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Einkauf, Marketing und Marken > Verlagsbranche - Buchmarkt 2025

Gen Z entdeckt den Buchmarkt neu: Zwischen Streaming, Klassikern und Kauflaune

| Markt und Mittelstand Redaktion

Trotz Krisen wächst der deutsche Buchmarkt um 1,8 %. Junge Leser, Audioformate und Backlist-Titel treiben die Branche – doch Lesekompetenz bleibt Problemfeld.

Generation Z zwischen Buchhandlung und Streaming-App: Junge Käufer entdecken Lesen neu – analog und digital. (Foto: shutterstock)

Rückenwind durch Generation Z und Backlist-Boom

Trotz Konjunkturflaute und globaler Unsicherheiten meldet der deutsche Buchmarkt ein leichtes Umsatzplus von 1,8 Prozent für das Jahr 2024. Während viele Konsumsegmente schwächeln, gelingt der Buchbranche ein Balanceakt: Junge Leser/-innen zwischen 16 und 29 Jahren sorgen für steigende Käufe, besonders bei Belletristik, Young Adult und digitalen Hörformaten. Knapp ein Drittel dieser Altersgruppe zählt mittlerweile zur aktiven Käuferschaft – ein Trend, den der Börsenverein als „entscheidend für die Zukunft der Branche“ einstuft.

Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen: 57 Prozent aller verkauften Bücher stammen aus der Backlist. Das heißt: Es sind keine Neuerscheinungen, sondern ältere Titel. Die Leser greifen offenbar bewusster zu bewährten Inhalten – ein Signal für die Langfristigkeit literarischer Relevanz und ein Gegengewicht zur Schnelllebigkeit des digitalen Konsums.

Wirtschaftlicher Druck – und Appelle aus der Branche

Gleichzeitig bleibt die wirtschaftliche Realität vieler Buchunternehmen angespannt. Die Kostenlage ist schwierig, das Konsumklima eingetrübt, die Bürokratie wächst. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Peter Kraus vom Cleff, fordert daher nicht nur klare Regeln für den Umgang mit generativer KI, sondern auch eine strukturelle Verlagsförderung, insbesondere zur Sicherung der Angebotsvielfalt. 

Besonders alarmierend: Die Lesekompetenz in Deutschland erodiert. Laut aktueller PIAAC-Studie liest jeder fünfte Erwachsene auf dem Niveau eines Grundschulkindes. Die Branche sieht sich deshalb nicht nur als Anbieterin von Inhalten, sondern auch als Bildungsakteurin – mit wachsender Verantwortung. „Lesen können“ sei die Voraussetzung für „lesen wollen“, so Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs.

Streaming statt Seitenrascheln: Audio überholt CD

In der Warengruppe Audio setzt sich der Wandel unaufhaltsam fort. Der Umsatz mit Streaming-Hörbüchern legte seit 2019 um satte 226,9 Prozent zu, während CDs um über 70 Prozent verloren. Downloads stabilisieren sich – doch die Zukunft ist klar digital. Mittlerweile entfallen fast 93 Prozent des Audio-Umsatzes auf nicht-physische Formate. Ein Spiegelbild der Nutzungsvorlieben, gerade bei Jüngeren.

Parallel dazu bleibt der E-Book-Markt stabil, mit einem Umsatzanteil von 6,1 Prozent am Publikumsmarkt. Das ist kein Höhenflug, aber ein festes Fundament – besonders im Vergleich zu anderen europäischen Märkten.

Sortimentsbuchhandel bleibt Herzstück – trotz Online-Wachstum

Auch wenn der Online-Handel um 4,4 Prozent zulegte, bleibt der stationäre Buchhandel zentral: Mit einem Umsatz von 4,08 Milliarden Euro hält er 41,3 Prozent Marktanteil. Bemerkenswert dabei: Rund die Hälfte der Online-Umsätze erfolgt über Shops stationärer Buchhandlungen – ein Indiz für die zunehmende Verzahnung von lokaler Präsenz und digitalem Service.

Die Zahl der Neuerscheinungen ist mit 58.346 Titeln leicht rückläufig. Die Verlage agieren selektiver, strategischer – und setzen vermehrt auf bewährte Inhalte. Übersetzungen halten sich stabil bei rund 15 Prozent aller Neuerscheinungen. International wächst die Nachfrage nach deutschen Buchrechten wieder: 6.669 Lizenzen wurden 2024 ins Ausland verkauft, vor allem nach China, Italien und Tschechien.

Die wichtigsten Zahlen 2024

  • Gesamtumsatz Branche: 9,88 Mrd. € (+1,8 %)
  • Belletristik: +4,3 % (36,6 % Marktanteil)

  • Audio-Markt: +7,3 % (seit 2019: +49,6 %)

  • Online-Buchhandel: 2,51 Mrd. € (+4,4 %)

  • E-Book-Anteil: konstant bei 6,1 %

  • Backlist-Anteil: 57 %

  • Käufer*innen 16–19 J.: +9,6 %, 20–29 J.: +7,7 %

  • Neuerscheinungen: 58.346 Titel (–3,1 %)

(Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels)

Fazit

Der deutsche Buchmarkt behauptet sich – leise, aber wirkungsvoll. Inmitten ökonomischer Unwägbarkeiten, technologischer Umbrüche und bildungspolitischer Versäumnisse zeigen Buchkäufer*innen – besonders die Jüngeren – ein unerwartetes Maß an Stabilität und Interesse. Ob dieses Momentum reicht, um die Branche langfristig resilient zu halten, hängt nicht zuletzt von politischer Unterstützung, regulatorischer Klarheit und einer wirkungsvollen Leseförderstrategie ab.

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