WECO führend im Bereich Feuerwerksherstellung sowohl in Deutschland als auch in Europa.
Bereits zum vergangenen Silvesterverkauf hat WECO mehr als 95% seiner Produkte umweltfreundlicher gestaltet, indem sowohl bei den Inhaltsstoffen als auch bei den Verpackungen auf Kunststoff- und Plastikanteile verzichtet wurde. Beispielsweise wurden die Spitzkappen und die Abdeckungen der Zündschnüre bei Raketen vollständig substituiert. Auch die Standfüße von Bodengegenständen bestehen nun aus Pappe statt aus Plastik. Diese Maßnahmen hat WECO in diesem Jahr weiter ausgebaut.
Allerdings geriet das Unternehmen im Jahr 2023 aufgrund von frauenfeindlichen Sprüchen in seinen Silvester-Knallbonbons in die Kritik und sah sich gezwungen, sich öffentlich zu entschuldigen.
Regeln an Silvester
In Deutschland ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern generell nur am 31. Dezember und am 1. Januar gestattet. Für alle anderen Tage benötigt man eine spezielle Genehmigung vom zuständigen Ordnungsamt.
Was Sie beim Feuerwerkskauf beachten müssen
Kaufen Sie grundsätzlich nur geprüftes Feuerwerk! Erkennungsmerkmal: Registriernummer.
Die ersten vier Ziffern der Registriernummer geben an, welche Prüfstelle in Europa den Artikel geprüft hat. Die Kennnummer 0589 steht zum Beispiel für die deutsche Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM).
Außerdem erlaubt das Sprengstoffgesetz für den privaten Gebrauch nur Feuerwerk der Kategorien F1 und F2. Darunter fallen
- Tischfeuerwerk
- Knallfrösche
- Wunderkerzen
- kleinere Raketen
- Batteriefeuerwerk
Mögliche Strafen
- Illegale Feuerwerkskörper: im Extremfall bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafen bis zu 50.000 Euro.
- Wer ohne Genehmigung an Tagen außerhalb des 31.12. und 1.1. Feuerwerkskörper abbrennt, riskiert ein Bußgeld, das bis zu 10.000 Euro betragen kann.
Wo gibt es Böllerverbote?
Grundsätzlich darf nicht geböllert werden in der Nähe von
- Kirchen
- Krankenhäusern
- Kinder- und Altersheimen
- leicht brennbaren Gebäuden wie Reet- und Fachwerkhäusern.
Auch bei größeren Menschenansammlungen gilt ein bundesweites Böllerverbot. Viele Städte und Gemeinden verhängen zudem eigene Feuerwerksverbote, um neuralgische Punkte zu schützen: In Köln herrscht beispielsweise Böllerverbot in großen Teilen der Innenstadt, rund um den Dom darf auch niemand Feuerwerkskörper dabeihaben. Auch in Frankfurt am Main, Hamburg, München und Stuttgart sind zentrale Bereiche der Innenstädte mit Böller-Verbotszonen geschützt.
Zwischen Tradition und Kritik: Die Kontroverse um das Silvesterfeuerwerk
Trotz der positiven Umsatzentwicklung steht die Pyrotechnikbranche vor wachsenden Herausforderungen. Umweltschützer, Ärzte und Tierschützer fordern zunehmend ein generelles Böllerverbot. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, argumentiert: "Die Feinstaubmenge ist um ein Vielfaches höher als sonst im Jahr und liegt weit über der gesundheitlichen Schwelle, die die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt."
Die Branche sieht sich einem Spannungsfeld zwischen Tradition, wirtschaftlichen Interessen und Umwelt- sowohl Tierschutz schutz ausgesetzt. Während in vielen Städten bereits Verbotszonen für Feuerwerk existieren, setzen Unternehmer wie Sebastian Ruppert weiterhin auf das Silvestergeschäft, das laut eigener Aussage zwei Drittel seines Jahresumsatzes ausmacht.
Innovation als Ausweg? Neue Trends in der Pyrotechnik
Angesichts der wachsenden Kritik sucht die Branche nach Innovationen und Alternativen. Laser- und Drohnenshows werden als umweltfreundliche Alternative zu traditionellem Feuerwerk diskutiert. Gleichzeitig setzen Unternehmen auf Produktinnovationen, die weniger Feinstaub produzieren oder leiser sind, um den Bedenken von Umwelt- und Tierschützern entgegenzukommen.
Die Herausforderung für die Branche besteht darin, das traditionelle Silvesterfeuerwerk mit modernen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltschutz in Einklang zu bringen. Nur so kann sie langfristig ihre wirtschaftliche Bedeutung sichern und gleichzeitig auf die veränderten gesellschaftlichen Erwartungen reagieren.
Fazit
Die Pyrotechnikbranche steht an einem Wendepunkt: Einerseits erlebt sie einen bemerkenswerten Boom, andererseits wachsen die kritischen Stimmen. Die Zukunft der Branche wird davon abhängen, wie sie den Spagat zwischen Tradition, Innovation und Nachhaltigkeit meistert. Möglicherweise werden wir in den kommenden Jahren eine Transformation des Silvesterfeuerwerks erleben - hin zu umweltfreundlicheren Alternativen, die dennoch den Zauber des Jahreswechsels bewahren. Für die Unternehmen der Branche bedeutet dies, flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren und gleichzeitig die emotionale Bindung der Konsumenten an das Silvesterritual zu nutzen.
bwk
Dieser Artikel erschien zuerst am 31.12.2024 und wurde zuletzt aktualisert am 6.1.2025
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